In der Harburger Toys Company arbeiten Langzeitarbeitslose altes Spielzeug auf. Ein Projekt, bei dem alle profitieren

Harburg. Im Supermarkt ist spätestens seit September Weihnachten und wenn die Zwischensaison Halloween abgelaufen ist wird es für Einzelhandel und Werbung kein Halten mehr geben: In den letzten sieben Wochen vor Heiligabend sollen Erwartungen erweckt und erfüllt werden. Was aber, wenn man seinen Kindern kein Spielzeug kaufen kann? In Harburg gibt es eine Einrichtung, die da weiterhilft: die Toys Company. Ihre Mitarbeiter arbeiten gebrauchte Spielzeuge bis nahe an die Neuwertigkeit auf und verteilen sie an Bedürftige.

Peter Wittkamp ist zufrieden: Sämtliche Seilchen des quietschgelben Spielzeugkranes laufen wieder sauber über die kleinen Rollen. Eigentlich könnte er jetzt sein Werkzeug an den kleinen Haken baumeln und mit dem Kranarm auf die andere Seite der Werkbank schwenken. Aber schon wartet der nächste mechanische Patient auf Wittkamps kundige Hände: Ein kleiner Traktor humpelt nur noch, wenn man ihn über den Tisch schiebt. Gelernt hat Wittkamp einst Bootsbauer. Aber das ist lange her. „Ich habe auch mal einen Gebraucht-Fahrrad-Handel gehabt und auf dem Dom gearbeitet“, sagt er.

In letzter Zeit verlief die Karriere allerdings weniger bunt. Peter Wittkamp war langzeitarbeitslos, sonst wäre er nicht hier: Die Toys Company ist ein Projekt, das Leuten, die schon lange auf den nächsten Job warten, die Chance gibt, beruflich auf dem Laufenden zu bleiben und vielleicht sogar ein paar Zusatzqualifikationen zu erwerben.

35 Mitarbeiter zählt die Toys Company. Sie alle befinden sich in so genannten AGH-Maßnahmen der Arbeitsagentur. AGH steht für Arbeitsgelegenheit, aber die Arbeit hier geht über das Gelegentliche weit hinaus. Erstens haben viele Teilnehmer der Maßnahme eine Berufsausbildung. „Zweitens ist die Toys Company organisiert, wie eine Firma in der freien Wirtschaft – nur dass sie mit ihrer Arbeit kein Geld einnimmt.“, sagt Jörg Jacobs, Projektleiter der Toys Company in Harburg.

Alle Spielzeuge, die hier durchlaufen, sind Spenden. Momentan sammeln die Recyclinghöfe der Hamburger Stadtreinigung fleißig Spielsachen, oft auch die Belegschaften großer Firmen, wie beispielsweise Beiersdorf. Auch direkt bei der Toys Company, am Werder 1, kann man Spielwaren abgeben. Die Spenden werden zunächst gesichtet: Was kann weiterverwendet werden, was muss repariert werden, was geht gar nicht mehr? Danach erfolgt eine Grundreinigung der Sachen, inklusive Desinkektion; gegebenfalls kommt das Spielzeug noch in die Werkstätten. Ist es gereinigt und instandgesetzt, kommt die Qualitätsabteilung und zertifiziert das Speilzeug. Danach wird es registriert: Jedes Spielzeug erhält eine eigene Nummer, zu der Daten, wie Spielzeugart und empfohlenes Alter der Kinder im EDV-System gespeichert werden. Danach gehen die Spielzeuge in den Vertrieb.

„Menschen ohne Einkommen können sich direkt bei uns bis zu fünf Spielzeuge aussuchen“, sagt Jacobs. „Für institutionelle Kunden, wie zum Beispiel Familienhelfer, haben wir sogar einen Online-Shop, allerdings ohne Bezahlung; die Registrierung mit der Kundennummer reicht.“ Umsonstbasare in Arbeitsagenturen unfd Jobcentern ergänzen die Palette der Vertriebswege. Außerdem richtet die Toys Company Spielecken in Behörden und Kindergärten ein. „So bekommen unsere Mitarbeiter auch Außendiensterfahrung“, sagt Jacobs. Träger der Toys Company ist die DEKRA Academy. Sie betreibt fast 30 dieser Einrichtungen.

Gut 3500 Auslieferungen macht die Harburger Toys Company pro Jahr. Einige der Waren sind sogar komplett neu gebaut. „Wenn Herr Wittkamp zum Beispiel aus drei Fahrrädern eines macht, ist das ja quasi neu entstanden“, sagt Jörg Jacobs, und auch in der Näherei wird nicht nur repariert.“

„Das stimmt“, sagt Viktoria Widowski hinter ihrer Nähmaschine. „Die meisten Puppen werden von uns komplett neu eingekleidet.“ Möglich wird das dadurch, dass auch Stoffreste und ganze Bahnen gespendet werden. Soviel, dass die Frauen in der Nähstube das Material gar nicht nur in Puppenkleidung oder Spielzeugmöbel verarbeiten können: „Wir machen auch Taschen, in denen wir Spielzeug verschenken können und manchmal flicken wir auch die Klamotten von Kollegen – wenn sie nett fragen“, sagt Iris Kumar.

In die Toys Company finden manchmal auch wahre Schätze ihren Weg in die Spendenkammer: „Vor ein paar Tagen war zum Beispiel ein altes Akkordeon dabei – voll funktionstüchtig“, sagt Jörg Jacobs, „obwohl wir wahrscheinlich einige Zeit brauchen werden, bis ein Kind das haben will.“

Spenden kann man im Recyclinghof der Hamburger Stadtreinigung abgeben, oder direkt bei der Toys Company, Am Werder 1, 21073 Hamburg.