Dieser KVG-Bus ist nicht nur ein Dauerläufer sondern auch ein Filmstar. Oldtimerfreunde retten altes Fahrzeug

Einen offiziellen Namen hat dieser Bus nie bekommen. Nur die orangefarbene Nummer 617 ziert seine beige lackierte Karosserie an Front- und Heckpartie. Und obwohl sich dieser Bus von anderen Fahrzeugen seiner Art für den flüchtigen Betrachter kaum unterscheiden mag, hat er im Laufe seiner 23 Dienstjahre im Fuhrpark der Stader Kraftverkehrsgesellschaft KVG in besonderer Weise auf sich aufmerksam gemacht, denn er war einer der Fleißigsten im täglichen Einsatz, hatte fast nie eine Panne und musste entsprechend selten in die Werkstatt, um sich kurieren zu lassen.

Wer im Fernsehen gern die NDRSerien „Großstadtrevier“ oder „Neues aus Büttenwarder“ anschaut, hat die Nummer 617 vermutlich schon mal auf dem Bildschirm gesehen, denn dieser Bus mit seiner hellen Lackierung ohne Werbeaufkleber spielte bei Filmaufnahmen schon recht häufig eine Statistenrolle. „Auch deshalb ist dieser Bus etwas ganz Besonderes für uns“, sagt der 30 Jahre alte Dennis Drossel, der seit seiner Lehrzeit bei der KVG als Kraftfahrzeugmechaniker arbeitet. Doch nun ist Feierabend für den 1990 von Kässbohrer gebauten Bus des Typs Setra S215 UL. Zumindest für den täglichen Linienverkehr war er nicht mehr geeignet.

Die Geschäftsleitung entschied, den Liniendienst des Busses zu beenden

Die knapp 1,3 Millionen Kilometer, die er im Laufe seines bisherigen Daseins südlich der Elbe, zwischen Lüneburg, Cuxhaven und Bremerhaven, zurück gelegt hat, hatten doch Spuren hinterlassen. Und wegen der bevorstehenden technischen Hauptuntersuchung hätte die KVG noch viel Geld in den Oldie stecken müssen. Technik-Leiter Thies Henning Tietje und Betriebsleiter Norbert Bartels vom KVG-Betrieb in Hittfeld entschieden, den Schlussstrich zu ziehen. Der Setra wurde beim Verkehrsamt abgemeldet und die beiden Kennzeichen WL-KD 713 abgeschraubt. Aber da waren auch die Worte von Kfz-Mechaniker Dennis Drossel erhört worden. Der hat sein Herz an den Bus mit der Nummer 617 verloren und gebeten, das betagte Vehikel als Museumsfahrzeug übernehmen zu dürfen. Sein Wunsch kam an: Betriebsleiter Bartels übergab nun Fahrzeug, Schlüssel und Papiere. Üblicherweise werden ausrangierte Busse aus Deutschland noch ins Ausland exportiert.

Drossel behauptet von sich, vom „Schraubervirus“ befallen zu sein. Er engagiert sich neben seiner Werkstattarbeit auch im 1976 gegründeten Hamburger Omnibus Verein, der schon gut 27 historische Fahrzeuge zählt. Der zweite Vorsitzende des Vereins, Manfred Schwanke, war bei der Fahrzeugübergabe dabei. Um den alten Setra technisch wieder soweit aufzupäppeln, dass er den Prüfstempel der Hauptuntersuchung bekommt, hatte Drossel zusammen mit einem Kollegen fast zwei Monate lang nach Feierabend hart arbeiten müssen. Unter anderem hatte an der Hinterachse ein Teil der Luftfederung den Geist aufgegeben. Ein neues Ersatzteil wäre zu teuer gewesen. Die KVG war behilflich, ein Gebrauchtteil kostengünstig wieder aufbereiten zu lassen.

Der Bus bestand die Prüfung der Hauptuntersuchung und wird vom Hamburger Omnibus Verein bereits am Sonntag, 20. Oktober, dem Verkehrshistorischen Tag in Hamburg, in den Einsatz geschickt. 49 Sitzplätze und 48 Stehplätze zählt er. Der Setra-Bus fährt ab 9.50 Uhr mehrfach ab der Bus-Zentralstation am Bahnhof Harburg zum Anleger Dampfschiffsweg und auch weiter bis Rathausmarkt Hamburg. Vom Anleger Dampfschiffsweg fährt eine alte Hafenfähre zu den St. Pauli Landungsbrücken.

Die Setra Busse des Typs sind von 1984 bis 1995 gebaut worden. Der Museumsbus hat einen 240 PS starken Sechszylinder von MAN und ein handgeschaltetes Sechsgang-Getriebe von ZF. „Du drückst auf den Startknopf und der Bus fährt den ganzen Tag ohne zu murren“, schwärmt Drossel, „das ist noch richtig solide Technik“. Die KVG hatte insgesamt 148 Busse angeschafft, davon sind jetzt noch drei im Einsatz als Schulbusse. Als Linienbusse taugen sie nicht mehr, weil sie im Einstieg vier Stufen haben und damit nicht behindertengerecht sind. Heute haben moderne Niederflurbusse nur eine Stufe zwischen Straße und Einstieg. Die KVG verfügt über 310 eigene Busse. Zusammen mit Subunternehmern zählt der Fuhrpark 455 Fahrzeuge. Bedient werden 198Linien. Der Betrieb zählt insgesamt 711 Beschäftigte.