Dirk Meyer fürchtet um seine Existenz und verteilt Flugzettel gegen Verwaltungspläne

Stove .

Dirk Meyer hat genug. Von all den großen Neubaugebieten um ihn herum, ob bebaut oder geplant. Vom ständigen Stau vor der Elbbrücke in Marschacht. Von den Abgasen. Den schwindenden Äckern und Gräben. Von immer mehr Stein und Asphalt anstelle von Grünland und Gemüse. Jetzt geht der Landwirt in die Offensive: Er sammelt Unterschriften gegen die aktuell geplanten Baugebiete in Schwinde und Stove, will die Listen den Fraktionen im Samtgemeinderat übergeben.

In den 70er-Jahren von Radbruch nach Stove gekommen, baut Familie Meyer in dritter Generation Gemüse an. Eigentlich ist alles perfekt: die Nähe der 5,5 Hektar Acker zum Hof Im Siek. Der Brunnen direkt am Feld. Der gute Boden des Sandhakens. Fasan, Fuchs, Rebhühner, Rehe. „Hier ist es so schön“, sagt der Familienvater und blinzelt gegen die Wintersonne in Richtung Grünkohlfeld. „Das ist Wohn- und Lebensqualität.“

Doch die steht auf dem Spiel, sagt der Landwirt. Am Donnerstag, 5. Dezember, diskutiert der Samtgemeinderat Elbmarsch über die Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich Stove und Schwinde. Konkret könnte diese Änderung in den Papieren in der Realität etwa 70 neue Häuser bedeuten.

Und Existenzangst für einen Bauern und seinen Betrieb. Dirk Meyer hat den Acker zwischen den Straßen Im Siek und Meyns Hof gepachtet, auf dem seinen Informationen nach in zwei Schritten neue Häuser entstehen könnten: 2018 und 2023. Auf drei Hektar wachsen dort gerade Spitz- und Grünkohl, drei Sorten Mangold, Petersilie und Steckrüben. Fallen die Flächen weg, verliert Meyer mehr als die Hälfte seiner Anbaufläche. „Das würde bedeuten, dass ich dieselbe Masse auf weniger Fläche produzieren muss. Das geht nicht.“ Vor allem nicht in der Abfolge Gemüse-Getreide-Kartoffeln, nach der Meyer arbeitet.

Ein Stück weiter in die Elbmarsch hinein neuen Boden zu pachten oder zu kaufen ist für den Landwirt auch keine Alternative. „Erstens ist die Pachtlage schwierig, die Preise steigen wegen der zunehmenden Flächen für Energiemais und weil der Landwirtschaft viel Nutzfläche entzogen wird.“ Zweitens ist der Boden nur ein paar Kilometer weiter schon nicht mehr so gut wie bei ihm in Stove: „Wir liegen auf einem Sandhaken der Elbe, der Boden ist gut und leicht zu bearbeiten. Weiter hinten ist Marschboden, da könnte ich höchstens Kohl anbauen, sonst nichts.“

Zu seinem Flugzettel mit dem Aufruf „Bauwut und Verkehrschaos in der Elbmarsch stoppen“ hat den Landwirt gemeinsam mit seiner Mitinitiatorin Rena Fritzenwanker aus Rönne aber nicht nur die direkte Betroffenheit geführt, sagt der Landwirt mit vier Angestellten. „Es geht um ein generelles Problem. Die Elbmarsch wächst zu schnell. Der Verkehr wird immer mehr. Wenn immer mehr bebaut und versiegelt wird, gibt es auch weniger Gräben und mehr Probleme mit dem Wasser.“

Und Bauflächen gibt es genug, davon ist Meyer überzeugt. „Wer in der Elbmarsch bauen will, findet ein Grundstück. Viel besser wäre doch, wenn die vorhandenen Lücken geschlossen werden anstatt immer gleich große neue Gebiete auszuweisen. Sogar der noch junge Apfelgarten wird 2014 bereits erweitert.“

Er hat recherchiert, sich Unterlagen von der Niedersächsischen Vermessung- und Katasterverwaltung besorgt und über das Raumordnungsprogramm schlau gemacht. „Laut den Vorgaben des Landes dürften in der Elbmarsch pro Jahr nur um die 25 Häuser neu gebaut werden, das sind pro Gemeinde acht Stück. Die Infrastruktur hier ist wirklich super, aber wir brauchen eine Bremse.“ So ist die Gemeinde Drage zwischen 1994 und 2012 im Vergleich zu den Nachbargemeinden Marschacht und Tespe bereits überproportional gewachsen: um mehr als 60 Prozent von rund 2500 Einwohnern auf mehr als 4000. Die bebaute Fläche hat sich verdoppelt von knapp 73 Hektar auf 150 Hektar. Die Anzahl der angemeldeten Autos ist von 1300 auf 2300 explodiert.

Fast 300 Unterschriften gegen die Änderung des F-Plans haben Dirk Meyer und Rena Fritzenwanker schon, „nur aus Stove und Schwinde“. So viele wie möglich wollen sie bis zu den Fraktionssitzungen vor der Ratssitzung beisammen haben, die Listen liegen aus im Fährhaus Tespe, in den Gasthäusern Harms und Zur Rennbahn sowie bei Blumen Hey. „Wer unterschreiben möchte, kann aber auch direkt zu mir kommen“, sagt Dirk Meyer.

Die Kündigung für seine Pacht hat Meyer zwar noch nicht im Briefkasten. Doch wenn sein Verpächter verkauft, hat Meyer keine Chance. Sein Pachtvertrag läuft jeweils über zwei Jahre – mehr Sicherheit hat der Bauer nicht.