Die Harburger Schützengilde lädt am Sonnabend ins Hotel Lindtner ein. Majestät Hans Heinrich Böttcher freut sich auf seine Gäste

Harburg. Damit gar nicht erst Missverständnisse aufkommen: Hans Heinrich Böttcher kann seine Fliege auch ohne Hilfe seiner Frau umbinden. Und das schwarze Kleid, das Christel für das Abendblatt-Foto angezogen hat, wird sie am kommenden Sonnabend natürlich nicht tragen. Das Geheimnis um die Winterball-Robe der First-Lady der Harburger Schützengilde wird traditionell erst beim feierlichen Einmarsch des Königspaars in Lindtners großen Saal gelüftet. Nur so viel sei verraten: Christel wird anstatt der historischen Krone die moderne Königinnen-Kette tragen.

Das nagelneue Ballkleid hängt in ihrem Schrank – neben einem weiteren Dutzend textiler Schönheiten. „Was Abendgarderobe betrifft, bin ich gut ausgestattet“, lacht Christel. Kein Wunder: Die Böttchers tanzen für ihr Leben gern. Vor allem aber sind sie erprobt im Repräsentieren der ehrwürdigen Gilde. Hans Heinrich regiert bereits zu zweiten Mal die Traditionsvereinigung von 1528.

Zehn Jahre nach seinem ersten Triumph beim Vogelschießen auf dem Schwarzenberg „erlegte“ er am 18. Juni abermals den Gilde-Vogel. Der Ball, der jetzt zu seinen Ehren stattfindet, markiert nicht nur den Höhepunkt, sondern auch exakt die Hälfte seiner Amtszeit. „Ich habe nachgerechnet: Um Mitternacht ist Bergfest“, sagt der 68-Jährige.“ Das gilt auch für die Feierlichkeiten mit Tanz. Vier Schützenbälle haben die Böttchers bereits besucht, bei fünf weiteren befreundeten Vereinen werden sie bis zur Abdankung im Sommer als Ehrengäste dabei sein.

Freilich: Keine dieser Veranstaltungen kann sich mit dem Winterball messen. Einem, wenn nicht dem gesellschaftlichen Highlight südlich der Elbe. Prominenz aus Wirtschaft und Politik, Banker, Geschäftsleute, Handwerker und Angestellte – „Tout Harbourg“ wird in Gala versammelt sein. Und aller Augen werden beim Eröffnungstanz auf Hans Heinrich und Christel ruhen, wenn sie sich allein auf dem Parkett drehen.

Anders als manch anderem Regenten-Paar beschert ihnen der Gedanke daran keine weichen Knie „Am Ehrentisch beginnend werden wir am Spalier der Gäste entlang einmal rund um den Saal tanzen. Den Wiener Walzer beherrschen wir gut“, erklärt der Tischler.

So routiniert wie die Füße sind auch die Hände des Meisters. Alljährlich fertigt er die Holzvögel für das Vogelschießen. Als er das erste Mal regierte, hieß der Winterball noch Königsball und orientierte sich stark an der Person des Regenten. Für den „Vogelbauer“ hatten die Kameraden das „Lindtner“ einst mit einer Vielzahl von Vogelbauern dekoriert. Große Volieren schmückten das Foyer, kleine Holzkäfige standen auf jedem der Tische.

Für den Winterball werden die Gildeschützen das Hotel in einen mit Weihnachtskugeln geschmückten Wald verwandeln. Normalerweise übernimmt Hans Heinrich Böttcher das Zusägen der Stamm-Enden aller 100 Fichten. Er freut sich, wenn die Bäume kerzengerade stehen. Als Majestät darf er aber nicht mitmachen. Der königliche Vollblut-Handwerker muss bei den Ballvorbereitungen zu Hause bleiben. „Ich werde auf jeden Fall wieder beim Torwandschießen und beim Lasergewehrschießen dabei sein“, tröstet sich der 68-Jährige. In seiner Jugend war er ein guter Fußballer und als Sportschütze hat er vor Jahren mit der Mannschaft sogar den dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften geholt. Um den Roulette-Tisch dagegen, das dritte Glied im Winterball-Triathlon, wird Hans Heinrich Böttcher einen Bogen machen. Spielen will er nur mit seinen fünf Enkeln.

Dabei ist Fortuna ihm durchaus gewogen. Bei Gilde-Wettbewerben hat er schon ein Wochenende im Seehotel „Töpferhaus“ am Bistensee und ein Wochenende im Mercedes SLK gewonnen. Jedes ist für den „Vereinsmeier“, der auch zu den Schützen von Heimfeld, Vahrendorf und Moorburg zählt, ein Gewinn. Doch die Winterball-Atmosphäre liebt er besonders. Diese einmalige Mischung von flotter Showband-Musik im Festsaal und fetzigem Discosound im kleinen Saal. Das Schlendern durch den kleinen Weihnachtsmarkt, das Klönen an der Bar und das Spiegeleieressen um 4 Uhr früh.

Mit der rauschenden Ballnacht zu seinen Ehren habe er das große Los gezogen, findet Böttcher. „Ich freue mich sehr auf das Kennenlernen neuer Leute und das Wiedersehen mit Freunden und Bekannten. Manche, wie mein 86-jähriger Schießklubkamerad Eduard Strehl und dessen Ehefrau Waltraud, kommen allein meinetwegen. Darauf bin ich richtig stolz.“

Für den Winterball am 14. Dezember im Heimfelder Privat-Hotel Lindtner, Heimfelder Straße 123, gibt es an der Abendkasse noch Flanierkarten ohne Sitzplatzanspruch zum Preis von 19 Euro. Beginn ist um 20 Uhr.