Landesregierung will Zuschüsse auf 400.000 Euro senken. Kritik von der CDU. Landkreis sucht neue Ärztinnen.

Harburg/Hannover. Norbert Böhlke, der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion aus Seevetal, schlägt Alarm. Er fürchtet, dass die ärztliche Versorgung der Menschen in den ländlichen Gemeinden künftig deutlich schlechter wird. Hintergrund ist eine Entscheidung der rot-grünen Landesregierung, die die Förderung für Ärzte, die neue Praxen auf dem Land eröffnen wollen, von 2014 an mehr als halbieren will. Dies, kritisiert der CDU-Politiker, sei ein „völlig falsches Signal“.

Geplant ist, den Gesamtetat von eine Million auf 400.000 Euro zu kürzen. „Diese Maßnahme ist unverständlich. Landärzte werden gesucht, aber Rot-Grün streicht die Fördergelder zusammen,“ sagt Böhlke. Immerhin hatten nach Informationen des CDU-Politikers in Niedersachsen allein 2012 insgesamt 43 Ärzte von den über die Kassenärztliche Vereinigung beantragten Zuschüssen für Personalkosten und den Kauf medizinischer Geräte profitiert.

Insgesamt 400 Hausarztstellen seien derzeit in Niedersachsen unbesetzt, so der CDU-Politiker. In den kommenden zwölf Jahren würden nach Expertenmeinung zudem etwa 1000 Hausärzte in den Ruhestand gehen. Deshalb findet er die Mittelkürzung der Landesregierung „nicht nachvollziehbar.“

Gerade die Gefahr, dass viele Ärzte aus Altersgründen ihre Praxis aufgeben, hatten Politik und Verwaltung des Landkreises bereits im Jahr 2009 ausgemacht. Die Folge war die Gründung der Initiative StadtLandPraxis, über die nun Medizinstudenten, Assistenzärzte und Hausärzte in die Region geholt werden. Dafür wird zum einen auf Plakaten und im Internet geworben. Zudem bestehen aber auch gute Chancen für Assistenzärzte, die ihren Facharzt für Allgemeinmedizin im Kreis machen wollen. Dies ist über die Krankenhäuser in Buchholz und Winsen in drei Jahren sowie über weitere zwei Jahre ambulant in einer Hausarztpraxis möglich. Die Kontakte zu den Kreiskrankenhäusern stellt dabei der Bereichsleiter Soziales des Kreises, Reiner Kaminski, her.

„Wir rechnen zwar bei weiterem Erfolg der Initiative nicht mit einer Unterversorgung im Kreis“, sagt Sabine Regine Klein, die als Personalberaterin den Kreis ehrenamtlich unterstützt. Dennoch soll über die Initiative in den kommenden Monaten noch mehr um Frauen geworben werden. „Wir haben festgestellt, dass Ärzte jetzt gern als Angestellte in Praxen kommen“, sagt Klein. Dies würde sich vor allem für Frauen eignen, die Beruf und Familie miteinander verbinden wollen. „Möglich wären dazu Gemeinschaftspraxen, wenn das finanzielle Risiko einer Neugründung oder Übernahme gescheut wird.“

Verhaltene kritisch sieht die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die für 2014 geplante Kürzung der Förderung. „Wir würden uns natürlich über eine höhere Summe freuen“, sagt Oliver Christoffers, Geschäftsführer der KV für die Kreise Harburg, Lüneburg und Uelzen. Doch der Diplom-Kaufmann verweist auch darauf, dass die Zuschüsse, die auf 50.000 Euro pro Praxis begrenzt sind, eine freiwillige Leistung des Landes seien. „Andere Bundesländer geben gar kein Geld.“ Immerhin war in den Jahren 2012/13 rund 20 Prozent des Etats für neue Ärzte in die Region geflossen. Im Kreis Harburg liegt der Versorgungsgrad im Mittel derzeit bei 90 Prozent. Als Unterversorgung gilt erst ein Wert von 75 Prozent und weniger. Als Rechnungsgröße ist dabei bundesweit ein Verhältnis von einem Hausarzt auf 1671 Einwohner festgelegt.

Im Landkreis gibt es bei der Versorgung allerdings deutliche Unterschiede. So liegt der von der KV errechnete Wert für den Bereich Elbmarsch um Geesthacht bei 117 Prozent, in Buchholz und Winsen bei 85 beziehungsweise 90 Prozent, in der Region um Stelle aber nur bei knapp 75 Prozent. „Die einzelnen Bereiche orientieren sich eher am Einkaufsverhalten der Menschen als daran, von welchen Ärzten sie sich versorgen lassen. Das würden wir gern verändern“, räumt Christoffers ein. Insgesamt nennt er die Lage befriedigend.

CDU-Politiker Böhlke bleibt bei seiner Kritik. Für die medizinische Versorgung in einem Flächenland wie Niedersachsen sei die gute Erreichbarkeit eines Arztes mitentscheidend, sagt er und legt nach: „Diese Tatsache hat das von der CDU-geführten Landesregierung eingeführte Programm berücksichtigt. Die Kürzung des Landärzteprogramms ist insofern ein Beleg dafür, wie wenig die Landesregierung mit den Bedürfnissen der ländlichen Regionen vertraut ist.“