Stadtteilaktion: Vincent Schulze besprüht und bemalt die vormals grauen Behälter mit vielfältigen Motiven

Neugraben. Grau, trist, einfach hässlich. Das sind drei Worte, die einen Stromkasten am Straßenrand üblicherweise treffend beschreiben. Auf die Idee, einen Kasten mit den Worten farbenfroh, kreativ und einzigartig zu beschreiben, würden nur Wenige kommen. Wer allerdings in Neugraben wohnt, könnte sich schon eher dazu verleitet sehen. Denn dort erstrahlen immer mehr dier tristen Dinger in bunten Farben und mit schönen Motiven vom alten Stadtfoto bis hin zur Landschaft.

Dahinter steckt die Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg (steg). Das zuständige Stadtteilbüro Neugraben hat sich das Ziel gesetzt, die Stromkästen des Stadtteils zu einem echten Blickfang zu machen. Die bunten bilder dienen noch einen weiteren Zweck. Die Aktion soll vor Schmierereien schützen.

Für das Projekt wurde der Hamburger Künstler Vincent Schulze engagiert. Der 29-Jährige hat bis vor wenigen Monaten noch Kommunikationsdesign studiert. Mittlerweile verdient er mit exklusiver Wandmalerei seinen Lebensunterhalt. Vincent Schulze begann vor drei Jahren mit dem Bemalen und Besprühen der Stromkästen in Eimsbüttel. Zu dieser Idee kam er durch den Kommunalpolitiker Thomas Thomsen (CDU). Der hatte vorgeschlagen den Stadtteil Eimsbüttel so attraktiver zu gestalten. „Ich war sofort von der Idee begeistert“, sagt Schulze. Er habe schon viele Stromkästen im Hamburg besprüht.

„Es gibt auch Privatleute oder Geschäftsleute, die mich engagieren, um ihren Stromkasten vor der Tür zu verschönern.“ Schulze kümmert sich selbstständig um die Genehmigung vom Bezirksamt für die Bemalung der Stromkästen und ist für alle Motive offen. „Ihre Ideen sind meine Inspiration“, sagt Schulze. Bevor er mit einem Stromkasten beginnt, fertigt er einen digitalen Entwurf an. Damit kann er ganz sicher sein, dass er den Geschmack seiner Kunden auch trifft.

Im vergangenen Jahr startete das Projekt in Neugraben. Auf einer Versammlung des Stadtteilbeirats stellte der Künstler sich vor. Die steg war daran interessiert, Stromkästen mit verschiedenen künstlerisch anspruchsvollen Motiven zu gestalten und entschloss sich, Vincent Schulze dies umsetzen zu lassen.

Vier Verteilerkästen wurden bis jetzt in Neugraben mit den unterschiedlichsten Motiven verschönert. Ein Kasten steht auf dem Wochenmarkt in Neugraben, ein anderer in der Neugrabener Bahnhofstraße und zwei weitere im Brunnenschutzgebiet. „Natürlich gibt es Einschränkungen bei der Wahl der Motive. Sie sollen Bezug zum Stadtteil oder Standort haben, wie zum Beispiel zum Wochenmarkt“, sagt Schulze.

Der Stromkasten auf dem Wochenmarkt in Neugraben ist kaum zu übersehen. Als die Marktbeschicker auf der Versammlung davon erfuhren, waren sie sofort bereit, sich an der Aktion zu beteiligen. „Ich wollte den hässlichen grauen Kasten weg haben“, so Nils Holst, Besitzer eines Fischfeinkoststands. Also wurde die Gestaltung des Kastens nicht nur durch die Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Neugraben sondern auch aus dem Gemeinschaftstopf der Marktbeschicker finanziert: Rund 1200 Euro. Die Bilder auf den übrigen drei Kästen in Neugraben hat die steg allein finanziert.

Für einen Stromkasten muss der Küsntler wenigstens einen Tag Arbeit investieren. ZUnächst wird der Kasten gesäubert und grundiert, anshcließend wird das Motiv aufgesprüht. Doch die Arbeit hat sich ausgezahlt. Die künstlerischen Stromkästen stoßen auf positives Echo. „Eine wirklich tolle Idee“, sagt Anja Gerner, die mit ihrem Käsewagen auf dem Markt steht. „Viel schöner als vorher“, sagt Gabrielle Steinbeck, die den Anblick der schönen Bilder genießt. „Das sieht doch viel besser aus als wenn die Kästen voll geschmiert werden“, so Werner Leydecker aus Neugraben.