Auf einem Diskussionsabend der SPD tauschen Gegner und Befürworter ihre Argumente zu den Plänen für das Möbel-Meyn-Gelände aus. Rosenzweig legt sich nicht fest

Neu Wulmstorf. Die mögliche Ansiedlung des Warenhauses Famila auf dem ehemaligen Möbel-Meyn-Gelände an der Matthias-Claudius-Straße spaltet derzeit die Neu Wulmstorfer in zwei Lager. Das wurde am Freitagabend bei einer von der SPD initiierten Diskussionsrunde deutlich. Während die einen in Famila vor allem eine Chance für den ganzen Ort sehen, bedeutet die Ansiedlung für die anderen den Niedergang des Einzelhandels in der Bahnhofstraße.

Bürgermeister Wolf Rosenzweig, einer der knapp 30 Gäste der Veranstaltung, bemühte sich, die Debatte offen zu halten. Die Fraktionen steckten noch mitten im Meinungsbildungsprozess, es sei längst nicht klar, ob die Entscheidung pro oder contra Famila ausfallen werde, betonte er. Zunächst wolle man sich ein umfassendes Bild machen und erst dann ein politisches Votum treffen. „Ich selbst lege mich hier nicht fest.“

Dementsprechend rettete sich Rosenzweig zunächst in Fakten. Neu Wulmstorf habe mit 110 Prozent eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Kaufkraft, nur falle das mit einem hohen Kaufkraft-Abfluss von 43 Prozent zusammen, sagte er. Heißt: Der Neu Wulmstorfer kauft Kleidung oder alle anderen Dinge, die über den täglichen Bedarf hinausgehen, außerhalb seines Heimatortes.

Die Ansiedlung von Gewerbe habe immer mit Zufällen zu tun, fuhr er fort. „Leerstände fallen uns natürlich auf, aber es ist nicht so einfach, sie zu beheben.“ Dass es manchmal auch Unternehmen wie Famila gebe, die bewusst auf Neu Wulmstorf zukommen und sich hier ansiedeln wollen, sei ein weiterer Beleg für die Bedeutung von Zufällen.

Fakt sei, dass die Fläche des ehemaligen Möbelhauses Meyn eine sehr schwierige Fläche sei. „Politik muss gestalten“, sagte Rosenzweig. Sonst könne sie am Ende nur Leerstände verwalten. Das Signal des Landkreises gegenüber einer möglichen Famila-Ansiedlung sei bisher positiv, berichtete er. Jedoch gab es den Zusatz: „Der Handel in der Bahnhofstraße darf nicht gefährdet werden.“ Wie das zu deuten ist, konnte Rosenzweig nicht erklären. Bisher ist das Meyn-Areal im Bebauungsplan als Sondergebiet für Möbel-, Teppich-, Bau- oder Getränkemärkte sowie Bettengeschäfte festgeschrieben. Bevor Famila kommen könnte, müsste diese Regelung aufgeweicht und auch um Lebensmittel erweitert werden.

Direkter als Rosenzweig drückte sich sein Parteikollege, der SPD-Fraktionsvorsitzende Tobias Handtke, aus. „Wir können heute nicht mehr die gleichen Antworten wie vor zehn Jahren geben“, sagte er und meinte damit die damalige Entscheidung, Marktkauf die Ansiedlung auf dem Gelände zu verwehren – zum Schutze der Bahnhofstraße. Das Problem sei heute vielmehr, dass viele Neu Wulmstorfer außerhalb einkaufen. Diese Leute müsse man hier halten und darüber hinaus auch Käufer von außerhalb in den Ort locken.

Achim Behrendt, Unternehmensberater und Mitglied im Gewerbeverein, wertete den Einkauf über das Internet als größere Gefahr für den Handel als Famila. Man könne keine Mauer um Neu Wulmstorf ziehen, sondern müsse selbst aktiv werden und Konzepte entwerfen. Seine persönliche Meinung sei, dass die Politik nicht immer überall eingreifen könne, sondern auch den freien Wettbewerb zulassen müsse.

Die Famila-Gegner hielten davon gar nichts. Der Kuchen, der in Neu Wulmstorf hinsichtlich der Kaufkraft verteilt werden könne, werde durch Famila auch nicht größer, sagte etwa der ehemalige Neu Wulmstorfer Pastor Uwe Kreller. Vielleicht könne es gelingen, etwas mehr Kunden von außerhalb zu gewinnen, aber viele werden es seiner Meinung nach nicht sein. Zwangsläufig würde also für die Geschäfte in der Bahnhofstraße weniger Kundschaft übrig bleiben. „Machen Sie nicht den Fehler, dass Sie einen so großen seelenlosen Kauftempel sich hier ansiedeln lassen“, appellierte er an die Politik.

Ein Vertreter des Rewe-Markts fragte sich, wie es sein könne, dass man damals Marktkauf abgelehnt habe, um die Bahnhofstraße zu stärken, aber bei Famila ins Grübeln komme. Diese Frage stellte sich auch Carsten Meyn, der letzte Geschäftsführer des in Konkurs gegangenen Möbelhauses, der an dem Abend ebenfalls erschienen war. „Wenn wir einen Teil unseres Grundstücks an Marktkauf hätten verkaufen, wäre das unsere Rettung gewesen“, sagte er. Vor allem für seine Eltern seien die damaligen Ereignisse ein heftiger Schlag gewesen. Er selbst habe damit mittlerweile abgeschlossen, sagte Meyn, der heute als Unternehmensberater arbeitet.