Austauschprogramm des Buchholzer Alber-Einstein-Gymnasiums und des Gymnasiums Hittfeld startet wieder im Januar 2014

Buchholz/Hittfeld. „Was die Buchholzer können, können wir auch“ – das hat Stefan Weinreich gedacht und sich ebenfalls für das Abenteuer Indien entschieden. Am 2. Januar wird der Leiter des Hittfelder Gymnasiums gemeinsam mit zwölf Schülern seiner Schule, zwölf Schülern des Buchholzer Albert-Einstein-Gymnasiums (AEG) und Lehrerkollegen in den Flieger gen Osten steigen, um Land und Leute ganz genau kennenzulernen. Bis zum 10. Januar werden die Reisenden aus dem Landkreis Harburg in Kattappana im Südwesten Indiens bleiben, um die Theorie einer Seminararbeit mit einem unvergesslichen Praxiserlebnis zu verknüpfen.

Das AEG ist in dieser Hinsicht bereits ein alter Hase. Zwölf Schüler des elften Jahrgangs haben im vergangenen Schuljahr schon einmal die Reise zu dem „außerschulischen Lernort“ angetreten, wie Schulleiter Hans-Ludwig Hennig die 40.000-Einwohner-Stadt Kattappana in der Region Kerala bezeichnet. Der Kontakt dorthin besteht seit dem Jahr 2004, als das AEG über Martin Cherian von der Deutsch-Indischen Gesellschaft (DIG) in Winsen ein Hilfsprojekt aufbaute, bei dem die Buchholzer regelmäßig Geld für den Bau von Häusern sammeln, Patenschaften für Kinder übernehmen und die örtliche Schule, die Auxilium School, mit Computern und anderen Unterrichtsmaterialien unterstützen.

Auch das Hittfelder Gymnasium unterhält seit Jahren Kontakte in dieselbe Stadt, allerdings nicht zur Auxilium School, sondern zur Ossanam School. Als nun im vergangenen Winter die Buchholzer „ihre“ Partnerschule besuchten und die Schüler anschließend eine Seminararbeit über die Reise schrieben, guckten die Ossanam-Leute in die Röhre. „Das ging einfach nicht“, sagt Hennig. Er wurde zwar von seiner Frau Birgit begleitet, die wiederum Lehrerin am Hittfelder Gymnasium ist, aber da der Chef Stefan Weinreich nicht dabei war, blieb der Besuch inoffiziell.

Jetzt wollen auch die Hittfelder offiziell mitreisen und können dabei von den Erfahrungen der Buchholzer profitieren. Ein erstes Treffen der beiden Schulen hat es bereits gegeben, es folgt nun die methodische Vorbereitung der Reise und das Konkretisieren der Schülerarbeiten. Fester Bestandteil wird in diesem Jahr beispielsweise erstmals ein nachmittäglicher Besuch in einer indischen Familie sein, um den Alltag der Einheimischen hautnah zu erleben. Denn anders als bei einem klassischen Schüleraustausch werden die deutschen Jugendlichen nicht bei Gasteltern leben, sondern in einem Hotel. Die schlechten hygienischen Verhältnisse wären ein zu großes Risiko für sie.

Aus genau diesem Grund waren auch einige Buchholzer und Hittfelder Eltern in Sorge, ob sie ihre Kinder tatsächlich an so einer ungewöhnlichen schulischen Reise teilnehmen lassen können. „Meine Mutter hatte anfangs Bedenken, aber dann ging es doch“, sagt die Buchholzer Schülerin Lynn, 15. Sie selbst ist noch nie außerhalb Europas unterwegs gewesen und freut sich deshalb ganz besonders auf die Tage in Indien. Ihr Thema wird die medizinische Versorgung in der Region sein, dazu wird sie unter anderem erforschen, wie die Krankenhäuser arbeiten, welche Ausbildung Ärzte und Krankenschwestern haben und in welchen Fällen die Inder überhaupt zu Ärzten gehen.

Ihre Mitschülerin Samara, 16, wird die Lebensbilder einer indischen Familie studieren, während Hanna, 15, speziell die Rolle der Frau beleuchten will. Auslöser für diese Themenwahl seien die zahlreichen jüngsten Fälle von Vergewaltigungen in dem Land gewesen, sagt sie. Der Hittfelder Schüler Malte, 16, möchte sich mit den indischen Gewürzen und der Landwirtschaft generell auseinandersetzen, Thea, 16, will das Wasserstraßennetz in Kerala, die sogenannten Backwaters, näher erkunden und es mit den Bergregionen vergleichen, und Miriam, 15, wirft ebenfalls einen Blick auf die Familienstruktur inklusive der Rolle von Mann und Frau. „Ich finde es unglaublich interessant, eine andere Kultur kennenzulernen“, schwärmt Sophia, 16, die sich für ihre Seminararbeit unter anderem mit der religiösen Bedeutung von Schminke und Henna befassen will.

Um den Kontakt zu den Menschen vor Ort im Vorfeld herzustellen, sei Martin Cherian schon jetzt nach Indien gefahren, berichtet Hans-Ludwig Hennig. So soll sichergestellt werden, dass die Gesprächspartner der Schüler auf die jeweiligen Themen vorbereitet sind und alles reibungslos abläuft. Erst nach der Reise werden die Schüler ihre Rechercheergebnisse schriftlich zusammenfassen, was dann auch benotet wird.

Jeder Reiseteilnehmer sei über die nötigen Impfungen informiert worden, sagt Hennig. Und um von den Erfahrungen des vorherigen Jahrgangs zu profitieren, sollen die jetzigen Elftklässler an der Seminararbeit-Präsentation der Zwölfer vor den Weihnachtsferien teilnehmen. „Unsere Schüler sind sich darüber im Klaren, dass die Reise nicht mit einem Frankreich-Austausch zu vergleichen ist“, sagt Stefan Weinreich, der so wie viele seiner Schüler den europäischen Kontinent bisher noch nie verlassen hat. Damit auch die folgenden Jahrgänge beider Schulen Gelegenheit haben, diese außergewöhnliche Erfahrung zu machen, soll die Indienfahrt mindestens in den kommenden fünf Jahren fortgeführt werden.