Der Landkreis Harburg stellt sich auf den Zuzug weiterer Asylbewerber ein. Unterkünfte sind knapp

Buchholz. Der Abriss ist beschlossen, doch bevor die Bagger an der ehemaligen Zivildienstschule Buchholz anrücken, hilft das Gebäude dem Landkreis Harburg aus einer akuten Not: Bereits im Oktober sollen Asylbewerber hier eine vorübergehende Unterkunft finden (wir berichteten). Voraussichtlich bis Januar 2014 könnten hier rund 40 Personen ein Dach über dem Kopf finden. Doch: Weitere Unterkünfte werden händeringend gesucht. Unter anderem in Neu Wulmstorf und Stelle werden derzeit weitere Einrichtungen auf ihre Tauglichkeit begutachtet. Mehr als 150 Optionen hat der Landkreis nach eigener Darstellung geprüft und aus verschiedensten Gründen verworfen. Da wöchentlich etwa 20 zusätzliche Flüchtlinge eintreffen, wird der Platz in geeigneten Unterkünften langsam knapp. Im Abendblatt erklärt Reiner Kaminski, Bereichsleiter Soziales des Landkreises Harburg, die Situation.

Hamburger Abendblatt:

Herr Kaminski, jede Woche kommen 20 neue Asylbewerber in den Kreis. Wie sieht die Strategie aus, um sie alle unterzubringen?

Reiner Kaminski:

Wir setzen uns seit Ende 2012 mit dem Problem auseinander. Es gibt Angebote für Gebäude und Wohnungen von ortskundigen Maklern und den Gemeinden. Jeden Monat prüfen meine Mitarbeiter 20 bis 25 Vorschläge. Leider haben sich dabei auch 150 von ihnen als nicht geeignet erwiesen. Zum Glück finden sich immer wieder kurzfristig Möglichkeiten, neue Räume zu beziehen. So konnten wir bislang Engpässe überbrücken bis größere Unterkünfte zur Verfügung standen, die von uns langfristig geplant werden. Auf diese Weise haben wir immer Lösungen gefunden.

600 Asylbewerber wurden bisher aufgenommen. Wie hoch schätzen Sie die Kapazität des Kreises ein?

Kaminski:

Wir haben derzeit über die ehemalige Zivildienstschule in Buchholz hinaus sechs neue Unterkünfte mit 210 Plätzen fest eingeplant, die ab Mitte Oktober bis Anfang Februar zur Verfügung stehen. Verhandelt wird über weitere zehn Unterkünfte mit knapp 400 Plätzen. Lassen sich nur fünf realisieren, wären das weitere neue 200 Plätze. Hochgerechnet bis Ende 2014 könnten mit weiteren Unterkünften insgesamt 1200 Menschen untergebracht werden.

Wie hoch sind die Kosten? Wie viel wird vom Land Niedersachsen erstattet?

Kaminski:

Die Gesamtkosten für die Versorgung der Asylbewerber lagen 2012 bei 3,3 Millionen Euro. Für 2013 sieht die Haushalts-Planung 5,54 Millionen Euro vor und für 2014 rechnen wir mit einer weiteren Steigerung. Das Land wird für 2013 rund zwei Millionen Euro an den Kreis zurückzahlen. Das wir längst nicht ausreichen, um alle Kosten von der Unterbringung über Lebensmittel bis hin zu den Behandlungskosten zu decken. Die Differenz von rund 3,5 Millionen Euro muss der Kreis aus eigenen Haushaltsmitteln decken. Diese Kosten machen sich im Haushalt durchaus bemerkbar.

Wie viele Asylbewerber werden länger bleiben? Was bedeutet das für das Leben im Kreis?

Kaminski:

Nach den Zahlen des Nürnberger Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird etwa ein Viertel aller Asylbewerber anerkannt beziehungsweise erhalten ein dauerndes Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen. Diese Menschen bleiben dann. Aber allein die Verfahren dauern meist mehrere Jahre. So ist damit zu rechnen, dass die meisten der Asylbewerber mittelfristig hier wohnen werden.Derzeit leben im Kreis 245.000 Menschen, davon sind 11.000 Ausländer. Das entspricht 4,5 Prozent, nicht viel gegenüber den Anteilen in Großstädten. Heute gehören zu den Einwohnern im Kreis Menschen aus 140 Nationen. Zu ihnen kommen nun die Asylbewerber. Ich glaube, dass die Menschen hier weltoffen genug sind, um auf sie zuzugehen und auch bereit sind, mit den neuen Kulturen entspannt zurecht zu kommen.