Die kleinste von drei Hamburger Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen feiert in dieser Woche Geburtstag

Harburg. Hinter dem Namen KISS verbirgt sich nicht etwas neue Harburger Rock-Band. KISS ist die Abkürzung für Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen. Was sich im ersten Moment so bürokratisch anhört, ist für viele Harburger eine wichtige Anlaufstelle, bei der sie konkrete Hilfe zur Selbsthilfe bekommen, unbürokratisch und professionell.

Es hat lange gedauert, bis der Bezirk Harburg eine eigene Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen bekommen hat. Und es war ein steiniger Weg, bis die Finanzierung auf Dauer auf einer soliden Grundlage stand und bis die Harburger Berater ihre Arbeit aufnehmen konnten. Aber der Bedarf in Harburg war groß. Jetzt feiert die kleinste der drei Hamburger KISS-Beratungsstelle ihr zehnjähriges Bestehen.

„Begonnen hat unsere Arbeit in den Räumen der Behinderten-Arbeitsgemeinschaft im Marktkaufcenter“, sagt Simone Buchholz. Die Sozialpädagogin gehört zur festen Besetzung der Beratungsstelle an der Neuen Straße. Zwei Mal im Monat konnten sich damals Menschen mit chronischen Erkrankungen, mit Krebs, mit Behinderung oder mit psychischen Erkrankungen darüber informieren, wie man Selbsthilfegruppen aufbaut, wie solche Gruppen funktionieren, und wo sie sich regelmäßig treffen können. Schnell sei klar geworden, so Buchholz, dass der Bedarf weit größer war als die Kapazitäten.

KISS wird zu 80 Prozent von der Freien und Hansestadt Hamburg und zu 20 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Damals noch in einem Verein organisiert, suchten die Berater also in Harburg Räume, um die Hilfe zur Selbsthilfe im Bezirk fest zu installieren.

„Mit der Anmietung dieser Räume an der Neuen Straße war der Grundstein für die Verankerung unserer Beratungsstelle im Bezirk Harburg gelegt“, so Simone Buchholz. Damals arbeiteten die Berater ehrenamtlich, seit 2004 gehören die Beratungsstellen zum Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Beratungsarbeit wurde immer professioneller. Zumeist sind es Menschen mit psychischen, chronischen oder seltenen Erkrankungen, die an der Neuen Straße Rat suchen. Simone Buchholz und ihre Kollegin Svenja Jantje Speckin geben konkrete Hilfestellung zur Gründung, vermitteln bestehende Gruppen oder helfen bei der Suche nach Gruppenräumen. Die beiden Selbsthilfeberaterinnen helfen zum Beispiel auch beim Beantragen von Fördergeld.

Eine Selbsthilfegruppe, so die beiden KISS-Frauen, sei für Betroffene oder deren Angehörige ein Raum, in dem sich die Menschen austauschen, Wissen weitergeben und sich gegenseitig Halt geben. Manche Gruppen lösen sich nach einem Jahr auf, andere treffen sich über viele Jahre. „Die Gruppen bekommen über die Jahre ihren eigenen Charakter, bei manchen geht der Zusammenhalt auch über das reine Gruppengespräch hinaus. Sie unternehmen gemeinsame Ausflüge oder organisieren andere Freizeitaktivitäten.“, sagt Speckin. Selbsthilfegruppen aber ersetzen keine Therapien. Das ist nicht ihre Aufgabe. Eines zeichnet alle Selbsthilfegruppen aus. Sie arbeiten ohne professionelle Leitung. Alle Gruppenmitglieder sind Betroffene, und die Treffen sind freiwillig.

„Allerdings entwickeln sich innerhalb der Gruppen oft wirkliche Spezialisten ihres Fachs heraus, deren Wissen natürlich für alle anderen Gruppenteilnehmer von großer Wichtigkeit ist. Gerade bei seltenen Krankheiten, bei denen auch manche Ärzte einfach überfordert sind, wenn es um die Beratung über das Medizinische hinaus geht, profitieren alle Gruppenmitglieder von dem Wissen Einzelner“, erklärt Simone Buchholz die Eigendynamik dieser Selbsthilfegruppen.

Die Selbsthilfeberaterinnen geben lediglich Starthilfe. Ihre Beratung ist kostenfrei und natürlich vertraulich. „Was wir hier in Harburg ganz besonders merken, ist die Tatsache, dass hier die Menschen, anders als in anderen KISS-Beratungsstellen, den persönlichen Kontakt mit uns suchen.

Hier in Harburg gibt es ein enges Netzwerk, auf das wir bei unserer Beratung zurück greifen können. In Harburg liegt alles nah zusammen.

Wir sind gut vernetzt im Bezirk, und davon profitieren natürlich auch die Menschen, die zu uns in die Beratung kommen“, sagt Svenja Jantje Speckin.

Die KISS-Beratungsstelle an der Neuen Straße27 ist zwar die kleinste der Beratungsstellen. Dennoch steht hier ein Gruppenraum zur Verfügung.

Für Betroffene, wie Krebspatienten, sei es wichtig, in einer Selbsthilfegruppe auf das Verständnis anderer zu treffen. Man hat die selben Probleme, gibt einander Tipps und kann zuhören. Die Pädagogin sagt: „Oft sind Familienangehörige oder Freunde einfach mit den Problemen der Betroffenen überfordert. Die Menschen finden nicht mehr das nötige Gehör.“

www.kiss-hh.de