Eine Glosse von Susanne Gerlach

Man lernt ja nie aus. Gerade war ich zum Mittagstisch beim Portugiesen. „Linsensuppe" steht ganz unten auf der Tafel. Lecker, denke ich, und begebe mich in das Mini-Restaurant - eigentlich mehr ein Bistro. Es herrscht eine gewollt intime Atmosphäre.

Besprechungen mit dem Steuerberater sollte man tunlichst woanders abhalten. Ich geselle mich zu einer Dame an den Tisch, die von der Kürbis-Suppe schwärmt. Leider könne sie diese nicht so oft essen, da sie dreimal die Woche zur Dialyse müsse. Aha.

Meine Linsensuppe kommt, und ich freue mich! Der Portugiese sei eigentlich Türke, erzählt meine Tischnachbarin unaufgefordert weiter, weswegen es sich wohl um eine türkische Linsensuppe handeln würde. Mir egal.

Freudig stürze ich den Löffel in die durchgerührte Plörre und schmecke... nichts. Irgendwie säuerlich das Ganze. Und ein bisschen muffig. Ich verlange nach Salz, Pfeffer und zum Schluss gar nach diesem roten, scharfen Zeug. Der Muff bleibt, aber, bestellt ist bestellt, würge ich das Zeug tapfer runter. Stunden später, in meiner Wohnung, ist mir immer noch schlecht. Ein Schnaps muss her, und zwar schnell.

Kurz überlege ich, wer in diesem ehrenwerten Haus überhaupt einen Schnaps da haben könnte, wenn schon nicht ich. Ich lande bei meiner Nachbarin Nicole, die mir zunächst Magentropfen anbietet. „Ohne Alkohol?! – geht gar nich!" - konstatiere ich.

Endlich rückt Nicole den Raki raus, und fragt, was denn eigentlich los sei. „Türkische Linsensuppe", würge ich hervor. „Ah“, sagt sie. „Die ist bestimmt gekippt". "Hühner- und Gemüsesuppen kippen kippen ja auch gern mal. Wusste schon meine Mutter."

Im türkischen Portugal wusste das offensichtlich niemand, denke ich, und stürze den nächsten Raki.