Das Brötchen scheint mir durch das Tresenglas förmlich zuzuzwinkern.

Wohlproportioniert und mit leicht geöffnetem Aufschnittausschnitt gibt es sich üppig belegt: Käse und Kochschinken sowieso, dazu hartes Ei in schönen Scheiben und zur Beruhigung meines Drei-Zentner-Gewissens auch allerlei gesundes Gemüse. Ich sehe ein Salatblatt, Tomate und Gurke. Ganz bestimmt ist dieses Brötchen mindestens so gesundheitsförderlich wie ein halbes Pfund Knabberrohkost. Außerdem gibt es so ein Brötchen nirgendwo anders — jedenfalls wenn ich dem roten Schild über dem Bäckerladen glauben darf.

Bei so vielen Argumenten ist der Kaufentschluss schnell gefasst, das Brötchen in der Tüte und mit mir auf dem Weg in die Redaktion. Es kommt links neben die Tastatur, der Becher Kaffee auf die rechte Seite und während der Rechner hochfährt, wird gefrühstückt. Nur noch mal schnell dieses schöne Brötchen angucken, zum optischen Ergötzen vielleicht aufklappen?

Huch, wie karg die Üppigkeit auf einmal scheint! Käse und Schinken liegen in spärlich geschnittenen Dreiecken nur Millimeter überlappend nebeneinander. Ei und Gemüse wurden in halben Scheiben in den Brötchenrand geklemmt, um ihr Vorhandensein vorzutäuschen. Der Salat ist ein schmaler Streifen, den zu produzieren mindestens zehn Schnitte im Originalblatt erforderte.

Der arme Bäcker tut mir leid. Wer ein Blatt Eisbergsalat zehnmal schneidet, um seinen Kunden um zwei Cent zu prellen, ist nicht geizig, sondern krank. Gute Besserung!