Wie sich der SPD-Politiker Thomas Grambow im kommenden Jahr bei der Wahl gegen den Ersten Kreisrat Rainer Rempe durchsetzen will. Hausbesuche sollen am 13. Januar beginnen.

Ein Mann sucht seine Chance. Am 25. Mai will Thomas Grambow das Kreishaus in Winsen erobern und dort nach der Wahl als neuer Landrat einziehen: Als SPD-Politiker in einem bürgerlichen Landkreis, den bisher Joachim Bordt geführt hat. Doch Bordt hat nicht versäumt, einen Nachfolger zu empfehlen. Der Landrat hält seinen derzeitigen Stellvertreter, den Ersten Kreisrat Rainer Rempe, für geeignet. Grambow dagegen ist bisher nur als ehrenamtlicher Bürgermeister und SPD-Fraktionschef in Neu Wulmstorf bekannt. Es wird ein schwerer Kampf, weiß Grambow. „Ich bin der Außenseiter.“

Jetzt steht der Außenseiter an der Tür seines Endreihenhauses in Neu Wulmstorf. Gerade ist er aus Hamburg zurückgekommen, wo er als Controller für die Krankenversicherung Knappschaft Bochum arbeitet und dabei einen Etat von 320 Millionen Euro überwacht. Noch läuft seine Vorstellungstour durch die SPD-Ortsvereine im Kreis. Seine Strategie jedoch hat der 50-Jährige bereits festgelegt. „Nach meiner Bestätigung durch die Partei am 11. Januar in Trelde werden am Sonntag meine Wahlplakate aufgestellt und einen Tag später werde ich bei den ersten Wählern vor der Tür stehen“, sagt er. Nach Ostern will er die heiße Phase im Wahlkampf einläuten. Dafür hat er sich einen Monat frei genommen.

Grambows Slogan vom „Bürger Landrat“ fasst dabei sein entscheidendes Thema zusammen: Bürgernähe. „Wieso sollen die 206.000 Wahlberechtigten ihr Kreuz bei jemandem machen, von dem sie nicht wissen, was er tut. Diesen Eindruck habe ich derzeit vom Landrat. Ich will so arbeiten wie ein Bürgermeister, ansprechbar, anfassbar, menschlich“, sagt er. Nur so lasse sich auf Kreisebene und bei den Gemeinden etwas bewegen. Und nur so habe er eine Chance.

Auch beim Ausbau der Windenergie ist Bürgernähe kein schlechtes Argument

Bei Sachthemen dagegen wie den immer zahlreicheren Flüchtlingen, die in den Kreis kommen oder auch beim Straßen- oder Bahnverkehr glaubt er den eingearbeiteten Verwaltungsfachmann Rempe im Vorteil. Da könne ein Privatmann, der nur auf seine ehrenamtlich tätigen Parteifreunde setzen könne, kaum mithalten. Dennoch: Auch beim Ausbau der Windenergie sei Bürgernähe kein schlechtes Argument, findet der 50-jährige gebürtige Hamburger. „Wenn schon neue Standorte für Windkraftanlagen ausgeschrieben werden sollen, sollten Investoren gewählt werden, die den Anliegern Beteiligungen anbieten. So würden die immerhin von der Anlagen finanziell profitieren.“ Kontakt sucht der SPD-Kandidat, der sich ehrenamtlich neben seiner Partei auch für das DRK und als Berater für die Sozialverbände engagiert, auch zu den bei der Wahl noch nicht festgelegten Parteien. Den Wählergemeinschaften, den Grünen, Linken und Piraten hat er angeboten, sich bei ihnen vorzustellen. Grambow hofft auf ihre Unterstützung. Gemeldet haben sich bisher die Piraten. Nun soll ein Termin abgestimmt werden. Das stimmt ihn zufrieden.

Grambow ist ein zielstrebiger Mann. Nach seine Ausbildung zum Maschinenschlosser auf der damaligen HDW-Werft in Hamburg entschied er sich für eine Laufbahn als Offizier beim Heer. Bei der Bundeswehr bestand er das Fachabitur, war bei der Wiedervereinigung Oberleutnant in der Instandsetzung. Er stand vor der Beförderung zum Hauptmann, als er sich zusammen mit seiner ersten Frau gegen ein Versetzung nach Torgelow nahe der polnischen Grenze entschied. Nach zwölf Jahren war 1994 Schluss mit dem Beruf Bundeswehr, auch wenn Grambow seinem bisherigen Arbeitgeber treu geblieben ist und bis 2006 Wehrübungen absolvierte. Die Uniform des heutigen Oberstleutnants hängt noch zu Hause im Schrank. Als Kommandeur für ein Bataillon ausgebildet, würde er 800 Soldaten befehligen. Das sind mehr als heute in der Kreisverwaltung Angestellte tätig sind.

Nach Ablauf der Dienstzeit beim Heer fiel dem damaligen Oberleutnant der Einstieg bei der Hamburger Seeberufsgenossenschaft leicht: Zum einen, weil er auf einer Werft gelernt hatte, zum anderen, weil die Berufsgenossenschaft damals ebenfalls von vielen ehemaligen Offizieren geführt wurde. Nach drei Jahren Studium wurde er Verwaltungs-Inspektor, vertrat die Rentenversicherung der Seekasse vor dem Sozialgericht später vor dem Landessozialgericht, bis ihn sein Chef zur Seekrankenversicherung holte. Seine Aufgabe dort ist mit der Strategie für den Kreis vergleichbar: Er muss so geschickt mit Ärzten, Krankenhäusern und Patienten verhandeln, dass die Kasse mit den Beiträgen ihrer 100.000 Versicherten im Norden auskommen kann. Schulden sollen möglichst nicht gemacht werden.

Grambow ist im Job zufrieden, will nun aber doch noch einmal einen Wechsel wagen. Nach dem Einstieg in die Kommunalpolitik 2006, für die er als Sohn einer Arbeiterfamilie im selben Jahr in die SPD eingetreten war, soll sie zum Beruf werden. Er kalkulierte die Chancen, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Amtsinhaber Bordt nicht wieder kandidieren wollte. „Für mich war dann rasch klar: Mein nächster plausibler Schritt ist die Kandidatur als Landrat.“

An diesem späten Nachmittag ist jetzt Grambows zweite Ehefrau Katja nach Hause gekommen. Die beiden sind seit zwölf Jahren verheiratet. Der Floristin ist klar, dass sie künftig noch häufiger auf ihren Ehemann wird verzichten müssen. „Schon heute aber ist Thomas wegen seiner Verpflichtungen für die Gemeinde viel unterwegs“, sagt sie. Aber das ändert nichts daran, dass sie das Engagement ihres Mannes für richtig hält. „Er hat sein Ziel klar vor Augen, arbeitet lange daran, will etwas verändern, und ich weiß, dass er es schaffen kann“, sagt Katja Grambow. Dann muss sie wieder los. Auch sie hat abends ihre ehrenamtlichen Termine. Bei der vergangenen Landratswahl 2006 hatte die SPD gar keinen eigenen Kandidaten. Sie unterstützte wie die CDU den FDP-Politiker Bordt. Jetzt kann der Unterbezirksvorsitzende Klaus-Dieter Feindt, der als Wahlkampfleiter fungieren wird, mit Grambow einen Bewerber präsentieren. „Alle haben sich bei uns immer beklagt, dass wir keinen Kandidaten hatten. Aber keiner wollte antreten“, sagt Grambow. Er hat es getan. Die SPD bietet so nach acht Jahren wieder eine Alternative. So hat Thomas Grambow die erste Runde im Wahlkampf schon gewonnen.