Im kommenden Frühjahr wird der Nachfolger von Landrat Joachim Bordt (FDP) gewählt. Der Kreistag legt am Montag den Termin fest

Winsen. Wenn der Kreistag am kommenden Montag in Tostedt zusammenkommt, entscheiden die 62 Politiker nicht allein über Sachthemen: Sie eröffnen gleichzeitig den nächsten Wahlkampf. Denn das Gremium will auch den Termin für die Wahl des neuen Landrats festlegen, der die Verwaltung in Winsen künftig führen wird. Favorisiert wird der 25. Mai, an dem die Europawahl stattfindet, wie aus den Vorlangen für die Sitzung am 28. Oktober hervorgeht.

Aufgerufen zur Abstimmung sind 206.000 Wahlberechtigte ab 16 Jahren, zu denen auch EU-Bürger zählen, die im Kreis wohnen. Gesucht wird ein Nachfolger von Landrat Joachim Bordt (FDP), dessen Amtszeit am 14. September endet. Drei Interessenten bewerben sich bisher um das Amt.

Wunschkandidat von Landrat Bordt ist sein jetziger Vertreter Rainer Rempe, der gerade erst in die CDU eingetreten ist. Nach einer ersten Empfehlung der Partei soll Rempe am 8. November von der Mitgliederversammlung im Kreis offiziell bestätigt werden. Erst dann wolle er sich näher zu seiner Kandidatur äußern, sagte der Erste Kreisrat dem Abendblatt.

Rempe genießt nicht nur die Unterstützung der CDU, sondern auch des FDP-Kreisverbandes und der Wählergemeinschaft. Zudem hat er Stallgeruch. Der Jurist, der in Cloppenburg geboren wurde, arbeitet bereit seit 1992 in verschiedenen Leitungspositionen für den Landkreis. Seit März 2007 ist der 51jährige der zweithöchste Wahlbeamte des Kreises. Ihm hatten damals 52 von 54 Abgeordneten des Kreistages ihre Ja-Stimme gegeben.

„Rainer Rempe ist der erste Mann hinter dem Landrat, da ist seine Kandidatur natürlich naheliegend“, begründet Britta Witte, erste stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU, den Vorschlag des Kreisvorstands, der in Absprache mit der Kreistagsfraktion erfolgte. Sie selbst sei bei den ersten Gesprächen zwar nicht dabei gewesen. Sie wurden vom Kreisvorsitzenden Michael Grosse-Brömer und Hans-Heinrich Aldag, dem Fraktionsvorsitzenden, geführt Gleichwohl könne sie aber sagen, dass man mit Rempe aus Sicht der CDU den fachkompetentesten und aussichtsreichsten Kandidaten gefunden habe. „Er ist am meisten in allen Themen drin.“

Warum die Wahl nicht auf Kreisrat Björn Hoppenstedt, 39, gefallen war, der bisher der zweite Mann hinter Bordt ist und bereits ein CDU-Parteibuch besessen hätte, begründet Britta Witte allgemein mit „Alters- und Hierarchiefragen“. Hoppenstedt will jetzt stattdessen als Bürgermeister in seiner Heimatstadt Burgwedel in der Region Hannover kandidieren (das Abendblatt berichtete).

Rempes Gegenkandidaten sind die SPD-Politiker Thomas Grambow, 50, und Claus Wilker, 41, die sich nach einem Anschreiben an alle Mitglieder im Kreis gemeldet hatten. Der für Norddeutschland zuständige Controller bei der Krankenversicherung Knappschaft Bochum, der in Hamburg arbeitet und der Rechtsanwalt aus Winsen stellen sich jetzt in den zwölf SPD-Ortsvereinen im Kreis vor. Die vorläufige Entscheidung für einen der beiden sollen am 18. November die Ortsvereinsvorsitzenden, die Mitglieder der Kreistagsfraktion sowie der Unterbezirksvorstand gemeinsam treffen. Zwar müssen der endgültigen Nominierung am 11. Januar noch die SPD-Delegierten im Landkreis zustimmen. „Wir wollen den Wahlkampf aber nicht viel später als die CDU beginnen“, sagt Grambow. Deshalb gilt das Votum vom 18. November als Startsignal.

Der SPD-Politiker Grambow, der bei der Knappschaft einen Haushalt von 320 Millionen Euro von 100.000 Versicherten mit überwacht, ist gelernter Maschinenschlosser, Oberstleutnant der Reserve und hat Sozialversicherungsrecht studiert. „Ich würde versuchen, die Kreis- und Gemeindeverwaltungen enger zu verzahnen und als Kreis am Rand Hamburgs Brücken zwischen Niedersachsen und der Hansestadt zu schlagen“, sagt Grambow. Dazu gehört für ihn auch, den Schienennahverkehr in der Region zu beleben. „Ein Landrat sollte zudem Sprechstunden wie die Bürgermeister anbieten.“

Claus Wilker, der seit zwölf Jahren als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Hannover tätig ist, war sechs Jahre, von 1996 bis Ende 2002, Mitglied des Rats in Stelle. Dort hatte er von 1985 bis 2011 auch gewohnt, bevor die Familie nach Winsen umgezogen ist. Der Jurist hat sich mit Öffentlichen Recht befasst und während seines Referendariats auch ein halben Jahr in Winsen für den Landkreis gearbeitet. „Grund für meine Bewerbung war auch die Wahl am 22. September. Das für mich enttäuschende Ergebnis der SPD hat mich dazu ermutigt, mich jetzt einzubringen und meinen Hut in den Ring zu werfen“, sagt Wilker. „Ich denke, es ist gut, wenn ein Externer frischen Wind in die Verwaltung bringt.“

Muss die SPD noch zwischen zwei Kandidaten wählen, ist es bei den Grünen im Landkreis hingegen noch vollkommen offen, ob sie einen der bisherigen Kandidaten unterstützen oder vielleicht sogar einen eigenen ins Rennen schicken werden. Erst Anfang der Woche hätten sie in der Partei darüber beraten, dass sie vermutlich jeden Kandidaten der anderen Parteien zu sich einladen wollten, um sich so ein Bild zu machen, sagt die Fraktionsvorsitzende Ruth Alpers. Sie bedauert zugleich, dass es im Vorfeld keine Kandidaten-Absprache mit der SPD gegeben habe.

Generell würde sie es für weit sinnvoller halten, einen unabhängigen Bewerber für das Landratsamt aufzustellen, als an Parteizugehörigkeiten zu kleben. „Es geht doch um die Qualifikation, die die Person fürs Amt mitbringen sollte.“ Auf der Kreis-Mitgliederversammlung von Bündnis 90/Die Grünen am 30. Oktober soll über das Thema Landratswahl erneut gesprochen werden. „Aber ob wir uns da schon festlegen“, so Alpers, „kann ich noch nicht sagen.“

Klar ist hingegen für alle Kandidaten: Sie könne sich noch einmal auf eine achtjährige Dienstzeit einstellen. Zwar hat die Landesregierung zuletzt beschlossen, künftig das Mandat auf fünf Jahre zu begrenzen. Das gilt aber erst für Wahlen ab dem 1. November und damit nicht für die Entscheidung, wer künftig von Winsen aus den Kreis repräsentieren wird.