Martina Oertzen ist seit fünf Wochen Verwaltungschefin im Hittfelder Rathaus – und hat es noch nicht geschafft, ihre eigenen Bilder aufzuhängen

Seevetal. Eine Sache hat Martina Oertzen nach fünf Wochen im Amt gelernt: Selbst für eine frischgebackene Frau Bürgermeisterin hat der Tag nur 24 Stunden, und essen und schlafen muss sie auch mal. Am Anfang, da habe sie am liebsten alles auf einmal machen wollen, sagt die 49-Jährige.

Jeder Tag seit dem 9. Oktober, als sie offiziell die Nachfolge von Günter Schwarz als Bürgermeisterin der 42.000 Einwohner zählenden Gemeinde Seevetal antrat, war vollgepackt mit Terminen. Ein Kollege musste sie dann dezent darauf hinweisen, dass sie ja nicht nur 100 Tage Bürgermeisterin sein würde, sondern acht Jahre. Also Zeit genug, um alles der Reihe nach anzugehen. Mittlerweile versucht die Powerfrau, einen Gang runterzuschalten und verlässt sich ganz auf ihren Terminkalender, der ihr eindeutig anzeigt, wann nichts mehr geht. Einen Teil dieser Termine trägt sie selbst ein, den anderen ihre Sekretärin Kathrin Forman, mit der sie bereits ein regelrechtes Dreamteam bildet. „Sie koordiniert super“, schwärmt die Bürgermeisterin, die sich auch ansonsten ganz begeistert von der „tollen Verwaltung“ zeigt, in der sie gelandet ist.

Bei dieser „tollen Verwaltung“ hat sie sich schon ausgiebig bekannt gemacht. Jede Abteilung hat die neue Verwaltungschefin besucht und ist mit den Leuten ins Gespräch gekommen. Außerdem hat sie sich mehrere Grundschulen angeschaut, war in der Bücherei Meckelfeld, und hat sich mit den Gewerbevereinen der Gemeinde getroffen und die wichtigsten Themen beraten. „Mir war wichtig, das alles persönlich zu machen.“ Auch in den Ortsräten der Gemeinde hat sie sich vorgestellt und plant, neben den Ratssitzungen außerdem die Sitzungen der Fachausschüsse zu besuchen, um so an den politischen Debatten teilzunehmen.

Martina Oertzen will sich einmischen. Die Verwaltungsvorlagen für Sitzungen sollen die Handschrift der Bürgermeisterin tragen. Sie will sagen, was sie denkt und dann mit der Politik diskutieren. Zu einigen Themen hat sie schon jetzt eine Meinung: Sowohl bei den Gewerbeflächen als auch beim Bauland sieht sie Handlungsbedarf. „Die Nachfrage ist da, aber wir können nichts mehr unterkriegen.“ 25 Anrufe von bauwilligen Bürgern laufen pro Woche im Rathaus auf. Wenn es nach ihr geht, sollten diese Leute in Zukunft keine Absagen mehr erhalten.

Modern und offen will sie die Gemeinde aufstellen. Das fängt bei der Bürgermeistersprechstunde an, die sie künftig regelmäßig anbieten möchte, und hört bei der Optik des Hittfelder Rathauses auf. Den Eingang will sie freundlicher gestalten, das sterile Weiß soll weichen. Außerdem soll der Hintereingang aus Richtung Edeka, der sich über die Jahre zum heimlichen Haupteingang gemausert hat, auch als solcher wahrgenommen werden. Ein Rathaus-Schild soll klar sagen, um welches Gebäude es sich hier handelt.

Zeit, ihrem Büro eine persönliche Note zu geben, hat sie bisher allerdings nicht gehabt. „Die Bilder von meinem Vorgänger hängen immer noch“, sagt Martina Oertzen und blickt auf die mit Blumenmotiven verzierten Wände. Sie sollen Günter Schwarz bald zugestellt werden. Immerhin hat sie es geschafft, einen neuen Teppich zu ordern. Der alte durfte nach 23 Jahren dann doch mal ausgetauscht werden. „Danach möchte ich noch die dunklen Balken hell streichen und neue Bilder anschaffen.“

An ihren ersten Tag im neuen Amt kann sie sich noch genau erinnern. „Martina, roll mal deinen Stuhl rum“, sagte Günter Schwarz zu ihr, der zum letzten Mal an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Dann ging er mit ihr die wichtigsten Themen durch. Dazu gehörte zum Beispiel die Tank- und Rastanlage Elbmarsch, bei der der Erörterungstermin zum Planfeststellungsverfahren wohl erst im kommenden Frühjahr zu erwarten ist. Oder die Westumfahrung Hittfeld, für die das Land Niedersachsen dann just an ihrem ersten Amtstag Geld bereitstellte. Außerdem anstehende Personalentscheidungen im Rathaus und so kleine, aber nicht minder wichtige Dinge wie bestimmte Gepflogenheiten, über die ein Bürgermeister etwa im Umgang mit den Schützen oder der Feuerwehr Bescheid wissen sollte.

„Mir ist erst jetzt klar geworden, wie vielseitig das Bürgermeisteramt ist“, sagt Martina Oertzen. Beim Einkaufen, auf Veranstaltungen, überall wird sie von Bürgern zu allen möglichen Dingen angesprochen – und manchmal auch am Freitagabend um 23 Uhr angerufen. Zeit für Privates bleibt da nicht. „Meine Doppelkopffrauen vermissen mich schon“, sagt sie. Kein Wunder bei einem Arbeitstag, der um 8 Uhr beginnt und um 22 Uhr endet. Ein Problem ist das für sie nicht. Sie sei nicht angetreten, um einen Acht-Stunden-Arbeitstag zu haben, sagt sie. Interessant sei für sie außerdem, dass ihr Mann Christian erstmals neue Erfahrungen als Bürgermeistergatte macht: Er wird neuerdings oft gefragt, ob er nicht seiner Frau mal dieses oder jenes ausrichten könne.