Plötzlich genehmigt die Bauprüfabteilung nun doch die Fassadendämmung

Harburg. Es scheint, als hätte die Bezirksverwaltung Harburg in Sachen Denkmalschutz viel Rauch um nichts gemacht. Noch in diesen Tagen können die Arbeiten am sogenannten Herbert-Wehner-Haus, Julius-Ludowieg-Straße9, weiter gehen. Der Fassadenstuck an dem mehr als 100 Jahre alten Haus muss einer modernen Wärmedämmung weichen.

Wie berichtet, hatten Bauarbeiter im Auftrag der SprinkenhofAG, sie verwaltet die städtische Immobilie, die Fassade des Hauses eingerüstet und den alten Stuck abgeschlagen, als Vorbereitung für die neue Fassadendämmung. Mieter des Hauses hatten sich an das Abendblatt gewendet und sich darüber empört, dass der alte Stuck einfach abgeschlagen worden war. Das Bezirksamt schlug Alarm, verhängte einen sofortigen Baustopp mit dem Hinweis, weder sei die Arbeit mit dem Denkmalschutzamt abgesprochen, noch liege der Harburger Bauprüfabteilung ein Bauantrag für die Arbeiten vor. Die SprinkenhofAG kam in Erklärungsnot und räumte das Fehlen einer Baugenehmigung ein. In Sachen Denkmalschutz aber, so hieß es aus dem Vorstand, sei man sich keiner Schuld bewusst, da das Haus nicht unter Denkmalschutz stehe.

Das Haus Nummer9 steht zwar nicht unter Denkmalschutz, fällt aber unter den Umgebungsschutz, weil es in direkter Nachbarschaft des denkmalgeschützten Rathaus-Ensembles steht. Damit dürfen an dem Haus nur Veränderungen vorgenommen werden, die das Denkmal nicht „erheblich beeinträchtigen“. Abgeschlagener Stuck beeinträchtigt das denkmalgeschützte Nachbarhaus offensichtlich nicht. „Wir hatten eine mündliche Zusage des Denkmalschutzamtes, dass die Arbeiten das denkmalgeschützte Rathaus-Ensemble nicht beeinträchtigen“, sagte Henning Tants, Vorstandsprecher der Sprinkenhof AG, nachdem das Bezirksamt den Baustopp verhängt hatte.

Die städtische Immobiliengesellschaft stellte nun am 30. September einen Bauantrag für die Wärmedämmung am Haus Nummer9. Und der wurde ganze vier Tage später positiv von der Harburger Bauprüfabteilung beschieden, und zwar ohne dass die SprinkenhofAG das Denkmalschutzamt erneut involviert hätte und ohne jede Einschränkung. Der Bescheid der Harburger Bauprüfabteilung zur „Energetischen Modernisierung der Straßenfassade, Erneuerung der Gauben“ liegt dem Abendblatt vor.

Bei der Sprinkenhof AG fühlt man sich vorgeführt von der Harburger Verwaltung. Auf Nachfrage bei der Bezirksverwaltung teilte Verwaltungssprecherin Beatrice Göhring jetzt lapidar mit: „Uns ist nicht bekannt, ob das Denkmalschutzamt nun seine Genehmigung für die Arbeiten erteilt hat. Es liegt im Interesse des Bauherrn, die Stellungnahme des Amtes einzuholen. Unsere Bauprüfabteilung prüft nicht, ob das Denkmalschutzamt tatsächlich seine Zustimmung zu den Arbeiten gegeben hat. Das entsprechende Gesetz schreibt nicht vor, dass die beiden zuständigen Behörden miteinander kommunizieren.“

Das überrascht, nachdem die Harburger Bauprüfabteilung zuerst die Baustelle mit sofortiger Wirkung stoppte, unter anderem mit dem Hinweis, das Denkmalschutzamt sei nicht eingeschaltet worden. Zudem Tants versichert, die SprinkenhofAG habe eine mündliche Stellungnahme vom Denkmalschutzamt eingeholt, bevor sie die Bauarbeiten begonnen hatte. Hat der Senat da vielleicht nachgeholfen? Die Hansestadt Hamburg steht unter Druck, will sie doch ihre Klimaschutzziele, bis zum Jahr 2020 die Kohlendioxid-Emission um 40 Prozent zu reduzieren, erreichen. Zum Klimaschutzkonzept Hamburgs gehört auch die energetische Modernisierung, also auch die Dämmung, der städtischen Gebäude. Da stört der alte Stuck. Sprinkenhof-Vorstandssprecher Henning Tants versichert, dass die neue Fassade nicht einfach glatt werde. „Wir werden da etwas Ordentliches hinbauen“, so Henning Tants.

„Ich kann nur hoffen, dass wirklich alle Beteiligten des Verfahren auch in der Tat beteiligt wurden, und hier nicht irgendwas im Hauruckverfahren durchgepeitscht wurde. Aber skurril ist die ganze Angelegenheit dennoch“, sagt Sören Schumacher. Der Harburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete hat sein Büro in dem Haus. in der Julius-Ludowieg-Straße. Nach seinen Informationen werde nun zuerst die vordere Fassade gedämmt, für die hintere Fassade fehle das Geld, so Schumacher.