Der Baum gegenüber dem Standesamt ist stark geschädigt und muss kräftig gestutzt werden

Hittfeld. Seit 116 Jahren steht in Hittfelds Mitte die Kaisereiche, sie wurde am 22. März 1897 zu Ehren Kaiser Wilhelms I. an dessen 100. Geburtstag gepflanzt. 15 Meter ist sie hoch, ihre Krone misst 14 Meter im Durchmesser, mehr als zwei Meter beträgt der Umfang des Stamms. Doch dem stattlichen Baum vor dem Hittfelder Standesamt geht es schlecht. Das wurde bei einer Routinekontrolle festgestellt. Auch der Laie kann erkennen, dass die äußeren Triebe nur dünn mit Blättern bewachsen sind. Zahlreiche Zweige sind abgestorben. Weil die Gemeinde ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen muss, also dafür zu sorgen hat, dass von dem Baum keine Gefahr ausgeht, wird die Krone nun beschnitten. Nach Angaben der Gemeinde Seevetal soll die Pflegemaßnahme heute erfolgen. Bei diesem sogenannten Kronensicherungsschnitt werden die beschädigten Äste entfernt. Dies entlastet zum einen die Krone insgesamt, zum anderen wird so sichergestellt, dass tote Äste nicht unkontrolliert herabfallen können.

Die Gemeinde hatte im August einen Gutachter damit beauftragt, den Gesundheitszustand des Baumes zu überprüfen. Der Gutachter hat zahlreiche Schäden festgestellt: abgestorbene Äste, Pilz- und Insektenbefall, Fäulnis. Die Untersuchung mit einem Schalltomografen ergab zudem, dass der Baum auch im Inneren fault. Trotzdem sei die Eiche ausreichend standsicher, urteilt der Gutachter. Er empfiehlt, die Eiche in vier Jahren erneut mit dem Schalltomografen zu untersuchen.

Was dem Baum über die Jahre zugesetzt hat, liegt im Boden: Immer wieder wurde die Straße aufgerissen, um Leitungen zu verlegen. Das Wurzelwerk des Baumes wurde dadurch in seinem Wachstum stark eingeschränkt. Die Wurzeln können daher den Baum nicht ausreichend versorgen. Deswegen werden die Astspitzen auch nach dem jetzigen Schnitt weiter zurücktrocknen, was weitere Schnitte erforderlich mache. Auch die Selbstheilungskräfte des Baumes seien wegen der Unterversorgung eingeschränkt.

Bauamtsleiter Gerd Rexrodt hatte sich kürzlich vom Zustand des Baumes ein Bild gemacht. Er hatte zunächst befürchtet, dass der Baum nicht zu halten sein würde, wenn der Mitteltrieb entfernt werden muss. Das Gutachten hat genau dies jetzt aber empfohlen, da sich hier die Schäden konzentrieren. Außer den trockenen Spitzen befinden sich hier ein Spechtloch, abgestorbene Rinde, aus der Holzmehl rieselt, und Überreste eines Pilzbefalls. „Der Stämmling kann jederzeit abbrechen und muss bis zum nächsten noch lebenden Stamm gekürzt werden“, so der Gutachter.

Der Baum soll nach dem Willen der Gemeinde dennoch stehen bleiben, so lange es geht. „Wir werden alles in Bewegung setzen, um dem Baum eine Chance zu geben“, betont Gemeindepressesprecher Andreas Schmidt. Das Wachstum solle über mehrere Jahre weiter beobachtet werden. Der Gutachter kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Eiche auch in Zukunft immer wieder zurückgeschnitten werden muss. Dadurch ließe sich der Baum vielleicht „zehn oder 20 Jahre“ erhalten, würde aber zu einem absterbenden Torso werden. Da aufgrund der fortgeschrittenen Verrottung nicht zu erkennen gewesen sei, um welche Pilzart es sich bei dem Befall handelt, könne sich das Absterben auch beschleunigen, sofern es sich um einen besonders aggressiven Pilz handele.

Für Ortsbürgermeister Norbert Fraederich und den Vorsitzenden des Heimatvereins, Henning Drewes, ist die Aussicht auf eine gestutzte Kaisereiche keine gute Nachricht, wenngleich der Baum vorerst stehen bleibt. „Es ist schade um diesen ortsbildprägenden Baum, aber das Gutachten ist eindeutig und lässt keinen anderen Schritt zu“, sagt Fraederich. „Die Kaisereiche ist ein elementarer Bestandteil der Kirchstraße. Der Heimatverein will sich dafür einsetzen, dass hier nach einer langfristigen Lösung gesucht wird“, ergänzt Drewes. „Die Akzeptanz für den Rückschnitt ist inzwischen bei den Allermeisten vorhanden“, bestätigt Schmidt.