Das Wasserlabor KSH2O der Katholischen Schule ist einer der drei Gewinner des Harburger Nachhaltigkeitspreises

Harburg. So macht man das als Nachhaltigkeitspreisträger: Tyren wirft ein Überraschungsei von der Brücke. Es landet im Seevekanal und treibt auf dem Wasser – ganz im Sinne der Wissenschaft. Seine Mitschüler aus der fünften Klasse der katholischen Schule Harburg (KSH) verfolgen den Weg des Eis bis zur nächsten Brücke. Hier wird die Zeit gestoppt: Gut zwei Minuten hat der Schoko-Hohlkörper für die 30 Meter lange Strecke gebraucht. Trotz des gemächlichen Tempos muss dann alles schnell gehen: Fünftklässler Ricardo hält einen Kescher mit langem Stiel ins Wasser und fischt das Forschungsei heraus. Jetzt wird es unter großem Gejohle verzehrt.

Alles andere wäre nicht nachhaltig. „Lecker!“ rufen Tyren und Ricardo. Als nächstes darf Mitschülerin Alina ein Ei fallen lassen. Elf Mal wiederholt sich dieses Prozedere, dann hat die Klasse genügend Daten gesammelt um einen Durchschnittswert für die Fließgeschwindigkeit des Seevekanals vor dem Phoenix-Center zu ermitteln.

Mit der Arbeit am Seevekanal hat die KSH den ersten Harburger Nachhaltigkeitspreis gewonnen – zumindest ein Drittel davon, denn die Jury konnte sich nicht ganz entscheiden und teilte den Preis zwischen der KSH, der Technischen Universität und der Handelsschule auf. Die KSH erhielt außer Ruhm und Ehre auch 500 Euro Preisgeld. Einen Teil davon hat Bio-Lehrer Dietmar Grünberg eigentlich in ein Strömungsmessgerät investiert. Allein: Die Zeit zwischen Lieferung des Geräts und dem Termin zur Strömungsmessung war zu kurz, um die Software des Hightech-Hilfsmittels mit der des Lehrer-Laptops zu harmonisieren. Nun war Improvisationstalent gefragt.

Das bewies Timm Geissler. Der Wasserbauingenieur betreute die Messaktion gemeinsam mit Jens Brehm vom Harburger Bezirksamt. Geissler, selbst Vater, hatte die Idee mit den Schoko-Eiern als Messbojen. Brehm und Geissler sind dabei, den gesamten Seevekanal zwischen Meckelfeld,und Karnapp so umzugestalten, dass er einem natürlichen Gewässer gleicht. Den Abschnitt vor dem Phoenix-Center betreut die katholische Schule mit ihrem Projekt KSH2O. In diesem Projekt treffen sich Schülerinnen und Schüler der fünften bis siebten Klassen einmal pro Woche, um sich mit den Gewässern der Region zu beschäftigen. Bei gutem Wetter geht es an die Ufer, bei schlechtem Wetter ins schuleigene Wasserlabor.

Hier können die Kleinen die Zusammensetzung des Wassers analysieren und seine Bewohner aus der Nähe betrachten: Eine ganze Wand des Wasserlabors besteht aus Aquarien, in denen Wesen leben, die man sonst in Teichen und Bächen Harburgs antrifft. „Meine Lieblingsfische sind eigentlich Haie“, sagt Tyren, „Aber die gibt es hier ja nicht. Bei uns im Laboraquarium habe ich die Rotfedern am liebsten.“

Außer den Rotfedern gibt es in den Aquarien auch Schnecken, Krebse und so manch einen Fisch, nach dem sich Angler und Köche die Finger lecken würden. Ein Karpfen lebte hier bereits und auch ein Hecht. Beide kamen als winzige Jungfische ins Aquarium, wurden aber ausgewildert, als sie zu groß für die Gefangenschaft wurden.

Die Strömungsmessung führte Grünberg nicht mit dem ganzen Projekt, sondern als Klassenlehrer mit seiner fünften Klasse durch. Die sind alle begeistert bei KSH2O dabei. Im kommenden Jahr wollen seine Schüler gemeinsam mit den Planern des Bezirksamtes kleine Inseln und große Pflanzen in den Kanal setzen. So sollen Zonen mit unterschiedlicher Fließgeschwindigkeit geschaffen werden, um die Artenvielfalt im Kanal zu erhöhen. Um den Erfolg zu messen, muss natürlich auch die Fließgeschwindigkeit vor dem Einbau der Inseln als Vergleichswert erfasst werden.

Wenn alles klappt, wie geplant, werden einerseits Ruhe- und Schattenzonen im Gewässer entstehen und andererseits Bereiche mit schnellerer Strömung. Insgeheim hoffen die Projektverantwortlichen sogar, dass der Pegelstand des Kanals dadurch so steigt, dass das Stauwehr vor den Gummiwerken entfallen kann.

Die Fabrik entnimmt dort nämlich Kühlwasser für ihre Anlagen und braucht einen gewissen Wasserstand dafür. Das Wehr stellt allerdings für Fische eine Barriere dar, die sie nur schwer überwinden können.

Wenn alles klappt. Dass nicht immer alles klappt, haben die Schüler an diesem Tag ja schon mitbekommen. Allerdings haben sie auch gelernt, dass man Rückschläge verkraften kann, solange man nur die eine oder andere Idee hat, wie man damit umgeht. Wer weiß: Vielleicht müssen Tyren und Ricardo sich bald wieder ein Ei teilen.