Das nächtliche Tempolimit auf zwei Straßen im Bezirk lässt auf sich warten. Behörde prüft noch mal

Harburg. Es ist eine Frage, wie man es rechnet: Sieht man das Nomen-Kompositum „Lärmaktionsplan“ als Summe seiner Teile Lärm, Aktion und Plan würde es im Ergebnis nichts ändern, wenn die Größen Lärm und Plan größer und die Größe Aktion dafür kleiber ausfallen würde. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung. Sieht man die Formel allerdings so, dass der Plan das Produkt von Lärm und Aktion ist, bedeutet das im Dreisatz, dass Aktion Lärm geteilt durch Plan ist. Sprich: Je mehr Plan, desto weniger Aktion.

Im Spätsommer hieß es noch, dass im Zuge des Hamburger Lärmaktionsplanes zwei Pilotprojekte in Harburg stattfinden sollten: Sowohl auf der Moorstraße als auch auf dem nördlichen Drittel der Winsener Straße wollte man die zulässige Höchstgeschwindigkeit nachts zwischen 22 und 6 Uhr auf 30 km/h drosseln. Im November sollte die Regelung in Kraft treten, davon ging auch der Bürgerschaftsabgeordnete Frank Wiesner (SPD) aus: „Auf mündliche Nachfrage wurde mir versichert, dass es noch eine Begehung der Örtlichkeiten gibt, bei der es eigentlich nur darum geht, wo die Schilder hinkommen“, sagt er. Wiesner ist Mitglied im Stadtplanungsausschuss der Bürgerschaft.

Zuständig für die Umsetzung des Planes ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Dort will man von so viel Eile allerdings nichts wissen: „Die Pilotprojekte befinden sich derzeit noch in der Prüfung, in die verschiedene Behörden eingebunden sind“, sagt Pressesprecherin Helma Krstanoski.

Für die Prüfung sei es zunächst notwendig gewesen, Erhebungen zu Verkehrsstärken, Geschwindigkeit und Lärm durchzuführen. „Diese Erhebungen sind abgeschlossen und ausgewertet“, sagt Krstanoski. „Im nächsten Schritt erfolgt die Berechnung der Lärmbelastung, um einzuschätzen, was getan werden muss und welche Maßnahmen geeignet sind. Mit einer endgültigen Einschätzung, ob die Geschwindigkeit nachts herabgesetzt werden kann, ist demnächst zu rechnen.“

Das dürfte einige Beteiligte überraschen, denn ganz ohne Datenerhebung wurde der Lärmaktionsplan seinerzeit nicht aufgestellt: Mit mehreren Stufen von Bürgerbefragung, Messungen und moderierten Runden wurde ab 2007 die Lärmbelastung in ganz Hamburg erfasst und Gegenvorschläge erarbeitet. Eine große Liste möglicher lärmmindernder Maßnahmen wurde 2009 präsentiert und danach auf ihre Machbarkeit hin ausgewertet. Im Sommer 2013 wurde dann der Lärmaktionsplan vorgestellt: In ganz Hamburg blieben vier Pilotprojekte übrig, davon immerhin zwei in Harburg.

Schon damals kritisierten die Grünen und mit ihnen zusammenarbeitende Anwohnerinitiativen den Lärmaktionsplan als unzureichend. Eine neuerliche Verzögerung wäre wohl Wasser auf ihre Mühlen.

Die Wirtschaftsbehörde argumentiert, sie wolle Rechtssicherheit, ob sie ein nächtliches Tempolimit überhaupt anordnen dürfe. Dafür bräuchte man detailliertere Daten, als die, die bereits erhoben wurden.

Vielleicht muss man die Formel nur erneut umdrehen: Ist die Aktion das Produkt von Lärm und Plan, geht es demnächst in Harburg richtig rund.