Die Bürgerinitiative sieht 75 Prozent ihrer Forderungen zur dauerhaften Verkehrsberuhigung umgesetzt

Wilstorf. Am vorvergangenen Wochenende hat es in der Vogteistraße wieder einmal gekracht. In der Kurve am Kriegerdenkmal, unweit der Kita „Villa Kunterbunt“, kollidierte der Anhänger eines Lastwagens mit einem Linienbus. Eine Scheibe barst just an jener Stelle, wo normalerweise Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer im Bus ihren Platz haben. Zum Glück saß der einzige Fahrgast weit entfernt.

„Der jüngste Unfall zeigt deutlich, dass die Diskussion um wirksame Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in diesem Straßenzug richtig und wichtig ist und unbedingt weiter geführt werden muss“, sagt Isabel Wiest, die Sprecherin der Bürgerinitiative Vogtei- und Jägerstraße (BIVJ). Gelegenheit dazu war unter anderem am Dienstagabend, als im Großen Saal des Harburger Rathauses der Ausschuss für Inneres, Bürgerservice und Verkehr tagte. Bei dieser Sitzung präsentierte Stefan Paul vom Ingenieurbüro Lehne, wie eine nachhaltige Umgestaltung des Straßenzugs durch die Stadtteile Wilstorf und Rönneburg aussehen könnte.

Vorrangige Maßnahmen sind aus Sicht der Verkehrsplaner klare Hinweise auf die Tempo-30-Zone an der westlichen und östlichen Einmündung in Jäger- und Vogteistraße sowie der Einbau verschiedener Inseln. Sie sollen zum einen die Fahrbahn verengen, zum anderen verschwenken. Auf diese Weise soll eine natürliche Temporeduzierung der Fahrzeuge erzielt werden. Diesem Ziel dient auch der Rückbau von Buchten an Haltestellen. „Wenn die Busse auf der Fahrbahn halten, trägt auch das zu einer Entschleunigung des Verkehrsflusses bei“, so Stefan Paul.

Damit Fußgänger – insbesondere Kinder auf dem Weg zur Schule – die Straße sicher überqueren können, sollen alle bestehenden Lichtsignalanlagen erhalten bleiben. Am Küstersweg wird zudem die Umwandlung in eine Ampel mit Bedarfsanforderung empfohlen, da es dort auch eine Bushaltestelle gibt, die im „Ernstfall“ schnell und sicher erreicht werden soll. Überdies soll der Wechsel der Straßenseite durch eine Verengung der Fahrbahn und so genannte Sprunginseln (Fahrbahnteiler) erleichtert werden.

„Im Großen und Ganzen sind wir mit der Einbindung in den Umgestaltungsprozess und dem jetzt vorliegenden Entwurf zufrieden“, sagt Isabel Wiest, die etwa 75 Prozent der Forderungen der Anwohner berücksichtigt sieht. Die Ausgestaltung des Straßenzugs als Tempo-30-Zone sei ein großer Erfolg. „Der Wille ist da, endlich Geld in die Hand zu nehmen, um die Probleme zu lösen. Darüber freuen wir uns sehr“, so Wiest. Die Bürgerinitiative hätte aber noch einige Punkte, an denen unbedingt nachgebessert werden sollte. „Etliche Maßnahmen wirken nur optisch, werden aber kaum zu einer anhaltenden Geschwindigkeitsdämpfung führen“, kritisiert Isabel Wiest.

Die Kritik bezieht sich vor allem auf die geplanten Mittelinseln, die teilweise durch Bäume und Sträucher begrünt werden sollen. Sie würden die Fahrbahn zwar teilen und abschnittsweise verengen. Doch ob dort wirklich langsamer gefahren werde, sei fraglich. Außerdem würden bei dieser Variante Parkplätze verloren gehen und die Straße noch näher an die Wohnhäuser herangeführt werden, als das bislang der Fall sei.

Deshalb plädiert Isabel Wiest nachdrücklich dafür, die provisorischen Plastikpoller zur Fahrbahnverschwenkung nicht nur in dauerhafte Halbinseln zu verwandeln, sondern noch viel mehr dieser Hindernis-Zungen zu installieren: „Beidseitige Versätze sind einfach wirkungsvoller. Der Gegenverkehr muss gezwungen werden abzubremsen, nur so kann das Tempo wirksam gedrosselt werden.“

Auch in Sachen Schwerlastverkehr sieht die Bürgerinitiative noch erheblichen Handlungsbedarf, wie der jüngste Unfall gezeigt habe. So bleibe unverständlich, warum am Meckelfelder Weg die Hinweisschilder zur Autobahn entfernt worden seien, weshalb sich noch immer viel zu viele Lastwagen durch den Straßenzug wälzen würden.

Und noch ein Thema treibt die BI weiter um. Eine Tragfähigkeitsprüfung des Straßenzugs, wie sie unter anderem auch von der CDU-Fraktion gefordert worden war, hat bis heute nicht stattgefunden. Das Bezirksamt verwehrte entsprechende Probebohrungen 2012 mit dem Hinweis darauf, der Unterbau der Straßen sei für den dort fließenden Verkehr „ausreichend dimensioniert“. Bei ihrem Bau 1953 mit Kopfsteinpflasterbelag wären sie für „jegliche Belastung“ konstruiert worden. Dass dies noch heute, 60 Jahre später, uneingeschränkt gilt, darf bezweifelt werden.

Gerrald Boekhoff, Fachamtsleiter Management des öffentlichen Raumes, sieht das „Projekt Jäger-/Vogteistraße“ unterdessen auf einem guten Weg. „In vielen Punkten sind wir schon im grünen Bereich.“ Doch erst, wenn Bürgerinitiative und Politik sich abschließend geäußert hätten, könne es an die Feinplanung der nötigen Baumaßnahmen und eine „abgestimmte Haushaltsvorlage“ zur Finanzierung gehen. Nach jetzigen Schätzungen könnte die gesamte Umgestaltung bis zu 500.000 Euro kosten. Boekhoff rechnet damit, dass die letzten offenen Fragen bis Ende Oktober geklärt sind.