Ein Profi soll bis zu 30 Tiere aus dem Buchholzer Steinbachtal vertreiben. Termin erst im kommenden Jahr

Buchholz . Für die 25 bis 30 Wildschweine im Seppenser Steinbachtal wird es jetzt ernst. Die Stadt Buchholz will das tierische Problem mit Hilfe einer Jagd, und zwar einer sogenannten Ansitzjagd, lösen (das Abendblatt berichtete). Dabei werden die Wildschweine nicht wie bei einer Treibjagd von mehreren Jägern in ein bestimmtes Gebiet gelenkt, um sie dort zu erlegen, sondern von einem klassischen Jäger- Hochsitz aus geschossen. „Die Ansitzjagd ist im Steinbachtal die einzige Möglichkeit, weil die Wohnbebauung zu nah ist“, erklärt Sarah Herrmann, Leiterin des Fachdienstes Ordnung und Gewerbe der Stadt Buchholz.

Aus Sicht der Anwohner wäre die jetzt gefundene Lösung das sehnlichst erwartete Ende eines mehr als ein Jahr währenden Problems. Immer wieder hatten sie sich bei der Stadt gemeldet und über Wildschweine geklagt, die Gärten durchwühlen. War im Frühjahr noch von einem guten Dutzend Tieren die Rede, hat sich die Zahl mittlerweile verdoppelt – ein Beleg für die guten Lebensbedingungen rund um den Steinbach. Das ruhige Tal mit dem Wasser, dem Schilf und der Erde voller Würmer und Engerlinge zieht die Wildschweine magisch an.

Aber auf was müssen sich die Anwohner bei einer Ansitzjagd einstellen? Müssen sie sich etwa in ihren Häusern verschanzen oder sie gar verlassen? Sarah Herrmann hält den Ball flach. Betroffen sei das Gebiet des Steinbachtals südlich des Sportplatzes von Buchholz 08 und nördlich der Einmündung zum Habichtweg. „Im Grunde sollte sich dort jeder so verhalten wie in einem normalen Wald auch, in dem gejagt werden darf.“ Heißt: Sie müssen mit Schüssen rechnen, aber da der Jäger besonders wachsam sein wird, besteht eigentlich keine Gefahr. „Dass der Jäger versehentlich auf Hunde oder Menschen schießt, wird es nicht geben“, sagt sie. Der Jäger darf die Waffe nur anlegen, wenn er das Wildschwein genau identifiziert hat.

In Seppensen wird ein Berufsjäger eingesetzt, der von einem Kollegen unterstützt wird. Der Mann stammt aus dem Landkreis Harburg, aber nicht aus Buchholz. Einen Namen will die Stadt nicht nennen. „Darauf haben wir uns gemeinsam mit dem Jäger verständigt“, sagt die Verwaltungsfrau. Ihn unterscheidet die dreijährige Ausbildung und größere Erfahrung von klassischen Jägern, die lediglich einen Jagdschein machen müssen. Den Kontakt zum Profi hat der Landesjagdverband für die Stadt hergestellt.

Obwohl ein Termin für die Jagd noch nicht feststeht, habe der Jäger bereits mit den Vorbereitungen begonnen, berichtet Sarah Herrmann. Der Hochsitz werde gebaut, und das Ankirren beginne. Damit ist das Anlocken der Tiere mit Hilfe von Mais gemeint, denn nur so kann der Jäger feststellen, um wie viele Wildschweine es sich tatsächlich handelt und wo sie sich verstecken. „Er muss überprüfen, ob sie tagsüber kommen oder erst in der Dämmerung“, sagt sie. Grundsätzlich ist die Jagd rund um die Uhr möglich, aber meistens sind die Tiere nachts aktiv. „Eine Vollmondnacht mit Schnee wäre ideal, um die Tiere gut erkennen zu können.“

Zeitlichen Druck gibt es zumindest nicht: Die Wildschweine unterliegen zwar dem Jagdrecht, aber für sie gelten keine Schonzeiten. So wird es vermutlich Anfang des kommenden Jahres zur Jagd kommen. Ob ein Termin reicht oder mehrere nötig sind, steht noch nicht fest. Die Stadt muss abwarten, ob die Wildschweine – größtenteils handelt es sich dabei um etwa einjährige Wildschweine – das Steinbachtal verlassen oder vorsichtiger werden, wenn sie merken, dass einige ihrer Kameraden nicht mehr am Leben sind. Bisher halten sich die Tiere vor allem deshalb zwischen Sportplatz und Habichtweg- Einmündung auf, weil diese Fläche anders als das Gebiet weiter südlich befriedet ist und dort nicht geschossen werden darf.

Dementsprechend benötigt die Stadt Buchholz für die Ansitzjagd eine Ausnahmeschießgenehmigung nach dem Waffengesetz. Diese Ausnahmegenehmigung setzt voraus, dass es einen triftigen Grund gibt, also dass eine Gefahr besteht. „Was wiederum eine Gefahr ist, steht im niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, kurz SOG“, erklärt Henning Bruhn, Sachbearbeiter Gefahrenabwehr, und zitiert den entsprechenden Paragrafen: „Eine konkrete Gefahr ist eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für Sicherheit oder Ordnung eintreten wird.“

Damit ist beispielsweise die Unfallgefahr gemeint, da links und rechts des Steinbachtals Hauptverkehrsstraßen liegen, oder eine mögliche Schweinepest, wenn sich die Tiere weiter vermehren. Außerdem könnte eine Gefahr durch führende Bachen mit Frischlingen drohen, wenn sie ihren Nachwuchs bei möglicher Bedrohung verteidigen, sowie Schäden am Eigentum, wenn die Tiere die Gärten durchwühlen.

Die Entscheidung zur Ansitzjagd sei einvernehmlich zwischen Stadt, Landkreis, Jägerschaft und Polizei gefallen, sagt Sarah Herrmann. Hilfestellung gab es außerdem von Jägern aus Berlin und Potsdam, die mit ähnlichen Problemen in der Nähe von Wohngebieten zu kämpfen haben. Um eines bittet die Verwaltungsfrau die Öffentlichkeit schon jetzt: Wildschweine dürfen auf keinen Fall gefüttert werden. „Anwohner berichten uns immer wieder von Spaziergängern, die ihre Grünabfälle ins Steinbachtal bringen.“ Das jedoch sei kontraproduktiv zur Jagd, denn so würden die Tiere nur wieder angelockt werden.