Künstler aus den unterschiedlichsten Bereichen präsentieren sich beim zehnten Harburger Kulturtag. Das Hamburger Abendblatt stellt sie alle ineiner Serie vor. Heute: Kerstin Nagel-Stein

Beim Harburger Kulturtag am 26. Oktober erwartet die Besucher ein Rundumschlag in Sachen Kultur: Stolze 20 Teilnehmer aus der Harburger Kulturszene öffnen an jenem Tag ihre Türen, darunter diverse Galerien, die Graffiti-Wand „Hall Of Fame“, Musik- und Theatereinrichtungen und mehrere Museen. Weil man bei so viel Angebot schon mal den Überblick verlieren kann, was einen an welcher Station erwartet, stellt das Hamburger Abendblatt vorab alle Teilnehmer einzeln vor.

Die bildende Künstlerin Kerstin Nagel-Stein hält schon im Vorfeld einen Rekord inne, und zwar den der kleinsten Ausstellungsfläche des Kulturtags. Kerstin Nagel-Stein präsentiert ihre fantasievollen Bilder nämlich nicht in ihrem Atelier oder einer Galerie, sondern auf einer kleinen Barkasse, die am Kanalplatz vor Anker liegt. Ein Programmpunkt, den es beim Kulturtag in dieser Form noch nicht gegeben hat. „Damit holen wir die Kunst aus dem üblichen Ausstellungsraum Atelier oder Museum heraus in einen anderen Kontext“, so Nagel-Stein. „Ich finde das total witzig, es ist etwas Besonderes.“

Die Idee entstand, weil das heimische Atelier der Harburger Künstlerin sich als Ausstellungsort für den Kulturtag nicht eignete. Auf der Suche nach Räumlichkeiten sprach sie Bekannte und Freunde an, bis der Harburger Peter Steljes ihr schließlich seine private Barkasse anbot. „Sinn und Aufgabe des Kulturtags ist es ja auch Menschen, die sonst nicht an Kunst interessiert sind, dazu zu bewegen, sich einige Sachen mal anzuschauen. Die Barkasse ist vielleicht noch ein zusätzlicher Anreiz“, erklärt Nagel-Stein. „Wir werden die hintere Wand schließen, so dass wir dort und im Steuerraum Bilder aufhängen können. Man kann sie entweder vom Land aus betrachten oder die Barkasse betreten.“

Zwar finden auf der Barkasse nur zehn bis 15 Bilder Platz, doch die ausgestellten Arbeiten spiegeln trotzdem die Vielseitigkeit von Kerstin Nagel-Stein wieder. Neben Öl- und Acrylmalerei werden auch Collagen zu sehen sein. Anwechslungsreich sind dabei auch die Motive. Der Natur widmet Nagel-Stein sich ebenso wie Menschen oder auch Selbstportraits. „Ich finde es spannend, ganz unterschiedlich zu arbeiten“, sagt die 48-Jährige. „Es mag die Betrachter vielleicht überraschen, dass die Bilder von ein und derselben Person kommen, aber ich will eben immer ganz viel ausprobieren.“

Der Ausstellungstitel „sichbarunsichtbar“ steht dabei für die Art und Weise, wie Nagel-Stein Malerei sieht. „Ich habe schon eine konkrete Idee, wenn ich male“, sagt wie. „Aber dabei beeinflussen einen immer auch unsichtbare Dinge wie Emotionen und Stimmungen. Die Betrachter allerdings sehen in den Bildern dann vielleicht etwas ganz anderes als ich. Das heißt: Was objektiv sichtbar ist, bedeutet für jeden etwas anderes.“

Für Nagel-Stein ist es die erste Teilnahme am Harburger Kulturtag. Die gelernte Im- und Export-Kauffrau hat 2010 begonnen, Illustrationsdesign an der Bildkunst Akademie in Hamburg zu studieren. „Ich liebe die Malerei seit jeher und habe schon als Kind immer viel gemalt“, sagt sie. Über die Jahre habe sie immer wieder Unterricht bei verschiedenen Künstlern genommen und in Harburg auch erste Bilder verkauft. „Eines Tages wurde ich dann ziemlich krank und habe mich gefragt ‚wenn ich jetzt sterben würde, was würde ich bereuen, nie gemacht zu haben’. Ich wollte immer Kunst studieren, also habe ich beschlossen, es schleunigst zu tun. Mittlerweile geht es mir zum Glück wieder gut, aber ich glaube man braucht im Leben solche Tiefpunkte, um sich weiter zu entwickeln.“

Ihren Abschluss in Illustrationsdesign wird Nagel-Stein vermutlich im März 2014. Danach würde sie gerne als freie Künstlerin arbeiten und einmal in Jahr eine Ausstellung machen. Erst einmal freut sie sich aber auf den Harburger Kulturtag. In Sachen Ausstellungen wird das nämlich ihre Premiere. „Expect the unexpected“, sagt sie. Zu Deutsch: Man darf das Unerwartete erwarten.

Harburger Kulturtag am 26. Oktober 2013: Kunst auf der Barkasse, Am Kanalplatz, 10 bis 20 Uhr, www.nagel-stein.de