Eine Glosse von Bernd-Olaf Struppek

„Gut gemacht, Papa. Du bist in Form.“ Gönnerhaft klopft mir mein Filius auf die Schulter, während ich den Controller aus den schweißnassen Händen lege. Gerade habe ich mit Spanien ein 2:2 gegen Schottland über die Zeit gerettet. Im echten Fußballleben wäre das für den Weltmeister fast eine Blamage. In der Spielwelt des virtuellen Kickens jedoch ist das für mich längst das höchste der Gefühle.

Geht es am Computer an eine Partie Fifa oder Pro Evolution Soccer, ist mir mein Gezücht seit Langem schon über. Und ich werde just das Gefühl nicht los, dass mein junger Kontrahent diesmal mit den als mittelgut eingestellten Schotten gnädig mit mir umgegangen ist und mit Steuergerät-Spielkunst gegeizt hat. Um der Vater-Sohn-Harmonie willen.

Nicht einmal, wenn ich Pixel-Männlein vom Kaliber eines Iniesta, Messi oder Cristiano Ronaldo über das Grün des PC-Bildschirms steuern darf; nicht einmal wenn meine Söhne freiwillig Rumpelfüßler auswählen, klappt es mehr, die frühere Hierarchie am Joystick wiederherzustellen. Gegen die scheinbar unschlagbare Auge-Hand-Koordination eines Elfjährigen ist für mich kein Kraut gewachsen. Wie zum Hohn erzählt mir mein Gegenspieler, während er mich schwindlig spielt, lässig Anekdoten aus dem Schulalltag oder rappelt seine Weihnachtswunschliste runter.

Da passiert es schon mal, dass ich mit Deutschland mit vier Toren Rückstand von Angola weggerammt werde – und es hinterher mitleidig heißt: „Papa, nicht traurig sein, ist nicht dein Tag heute.“ Was bleibt mir angesichts dieser Schmach, als die Blutgrätsche rauszuholen und der undankbaren Brut zu zeigen, wo der Hammer hängt. Und deshalb heißt es, gleich nach dem Abpfiff im virtuellen Stadion dann im echten Leben: "Ab ins Bett, keine Widerrede, marsch, marsch!"