Der Harburger Holger „Hobo“ Daub und der Däne Tim Lothar sind ein gutes Team. Im Januar reisen sie zum Blues-Wettbewerb ins Mississippidelta

Harburg . Memphis, Tennessee: fällt der Name der Stadt in den Südstaaten der USA, dann denkt man gleich an Elvis und sein Anwesen Graceland, zu dem Tausende von Fans jedes Jahr pilgern. Was Musik angeht, atmet die Stadt aber auch mit jeder Pore nicht nur den Rock ’n’ Roll, sondern Schwermut, Leidenschaft, Liebe und große Gefühle.

Memphis atmet den Soul und vor allem den Blues. Was mit den Songs der Sklaven auf den Baumwollfeldern begann, hat sich im Lauf der Zeit weiterentwickelt, umgeformt und immer wieder erneuert. In den vielen Live-Klubs der Stadt tropft der Blues heiß und zähflüssig von den Wänden und vermischt sich mit der subtropischen Luftfeuchtigkeit zu einer sanften Schwermütigkeit. Blues-Ikone BB King besitzt in der Beale Street, der Vergnügungsmeile der Stadt, einen eigenen Klub, Stars wie John Lee Hooker, Jerry Lee Lewis und auch die Bluesrocker von ZZ Top haben in Memphis gelebt und gearbeitet.

Der Harburger Holger „Hobo“ Daub träumt schon von Memphis, Tennessee. Denn seit 30 Jahren findet dort im Januar ein großer Wettbewerb statt, in dem sich Blueser aus aller Welt miteinander messen. Und diesmal wird er dabei sein. Dazu gekommen ist er eher unverschuldet. Der Musiker und Eventmanager aus Heimfeld ist viel unterwegs, spielt immer wieder mit den unterschiedlichsten Künstlern zusammen und jamt auf eher kleinen Bühnen in Deutschland.

Im vergangenen Jahr lernte er über einen befreundeten Musiker den Blueser Tim Lothar aus Frederikshavn in Dänemark kennen. 25 Jahre lang saß der hinter dem Schlagzeug bis er sich für Gesang und Gitarre entschied und umsattelte. Der Däne ist in seinem Heimatland einer der ganz Großen in der Szene. Er gewann mehrere Preise und Auszeichnungen und repräsentierte sein Land beim Baltic Blues Contest.

Über diesen Veranstalter flatterte bei ihm dann die Einladung zum großen Wettbewerb in Memphis ins Haus. Zu der Zeit war er mit Holger Daub auf Tour, da ergab es sich fast von selbst, ihn einzuladen, mit zu kommen, „ich bin gut im Improvisieren und kann mich sehr gut auf Kollegen und Musik einstellen“, versucht Holger Daub eine Erklärung.

Die Stadt und die Region in den amerikanischen US-Staaten kennt der 42-Jährige von einer früheren Reise. Vor sieben Jahren tingelte er mit einem kleinen Truck für das Deutsche Harmonikamuseum aus Trossingen bei Stuttgart durch Amerika. Denver, Portland, Superior an den Großen Seen und Chicago waren die Stationen. Daub baute die Ausstellung auf, absolvierte jeweils eine Vernissage - und hatte dann zwei Wochen freie Zeit, während die Ausstellung lief. Die er nutzte, um möglichst oft in Musikklubs spontan bei Jam-Sessions mitzumachen. „Blues, Funk, Soul - das groovt live einfach wie Bolle“, sagt er mit glänzenden Augen.

Natürlich war er auch in Memphis, er freut sich schon auf die Beale Street mit ihren vielen Spielorten. „Von der Disco bis zur dunklen Kaschemme, überall wird bei dem Wettbewerb Blues gespielt.“ Wo das deutsch-dänische Duo auf- und gegen wen es antreten wird, entscheidet das Los. Jeweils fünf Bands spielen und stellen sich dem Urteil einer Jury. Nur eine kommt in die nächste Runde. „Das ist wie beim Fußball: wenn wir Pech haben, spielen wir gleich mit ganz Großen zusammen, dann fliegen wir wahrscheinlich schnell raus“, sagt Holger Daub realistisch.

Der Wettbewerb ist hart, die Konkurrenz groß. Rund 125 Bands und 80 Solo/Duo-Künstler gehen an den Start, wenn Daub und Lothar das Halbfinale erreichen, sind sie schon zufrieden, „schließlich ist der Blues in Amerika erfunden worden.“

Wobei, träumen ist durchaus erlaubt, so wie 2011, da wurde das Unglaubliche wahr. Denn damals standen zwei echte Nordlichter aus Kiel auf dem Siegertreppchen in der Kategorie Solo/ Duo: Georg Schröter und Marc Breitfelder überzeugten die Jury mit ihrem authentisch, rockigen Blues und hängten damit die Konkurrenz aus den Staaten ab. Ob dies allerdings Daub und Lothar wiederholen können, darauf darf man gespannt sein. Die Nordlichter aus Europa wollen im sonnig heißen Memphis mit „Blues and Roots“ punkten, Musik aus dem Mississippi Delta in der Tradition von Charlie Patten und Robert Johnson. Sie spielen den Blues klassisch, im Stil der 30er Jahre, „ohne Effekte, ohne Netz und doppelten Boden“.

Als zweite deutsche Bluesband mit dabei sind übrigens Musiker aus Ostdeutschland: auch das Mike-Seeber- Trio aus Halberstadt fährt guter Hoffnung nach Memphis.