Der Harburger Zugdrachenbauer Sky Sails rechnet mit neuen Aufträgen, stellt Ingenieure ein und will künftig mit Drachen Strom erzeugen

Harburg. Der Harburger Zugdrachenbauer Sky Sails hat die Krise von 2012 hinter sich gelassen. „Wir werden unseren Umsatz von gut zwei Millionen Euro 2013 im kommenden Jahr auf mehr als drei Millionen Euro steigern und noch in diesem Jahr ein weiteres Drachen-System für einen Massengutfrachter abliefern“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Stephan Wrage im Gespräch mit dem Abendblatt. Zwar spürt der Schiffbau-Zulieferer noch immer die anhaltende Flaute in der Schifffahrt. Doch das Unternehmen hat sich darauf mit einem ausgeweiteten Angebot eingestellt. „Wir sehen einen klaren Aufwärtstrend,“ sagt der Wirtschaftsingenieur.

Der Hamburger hat schwierige Zeiten hinter sich. Weil Aufträge fehlten, musste er im Februar 2012 mehr als die Hälfte der 80 Mitarbeiter entlassen. Die Zeit ohne neue Aufträge nutzte die zuletzt auf 30 Mitarbeiter geschrumpfte Belegschaft jedoch auf ihre Weise. Sie entwickelte ein neues Design für die Zugdrachen. „Die aktuelle Version lässt sich jetzt von der Mannschaft an Bord leichter bedienen“, sagt Wrage. Bis zum Jahresende soll der Massengutfrachter „Aghia Marina“ eines griechischen Eigners einen Drachen als Ergänzung zu seinem Antrieb erhalten. Das System leistet bis zu zwei Megawatt. Das entspricht mehr als 2700 PS. Charterer des Schiffes ist der US-Agrar-Konzern Cargill, der auch in Harburg vertreten ist.

Den Auftragswert nennt Wrage zwar nicht. Doch bei einer aktuellen Bestellung wären für einen ähnlichen Drachen eine bis 1,5 Millionen Euro fällig. Derzeit gibt es weitere Anfragen, aber noch keine Unterschriften für weitere Aufträge. „Insgesamt rechnen wir erst für die Jahre 2015/16 mit größeren Stückzahlen bei den Bestellungen für Drachen“, sagt der 40 Jahre alte Firmenchef. Für die Zwischenzeit kann Wrage nun aber die Computertechnik verkaufen, die zuvor für den Drachen entwickelt wurde.

Denn die auf der Brücke auflaufenden Informationen über den Treibstoffverbrauch bezogen auf Wetter und Schiffsbewegungen hatten Kapitäne auch bei eingezogenem Drachen genutzt. Die Daten halfen dabei, einen optimalen Kurs mit einer effizienten Geschwindigkeit zu steuern. Von dem System, das bei Sky Sails als eigenständiges Produkt Performance Manager heißt, wurden inzwischen knapp 100 Anlagen verkauft. Knapp 40 davon sind zu Preisen zwischen 40.000 und 70.000 Euro ausgeliefert. „Nach etwa einem Jahr können wir den Reedern sagen, wie viel Treibstoff sie beim Einsatz eines Drachens gespart hätten“, verspricht Wrage. Damit werden die Kunden für den Manager später zu potenziellen Bestellern für das Hauptprodukt von Sky Sails.

Ein wichtiger Schritt für das Unternehmen war zudem, dass die weltweite Schifffahrtsorganisation IMO im Mai die Windantriebe als eine umweltfreundliche Lösung für eine saubere Schifffahrt anerkannt hat. „Für den Vorschlag der Bundesregierung haben wir mit der Hamburger Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd zusammengearbeitet. Wir sind stolz darauf, dass unsere Technologie nun für diese internationalen Bemühungen offiziell anerkannt wird“, sagt Wrage. Damit steht der Antrieb über Drachen nun beispielsweise in einer Reihe mit dem Einsatz von schwefelarmem Treibstoff, Filtern an Bord oder auch Flüssiggas.

Mit dem Manager als Produkt hat der Sky-Sails-Chef die Belegschaft behutsam wieder aufgebaut. Derzeit sind 40 Mitarbeiter beschäftigt, fast ausschließlich Ingenieure. Als Leiter für Vertrieb und Service holte Wrage zum 1.August Jürgen Gerdes von dem Antriebshersteller Sulzer aus der Schweiz. Zwar schreibt die Firma seit ihrer Gründung 2001 rote Zahlen. Aber auch in der Krise ist keiner der Investoren abgesprungen, die bisher 50 Millionen Euro in die Technologie gesteckt haben.

Als neueste Entwicklung hat sich Sky Sails auf das Gebiet der Stromerzeugung gewagt. Dazu könnten künftig Drachen sowohl an Land als auch auf See verankert und dann gestartet werden. Eine erste Anlage gibt es bereits fest installiert auf einem Anhänger. Nächstes Ziel soll eine Demonstrationsanlage mit einer Nennleistung von einem Megawatt sein. Allerdings will sich Wrage beim Termin für die Fertigstellung nicht festlegen. Nur so viel: „Wir gehen davon aus, dass wir Strom günstiger produzieren können als mit Windturbinen. Schließlich können wir den Wind bis hinauf auf 400 Meter nutzen.“ Dort oben soll sich der Umfang der Stunden, zu denen die Anlagen mit Volllast laufen können, verdoppeln. Wrage rechnet mit bis zu 5000 statt bei den Windmühlen 2500 Stunden im Jahr.