Die Staus auf den Autobahnen pflanzen sich in Harburgs Randbereiche fort. Das bringt auch Kinder in Gefahr

Langenbek/Sinstorf/Marmstorf/Eißendorf. Jeden Morgen dieselbe Ansage im Autoradio: „Stau auf der A1 zwischen Maschener Kreuz und Harburg und auf der A7 zwischen Horster Dreieck und Waltershof.“ Schuld sind zwei Baustellen. Dadurch entstehen auch lange Staus auf der A261, der B4 und der B75. Der Verkehr sucht sich längst auch seinen Weg durch Harburger Wohnquartiere – nur um hier weitere Blockaden zu produzieren. In Marmstorf wurde nun darauf reagiert – mit einer weiteren Straßensperrung. Das klingt paradox, soll aber Kinder schützen.

Wer morgens in Harburgs Außenquartieren stadteinwärts unterwegs ist, muss Geduld haben: Nicht nur auf den großen Einfallsrouten Winsener, Bremer und Eißendorfer Straße stauen sich die Autos, sondern mittlerweile auch auf den kleineren und kleinsten Wegen dazwischen. Anwohnerstraßen, wie Sinstorfer Weg, Marmstorfer Poststraße oder Beerentalweg machen der Bezeichnung „Schleichweg“ im Moment alle Ehre. Oft gewinnen die Autofahrer dadurch nichts.

Statt sich beispielsweise 10 Minuten im stockenden Verkehr die Winsener Straße hinabzubewegen, bis der Verkehr so etwa ab dem Freudenthalweg wieder rollt, biegen viele in Richtung Sinstorf ab, um über Marmstorf weiter zu kommen. Nützen tut dies den Ausweichern wenig: Im Marmstorfer Kern staut sich der Verkehr ebenfalls, denn hier kommt auch noch anderweitig ausgewichener Einfallsverkehr über die Marmstorfer Poststraße hinzu, außerdem zwei Ampeln sowie der Verkehr aus ganz Marmstorf. Zur Winsener Straße kommen die Marmstorfer derzeit nämlich nicht: Die Straße Am Frankenberg ist voll gesperrt. Gute 15 Minuten dauert die „Abkürzung“

„Hier zeigt sich, dass die Bautätigkeiten in Hamburg ganz schlecht koordiniert sind“, schimpft Rainer Bliefernicht. Der CDU-Bezirksabgeordnete ist direkt betroffen. Er wohnt im alten Marmstorfer Ortskern. „Wenn demnächst auch noch die Bauarbeiten an der Friedhofskreuzung der Bremer Straße anfangen, droht hier der Verkehrsinfarkt . Ich hoffe, dass die Politik hier Weisheit beweist und diese Baustelle erst starten lässt, wenn die Arbeiten auf der A7 abgeschlossen sind.“

Verantwortlich für die Situation macht Bliefernicht planerische Versäumnisse der letzten Jahrzehnte. Hauptsächlich tragen seiner Meinung nach SPD-geführte Senate Schuld am Dilemma, „aber auch wir haben da Chancen verpasst und die A26 und die Hafenquerspange nicht energisch genug vorangetrieben, als wir die Gelegenheit hatten“ , sagt der Christdemokrat.

Wenigstens morgens hat Bliefernicht allerdings jetzt etwas Ruhe: Direkt vor seiner Haustür wird Autofahrern, die von der Marmstorfer Poststraße und vom Lürader Weg kommen, die Durchfahrt durch den Feuerteichweg verwehrt. Das Verbot gilt zwischen sieben und neun Uhr morgens.

Nicht, dass Bliefernicht als Kommunalpolitiker selbst dafür gesorgt hätte: „Ich war selber ganz überrascht“, sagt er. „Ich habe solche Planungen gar nicht mitbekommen.“

Die Verbotsschilder hat die Polizei aufgestellt: „Wir haben festgestellt, dass dort Kinder auf ihrem Schulweg gefährdet sind“, sagt Jenst Splettstößer vom Polizeikommissariat 46. „Deshalb haben wir gehandelt.“

„Das mit den Schulkindern stimmt“, sagt Rainer Bliefernicht, „hier sind Autos mit Vollgas über das Kopfsteinpflaster gerast, weil sie dachten, so den Stau um fünf oder sechs Autos überholen zu können.“

Ein Fußstreifenpolizist soll das Verbot morgens durchsetzen. „Denn von alleine hält sich nicht jeder dran“, weiß Bliefernicht. Das sieht er jedesmal, wenn der Polizist mal nicht da ist.

Ein Mittel gegen die Staus weiß auch Bliefernicht nicht: „Da muss man den Bürgern klar sagen, dass es die nächsten Monate wohl so bleiben wird“, sagt er. Die Bauarbeiten auf der A1sollen im Oktober abgeschlossen sein, die auf der A7 zwar schon Ende der Woche, dafür wird dort im November die nächste Baustelle eingerichtet.