Eliška Stölting leitet seit 25 Jahren eine Galerie in Hittfeld und sieht sich als Botschafterin ihres Heimatlandes

Hittfeld. Eine Verkäuferin, das sei sie nicht, sagt Eliška Stölting. Die Inhaberin der Glasgalerie Hittfeld bevorzugt das Wort „Vermittlerin“, denn die Ware, um die es geht, ist aus ihrer Sicht kein seelenloses Etwas, das man ungerührt über die Ladentheke schieben kann. „Ich vermittle geistiges Gedankengut“, sagt die 69-Jährige. Die Leute, die sich für die gläsernen Ausstellungsstücke in dem schmucken Fachwerkhaus an der Kirchstraße interessieren, lassen die Werke intensiv auf sich wirken, bevor sie mit ihr ein Gespräch beginnen. Für den Betrachter hat jedes Werk seine eigene Aussagekraft, die sich erst nach und nach erschließt.

Wer in die Galerie tritt – Hittfelder tun das übrigens seltener als Kunden aus allen Teilen der Welt – spürt gleich die außergewöhnliche Atmosphäre des Ortes. Die gebürtige Pragerin hat sich seit nunmehr 25 Jahren darauf spezialisiert, ausschließlich tschechische Glaskunst höchster Qualität zu zeigen. Dass ihre Arbeit anfangs zu großen Teilen aus Aufbauarbeit bestand, weil das Handwerk weltweit kaum bekannt war, hat sie nicht gestört. Noch heute sei es so, dass die Exponate eher einen überschaubaren Zirkel anziehen. Die Galeristin liebt es klein und exklusiv. Aber warum darf es nur tschechische Kunst sein? „Weil sie einfach die beste der Welt ist“, sagt die zarte Frau mit einem entwaffnenden Lächeln.

Am Sonntag, 20. Oktober, wird sie ab 16 Uhr das Jubiläum ihrer Galerie in Hittfeld begehen und vormittags ab 11.30 Uhr den Neuanfang ihres Sohnes Tom mit einer eigenen Galerie in der Hamburger Hafencity, Am Sandtorpark 14, feiern. Er will in der Hansestadt das weiterführen, was seine Mutter über Jahrzehnte aufgebaut hat. 31 tschechische Künstler präsentieren dann mehr als 90 Objekte, die aus der Zeit der 1980er-Jahre bis heute reichen.

Für Eliška Stölting bedeutet die Neueröffnung ihres Sohnes aber nicht, dass sie sich zur Ruhe setzt. Sie ist einfach zu eng mit ihrer Arbeit in der Galerie verflochten und fährt noch immer mehrmals im Jahr nach Tschechien, um nach Interessantem zu suchen. „Man muss geduldig sein“, sagt sie. Immer wieder muss sie warten und schauen, wie sich das Kunstwerk unter der Hand des Künstlers entwickelt. Die Glaskunst ist kein einfaches Handwerk und hat auch nichts mit der Glasbläserei zu tun. Geschaffen werden Glasplastiken, denen tschechische Künstler in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Durchbruch bereiteten. Bis heute zählen sie zur weltweiten Spitze dieser Kunstrichtung.

Die Galeristin selbst hat ebenfalls eine Ausbildung an einer Glasfachschule in Nordböhmen absolviert und in Glaswerken gearbeitet. Dort lernte sie auch zahlreiche der Künstler kennen, mit denen sie noch heute befreundet ist. Nach einem Kunst- und Pädagogik-Studium arbeitete sie als Direktorin einer Sonderschule, bevor sie 1974 nach Hittfeld kam – „der Liebe wegen“.

1988 hatte sie schließlich ihre erste Ausstellung. Weil es damals noch den Eisernen Vorhang gab, war es schwierig, die Glasplastiken über die Grenze zu bekommen. „Ich wollte es den Künstlern ermöglichen, ihre Werke bekannt zu machen“, sagt sie. Für ihre Verdienste um die deutsch-tschechischen Beziehungen ehrte sie ihr Heimatland später unter anderem mit der Ehrenmedaille des Außenministeriums.

Die Begeisterung für die Plastiken hat sie sich bis heute bewahrt. „Jeder Künstler hat seine eigene Handschrift.“ Während der eine versucht, die Zartheit des Materials zu unterdrücken und bis zu 250 Kilogramm schwere Werke schafft, bearbeitet der andere das Glas mit vorsichtiger Hand wie ein Bildhauer. Einen Kompromiss aus diesen beiden Varianten hat Ilja Bílek gefunden, der zu den 31 ausstellenden Künstlern gehört. „Meteor“ heißt seine Arbeit, für die er das Glas zuerst auf eine Platte gegossen hat, über die er eine geschwungene Metallform legte. Bei 800 Grad Celsius senkte sich das Glas im Ofen dann so über die Form, dass es seine besondere geschwungene Gestalt annahm. „Man erhält so den Eindruck, dass es fließt“, erläutert Eliška Stölting. Um die gegensätzliche Härte des Materials zu demonstrieren, integrierte er einen länglichen Quader, der zugleich als Stütze dient.

Wie groß die Faszination ihrer Kunden für die Glaskunst ist, belegt die Galeristin mit dieser Geschichte: „Einmal ist eine Frau aus Australien um 8 Uhr morgens am Hamburger Flughafen gelandet und von dort zu mir gefahren.“ Um 12 Uhr war die Dame mit einer Glasplastik im Gepäck schon wieder auf dem Rückweg zum Flughafen.