Mit dem Kompensationsflächenpool hilft der Landkreis Harburg Bauherren, ihrer Ausgleichspflicht bei Eingriffen in die Natur nachzukommen

Winsen/Moisburg. Wer aufgrund eines Bauvorhabens schwere Eingriffe in die Natur vornimmt, ist gesetzlich verpflichtet, ökologischen Ausgleich zu schaffen. Weil aber nicht jeder Bauherr – ganz gleich ob Unternehmen, Behörde oder Privatinvestor – eine Fläche oder ein Projekt für eine solche Ausgleichsmaßnahme an der Hand hat, hilft der Landkreis Harburg in solchen Fällen weiter. Seit 2009 hält der Landkreis dafür einen sogenannten Kompensationsflächenpool bereit. In den können sich Bauherren „einkaufen“ und damit ihrer Verpflichtung nachkommen.

Der Landkreis tritt dabei in Vorleistung: Seit 2009 sind – auch mithilfe von Flächenankauf – rund 93 Quadratkilometer in drei Regionen in den Pool teils vorhandener, teils zugekaufter Flächen aufgenommen worden. Hier werden Renaturierungsmaßnahmen schon jetzt oder künftig umgesetzt. Ein Gebiet ist das Estetal bei Podendorf (Gemeinde Moisburg). Hier wurden auf zehn Hektar Aue- und Niedermoorlandschaft ökologisch aufgewertet: Durch Rückbau von Entwässerungsgräben, Anhebung des Grundwasserspiegels, Umstellung auf extensive Landwirtschaft entstand eine typische Flussauenlandschaft. Die natürliche Vegetation ist ebenso zurückgekehrt wie Forellen, die dort auch laichen. Weitere Regionen des Pools sind nach Angaben des Landkreises der Brunsberg in Buchholz und der Drennhäuser Hinterdeich in der Elbmarsch. Die Investitionen für diese Renaturierungsmaßnahmen holt sich der Landkreis über den Verkauf von Ökopunkten zurück, wobei ein Ökopunkt einen Wert von 3,90 Euro hat. Welchen Gegenwert die im Zuge eines Bauvorhabens zu leistende ökologische Ausgleichsmaßnahme hat, also wie viele Ökopunkte der Bauherr kaufen muss, wird durch Gutachter ermittelt. „Dazu hat der Niedersächsische Städtetag eine Berechnungstabelle entwickelt“, erläutert Landkreis-Sprecher Johannes Freudewald. Mit dem Erwerb von Ökopunkten sind Grunderwerb, Herrichtung des Naturraums und die Folgekosten abgegolten.

Das Modell erfreut sich bei Bauherren wachsender Beliebtheit: In nur zwei Jahren hat sich die Zahl der mit dem Landkreis geschlossenen Verträge verdreifacht. „2011 waren es sechs Verträge, 2012 schon zehn, allein für das laufende Jahr bereits 18“, sagt Freudewald. „Wir sind damit sehr zufrieden, da das Projekt auf große Nachfrage trifft.“ Mit dem Pool werde eine Win-Win-Situation geschaffen: Die Naturschutzbehörde kann effizienter arbeiten, die Bauherren könnten ihrer Verpflichtung nachkommen und auch auf die Belange der Landwirtschaft werde eingegangen. „Allerdings tun sich manche Landwirte schwer, Land dafür zu verkaufen“, so Freudewald. Der Kreistag hat daher bei seiner nächsten Sitzung (Montag, 28.Oktober) eine Ergänzung auf der Tagesordnung: Alternativ zum Ankauf sollen demnach auch Grunddienstbarkeiten vereinbart werden können. Das bedeutet, der Landkreis kauft dem Landwirt das Nutzungsrecht an den Flächen ab, der Landwirt bleibt aber Eigentümer. Diese Regelung ist dann auch nicht befristet, sondern besteht so lange wie das Grundstück existiert. Von den 100.000 Euro Jahresbudget für den Flächenpool sollen ab 2014 50.000 Euro für solche Grunddienstbarkeiten vorbehalten werden.

Um den Bürgern die Projekte des Landkreises zu veranschaulichen, ist kürzlich eine Schautafel an der Este von Moisburgs Bürgermeister Hans-Jürgen Steffens, Silke Hiller vom Landkreis Harburg sowie Berthold Hohmann und Ludwig Hauschild vom Heimat- und Verkehrsverein Estetal enthüllt worden. Dieser Verein betreut den Este-Wanderweg, der auch zum Renaturierungsgebiet in Podendorf führt.

Auch am Brunsberg tut sich was: Hier sollen in Kürze Eichen gepflanzt werden, um einen Teil des Kiefernwaldes in Eichenwald umzuwandeln und somit für Artenvielfalt zu sorgen. Derzeit werden Vorbereitungen wie Löcher ausheben und Schutzzäune aufstellen getroffen.