Anwohnerinitiative lehnt wegen vorhandener Unterkünfte die Zentrale Erstaufnahme für Asylsuchende in der Post ab

Harburg. Sie fühlen sich von Behörden und Politikern nicht wirklich ernst genommen. Denn selbst wenn die gut 260 Bewohner der Siedlung Wetternstraße, die in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen sind und seit vielen Jahren für Verbesserungen in ihrem Viertel kämpfen, auch positive Zusagen erhielten, so wurden diese in den seltensten Fällen eingehalten.

Nun waren die Bewohner der Siedlung wieder zum Protest auf der Straße, weil ihnen erneut eine Belastung ihrer Wohnsituation in Aussicht steht. Sie befürchten gar deutliche Verschlechterungen. Wie berichtet sucht die Innenbehörde händeringend im gesamten Stadtgebiet nach einem festen Gebäude für eine weitere „Zentrale Erstaufnahme“ als Durchgangsstation, in der Asylsuchende die ersten drei Monate während ihres Prüfverfahrens untergebracht werden können. Als ideales Gebäude ist die nur noch in Teilen genutzte Post an der Harburger Poststraße 1 erkannt worden. Im Gebäude könnten 300 Menschen zentrumsnah untergebracht werden. Es gibt im Gebäude bereits eine große Kantine, in der die Bewohner mit Essen versorgt werden könnten. Lediglich Sanitärräume müssten eingerichtet werden. Die Innenbehörde möchte das Postgebäude für die kommenden zehn Jahre mieten.

Das jahrelange Problem der Wetternstraßen-Bewohner liegt in der Obdachlosenunterkunft an der Wetternstraße 6, in der gut 210 Menschen untergebracht sind - fast ausschließlich allein lebende Männer, darunter Alkohol- und Drogenabhängige, Haftentlassene oder auch psychisch Kranke. Trotz Forderungen und Beschlüssen wird die vom Sozialdienstleister Fördern und Wohnen betreute Einrichtung nachts selten von Wachpersonal kontrolliert. Mehrfach schon sind Bewohner der Siedlung von Besuchern der Unterkunft, darunter Drogendealer, überfallen worden. Die Bürgerinitiative hat die Vorfälle auf einer Karte aufgezeichnet. Iwona Mazurkiewicz, Sprecherin der BI Wetternstraße: „Die Polizei sieht keine außergewöhnlichen Vorkommnisse. Wir erleben aber die Konflikte und sind als Nachbarschaft betroffen.“

Seit Mai dieses Jahres ist 300 Meter von der Wetternstraße entfernt, im Bereich Lewenwerder/Communionsweg, eine ebenfalls von Fördern und Wohnen betreute Wohnunterkunft für 110 Asylanten-Familien in Betrieb. Die Post, in der 300 Asylsuchende untergebracht werden sollen, befindet sich etwa 170 Meter von der Wetternstraße entfernt. Mazurkiewicz: „Bürgermeister Scholz hat in einem Interview gesagt, dass es keine Konzentration von derartigen Einrichtungen in einem Stadtteil geben darf.“

Die Bürgerinitiative sprach am Montag mit den Harburger SPD-Politikern Jürgen Heimath, Claudia Loss und Bernd Kähler. Kommenden Donnerstag folgt ein Gespräch mit Bezirksamtsleiter Thomas Völsch und Hamburgs Innensenator Michael Neumann. Mazurkiewicz: „Wir fordern von den Politikern, endlich Wort zu halten.“ Kommenden Donnerstag will sich die SPD-Fraktion der Bezirksversammlung in ihrer Position festlegen. Jürgen Heimath: „Ich halte nach wie vor eine Verdichtung an der Stelle für unklug. Ich erkenne aber ebenso die Notwendigkeit, dass Hamburg eine Zentrale Erstaufnahme schaffen muss.“ In der Sitzung der Bezirksversammlung am Dienstag, 29. Oktober, wird die Politik Stellung beziehen. Linke und Grüne wollen für die Post als Zentrale Erstaufnahme stimmen. FDP und CDU sind voraussichtlich dagegen. Was der Bezirk will, dürfte letztlich nicht entscheidend sein. Das letzte Wort hat der Senat.

Iwona Mazurkiewicz: „Unser Eindruck ist, dass den Senat die sozialverträgliche Unterbringung der Menschen nicht interessiert. Wir Anwohner werden doppelt bestraft, müssen in einer Gefahrensituation leben und werden als egoistische Wutbürger und Bewohner einer ruhigen Gegend beschrieben.“