Bislang tragen nur sehr wenige Straßen im Stadtbezirk die Namen prominenter Harburgerinnen

Harburg. Große Preisfrage: Nennen Sie eine Straße im Stadtbezirk, die nach einer Frau benannt ist. Schwierig? Das stimmt! Zumindest dann, wenn auf dem betreffenden Schild Vor- und Zuname verzeichnet sein sollen, wie das bei vielen Herren der Schöpfung oft Usus ist. Die Suche nach solchen Straßennamen ist in Harburg besonders schwierig. Da tut es gut zu wissen, dass die hiesige SPD-Fraktion diese Kalamität erkannt hat: Anfang November dieses Jahres beantragte sie, eine Straße oder einen Weg im Bebauungsgebiet Elfenwiese nach Elisabeth Ostermeier zu benennen. Ein Vorschlag, dem die Bezirksversammlung mit großer Mehrheit zustimmte.

Rund 2300 der mehr als 8000 Hamburger Straßen sind nach Männern benannt, aber nur 332 nach Frauen, also gerade zwölf Prozent aller nach Personen benannten Straßen. Diese ohnehin äußerst dürftige Zahl relativiert sich noch zusätzlich dadurch, dass in diesen zwölf Prozent auch 70 Straßen erfasst sind, deren Namen auf weibliche Fabelwesen, Märchenfiguren oder literarische Gestalten wie Hexen und Nixen zurück gehen. Sowie etliche Fälle, in denen Frauen lediglich „mit-benannt“ sind, wenn Straßen nur den Familien oder Ehenamen tragen.

„Der geringe Anteil der geehrten Frauen macht deutlich, dass viele Berufe und gesellschaftspolitische Aktivitäten, denen Frauen nachgegangen sind, und berufliche und ehrenamtliche Positionen, die sie errungen haben, als weniger erwähnenswert und nicht zu ehren erachtet wurden“, schrieb Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung im Vorwort des 169 Seiten umfassenden Kompendiums „Wer steckt dahinter? Nach Frauen benannte Straßen, Plätze und Brücken in Hamburg“, das im August 2011 in einer sechsten aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist.

Wirklich abzubauen sei diese große Diskrepanz zwischen den nach Männern und Frauen benannten Straßen nicht, ließ Rita Bake noch wissen. Schließlich sei die Möglichkeit, in einem Stadtstaat wie Hamburg neue Straßen zu bauen, logischerweise begrenzt. Dennoch gab es zwischen Juni 2005 und Februar 2009 ermutigende Anzeichen eines nachhaltigen Umdenkens: In diesem Zeitraum wurden immerhin 14 Straßen der Freien und Hansestadt nach Frauen benannt, fast so viele wie nach Männern (16).

Anfang November 2009 war es auch, als die Harburger SPD-Fraktion erstmals vorschlug, eine Straße im Bebauungsgebiet Elfenwiese nach der im Dezember 2012 verstorbenen Sozialdemokratin Elisabeth Ostermeier zu benennen. „Während der Nazidiktatur hat sie jüdische Freunde unterstützt und beherbergt. In den 80er- und 90er-Jahren engagierte sie sich zudem in besonderem Maße für behinderte Menschen, vor allem in den Elbe-Werkstätten“, so SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath. Der Antrag lag jedoch lange auf Eis, weil nach Bürgerprotesten ungewiss war, ob das Neubaugebiet überhaupt in geplantem Umfange realisiert werden kann.

In einem anderen Fall kam es zwar zur Benennung, aber nicht an Ort und Stelle. Diesmal war es die CDU-Fraktion, die im Neubaugebiet In der Schlucht in Eißendorf an die Künstlerin Hanne Darboven erinnern wollte. Doch kurioserweise gab es auch hier Probleme mit der Bebauung: Nach bedenklichen Müllfunden auf dem 15.000 Quadratmeter großen Areal, mussten 45.000 Kubikmeter belasteter Boden ausgekoffert werden. So fand die Namensgebung im Rathaus statt, wo das Straßenschild für den Hanne-Darboven-Ring noch heute liegt. Zwar soll die Fläche inzwischen an einen Investor übergeben worden sein, die Bebauung beginnt aber frühstens im Frühjahr 2014.

So lautet die richtige Antwort auf unsere eingangs gestellte Frage: der Elisabeth-Lange-Weg in Langenbek. Sie lebte lange in der Hoppestedtstraße 76. Gemeinsam mit ihrer jüdischen Freundin Dr. Katharina Leipelt beteiligte sich die Katholikin und Hausfrau am aktiven Widerstand gegen das Naziregime. Im Dezember 1943 wurde sie wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung“ verhaftet und starb am 28. Januar 1944 im Gefängnis Fuhlsbüttel. Guttmannring, Blättnerring und Leiserweg erinnern überdies an drei in der NS-Zeit ermordete jüdische Frauen.

An die Frauenrechtlerin Bertha Traun erinnert zudem der Traunweg in Neuland. Die Amalienstraße im Stadtteil Harburg soll derweil auf die Frau des Kaufmanns Ludwig Weusthoff zurückgehen, dem ebenfalls eine Straße gewidmet ist. Und die Marienstraße hat ihren Namen vom Krankenhaus Marienstift, das dort Mitte des 19. Jahrhunderts existierte.