Kommune rechnet mit 1,1 Millionen Euro weniger aus Hannover, weil laut der neusten Zählung 1850 Menschen weniger in der Stadt wohnen als gedacht

Winsen. Mindestens einmal am Tag sieht Matthias Parchatka derzeit auf die Internetseite des Landesbetriebs für Statistik: Der Kämmerer will wissen, wie viel Geld das Land der Stadt Winsen im nächsten Jahr überweisen wird. Es wird weniger sein als in den Vorjahren – das steht fest. Wie viel weniger, weiß derzeit noch niemand.

32.494 statt 34.344: 1850 Winsener weniger zählen die Mitarbeiter im Niedersächsischen Landesbetrieb für Statistik seit der großen Bevölkerungszählung „Zensus“ im Jahr 2011. Und das heißt für die Stadtkasse: Hannover überweist weniger Geld. Denn der Finanzausgleich hängt wesentlich mit der Zahl der Einwohner zusammen.

„Ich warte täglich auf die Nachricht, wie hoch die Berechnungsgrundlage sein wird“, sagt Matthias Parchatka. Bislang schätzt der Kämmerer das Zensus-bedingte Minus auf 1,1 Millionen Euro und rechnet für 2014 mit 7,3 Millionen Euro Finanzausgleich aus Hannover – in den vergangenen Jahren hat die Zahl regelmäßig mit einer Acht begonnen. Und das kann die Stadt selbst vor dem Hintergrund allerorts steigender Steuereinnahmen nicht ausgleichen. Zwar kalkuliert der Kämmerer mit 200.000 Euro Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer und steigenden Einkommensteuer-Anteilen. Aber: „Winsen ist insgesamt steuerschwach“, sagt Matthias Parchatka. „Wir waren schon immer massiv auf den Finanzausgleich des Landes angewiesen.“ Kommunen wie Buchholz oder Seevetal hätten gut doppelt so hohe Gewerbesteuer-Einnahmen. Die 1850 Einwohnerinnen und Einwohner weniger tun der Stadt daher „richtig weh“.

Schmerzen wird die Stadt auch, wenn der Landkreis Harburg die Kreisumlage 2014 doch nicht wie angekündigt um einen halben Punkt auf 48,5 senken sollte. Jeder Punkt bedeutet für Winsen rund 300.000 Euro, rechnet der Finanzfachmann vor. Da die politischen Gremien noch nicht über die Senkung entschieden haben, geht Parchatka auf Nummer sicher – und rechnet mit 49 Punkten wie in diesem Jahr: macht 14,3 Millionen, die die Stadt an den Kreis überweist.

Insgesamt nicht so positiv wie in den vergangenen Jahren, aber immer noch positiv schließen die Berechnungen für den Haushalt der Stadt Winsen ab. Trotz der kalten Zensus-Dusche steht unterm Strich ein Überschuss von knapp 150.000 Euro – aber nur, weil die Stadt Rücklagen hatte. Ohne die hätte Winsen zum ersten Mal ein Minus unter seinem Haushaltsplanentwurf haben können.

Großer Posten im laufenden Verwaltungshaushalt sind die Personalkosten mit rund 8,5 Millionen Euro. Parchatka betont jedoch: „Wir liegen damit etwa 45 Prozent unter dem Landesdurchschnitt vergleichbarer Kommunen.“ Etwa 5,5 Millionen Euro muss die Stadt aufwenden, um Gebäude und Straßen zu sanieren – das sind etwa eine Viertelmillion mehr als in diesem Jahr. Und die Summe kann noch steigen – je nach den Beschlussfassungen des Rates. So steht zum Beispiel die Umgestaltung der Straßen in der Innenstadt zur Debatte, je nach Entscheidung der Politiker zwischen 800.000 Euro und 2,1 Millionen Euro teuer.

Die mit Abstand größte Investition 2014 ist die Vergrößerung des Gewerbegebiets Luhdorf: Mehr als elf Millionen Euro nimmt die Stadt in die Hand, um Flächen im zweiten Bauabschnitt zu kaufen und zu erschließen.

Knapp eine Million Euro will die Stadt 2014 zudem in den Feuerschutz investieren: ein neues Gerätehaus, ein neues Fahrzeug und Digitalfunk. Bis 2019 sollen weitere vier Neubauten folgen – unter anderem, weil die modernen Wagen nicht in die alten Hallen passen.

Gut 600.000 Euro Investitionen fließen in die Kitas, vor allem die Krippe Scharmbeck mit 450.000 Euro. Und für Vorarbeiten der für 2015 geplanten Parkhäuser für Fahrräder und Autos am Bahnhof Winsen stehen mehr als 600.000 Euro im Haushalt – weitere 5,6 Millionen Euro sind für das übernächste Jahr veranschlagt.

Am Ende muss die Stadt im nächsten Jahr nach derzeitigem Stand rund 7,6 Millionen Euro an Krediten aufnehmen. Bei 9,3 Millionen Euro lagen die Schulden der Stadt mit Ende des vergangenen Haushaltsjahres – und 2013 konnte die Kommune sogar eine Sondertilgung leisten. Das wird nächstes Jahr kaum möglich sein. Doch 2015 will Matthias Parchatka wieder so weit sein.