Mit Petek Akgün leitet eine waschechte Harburgerin das CinemaxX. Sie arbeitete in Los Angeles, London und Paris

Harburg . Bei Petek Akgün geht manches im Leben unheimlich schnell: Eine einzige Bewerbung hat sie geschrieben. Ein Gespräch am Telefon, in Englisch, geführt. Und wenig später stand die damals 23 Jahre alte Harburgerin in Downtown Los Angeles. In einer Kombination aus Arbeiten und Studieren war die gelernte Hotelfachfrau in dem Luxushotel „Westin Bonaventure“ beschäftigt. „Damals dachte jeder, ich würde Schauspielerin werden wollen“, sagt Petek Akgün. Natürlich hat jeder sofort das Klischee von der Stadt der Stars im Kopf. Aber in Los Angeles kann man auch Hotelmanagement lernen.

Manchmal befördern auch Ereignisse ohne eigenes Zutun die Karriere: Weil die Theaterleiterin am CinemaxX Harburg in die Babypause gegangen ist, führt die Stellvertreterin Petek Akgün zurzeit das Lichtspielhaus. Die heute 31-Jährige ist verantwortlich für 45 Mitarbeiter. Harburgs Interims-Kinochefin ist eine waschechte Harburgerin. Den Grundstein für eine internationale Karriere in Weltmetropolen legte sie in der Eißendorfer Straße an der damaligen Gesamtschule Harburg, die heute Goethe-Schule Harburg heißt.

Aus dem Management eines Fünf-Sterne-Hotels in das Management eines Kinounternehmens – wie passt das zusammen? Petek Akgün sieht ein enges Verwandtschaftsverhältnis der beiden Branchen: „Auch wir im Kino bewirten Gäste, wenn auch nur für zwei Stunden“, sagt sie. Am Kino fasziniere sie, dass das Publikum gut gelaunt hineinkomme. Die Energie, die sie spürt, wenn junge Menschen aufgeregt sind und etwas erleben wollen.

Die Energie, etwas erleben zu wollen, kennt Petek Akgün von sich selbst. Nach dem Abschluss an der Höheren Handelsschule begann die Harburgerin eine Ausbildung zur Hotelfachfrau am Ramada Hotel in Bergedorf. In der Tourismusbranche sah sie die Chance, die Welt zu entdecken. In dem Vier-Sterne-Haus organisierte sie Events, wie es im Branchenjargon heißt, also Großveranstaltungen wie Hochzeiten oder ein Weltmeisterschaftsturnier im Dartsport, mit dem die Ramada-Hotelkette auf sich aufmerksam macht. Mit 23 ergriff sie die Chance, in Los Angeles zu arbeiten. In der weiteren Karriere folgten Luxushotels in London und Paris.

Die Welt entdecken wollte die junge Frau. Aber als globalisierter Manager ohne Heimat hat sich die Deutsche, deren Eltern aus der Türkei stammen, nie gesehen. „Ich wollte nie für immer auswandern“, sagt Petek Akgün. Als Frau von Welt kehrte die Harburgerin zurück nach Hamburg und hat sich dort den Stadtteil Eimsbüttel als neue Wahlheimat ausgesucht. Ein Jahr lang arbeitete sie noch in einem Hotel. Dann sah sie die Zeit gekommen, etwas Neues zu beginnen. „Nur im Büro, dass wollte ich nicht“. Auf der Suche nach neuen Möglichkeiten sei sie irgendwann auf das Kinounternehmen CinemaxX gestoßen. Als Theaterleiter-Assistentin stieg die Hotelmanagerin ein.

Das Szenario, nur ans Büro gefesselt zu sein, erlebt eine Kinochefin jedenfalls nicht. Die Hälfte ihrer 39-Stunden-Woche sei zwar Büroarbeit. Die andere Hälfte der Arbeitszeit verbringt Petek Akgün in den Sälen und Fluren des Lichtspielhauses. Wenn nötig, reißt die Theaterleiterin – so heißen Kinomanager firmenintern immer noch – die Eintrittskarten ab. Auch Popcorn zu zaubern, traut sie sich zu. Ihre Philosophie hat sie aus der Hotelbranche verinnerlicht: Immer engen Kontakt zum Publikum halten, um auch emotional nahe am Gast zu sein. Dass die Chefin selbst mit anpackt, kommt auch bei den Mitarbeitern gut an.

Die größte Herausforderung als Theaterleiterin sei bisher gewesen, die Einstellungswelle für das Weihnachtsgeschäft zu bewältigen und die neuen Mitarbeiter zu schulen. Denn im Dezember erwirtschaftet das Kino 30 bis 40 Prozent mehr Umsatz als in einem der übrigen Monate.

An ihren ersten Kinofilm überhaupt in ihrem Leben kann sich Petek Akgün noch erinnern: Den Tierspielfilm „Der Bär“ (1988) hat sie damals in dem heute nicht mehr existierenden Harburger Gloria-Kino gesehen. „Ich mag Filme, die mich berühren“, sagt sie. Ihr Lieblingsfilm ist „Django Unchained“, das blutige Rache-Wildwest-Epos von Quentin Tarantino. Normalerweise möge sie gar keine Gemetzel-Filme, sagt Petek Akgün, aber Django sei einfach eine schöne Geschichte.

Zu einem privaten Filmabend wählt Harburgs Kinochefin übrigens nicht den eigenen Arbeitsplatz aus, sondern besucht meist eines der anderen CinemaxX-Kinos in Hamburg. So könne sie besser abschalten und Freizeit von Arbeit trennen. Den Arbeitsweg mit dem Auto in den Stadtteil, in dem sie aufgewachsen ist, liebt Petek Akgün aber: „Es ist immer wieder ein wunderschönes, warmes Gefühl, nach Harburg zu kommen.“ Auch wenn die Theaterleiterin kein Privileg genießt und wie alle anderen Kinobesucher einen Parkplatz suchen muss.