Vor acht Jahren bin ich im Süden Hamburgs gelandet. Nach achtzehn Jahren am und im Michel in den Tempoweg nach Hausbruch

. Ich kannte die Harburger Berge. So viel Wald und gute Luft! Und das Alte Land. Da hatte ich immer den Wechsel der Jahreszeiten wahrgenommen. In der dicken Luft der City nicht. Und so viel Weite! Gelockt haben mich auch die Grundstückspreise. Ich bin noch viel in der Innenstadt. Immer wieder höre ich dort: „Hausbruch – wo liegt denn das?“ Die Elbe ist für die im Norden die Grenze von Hamburg. Da beginnt der Balkan. Oder die Pampa.

In Harburg hör ich häufiger: „Wir sind hier abgehängt!“ Offensichtlich fühlt man sich als Hamburger dritter Klasse. Irgendwie benachteiligt. Trotz „Sprung über die Elbe“. Aber der reichte offenbar nur bis Wilhelmsburg. Da hat sich das Image positiv verändert. Nicht nur durch igs und IBA.

Ich kenne solche Gefühle der Harburger. In meinen ersten Jahren als Pastor war ich in einer Gemeinde auf dem Kieler Ostufer. Ein Problemstadtteil damals mit großem Neubaugebiet. Ein Kollege stellte mich einmal dem Direktor der Kieler Kunsthalle vor, die natürlich im Zentrum liegt. „Neumühlen-Dietrichsdorf – wo ist denn das?“, fragte er höchst erstaunt. Wir haben gegen solche Ignoranz und Arroganz gegenan gearbeitet. Haben sechzehn Vereine und Initiativen zu einer Arbeitsgemeinschaft verbunden, Stadtteilarbeit gemacht, Festwochen veranstaltet. Auf Netzwerke gesetzt. Uns lautstark zu Wort gemeldet. Den Politikern im Rathaus in den Ohren gelegen. Mit Erfolg.

So etwas erlebe ich auch in Harburg. Das Leben hier ist viel besser als sein Ruf. Es gibt Kulturinseln, die Musikgemeinde, die Belebung des Rathausplatzes, Initiativen zur Integration von Menschen aus anderen Kulturen und Religionen. Engagierte Politikerinnen und Politiker. Nicht nur vor der Wahl am 22. September. Und das trotz großer sozialer und finanzieller Probleme in diesem Ballungsgebiet.

Ich habe eines gelernt: Veränderungen kommen weniger von oben als von unten. Sie fangen in den Köpfen an. Nur warten, bis „die da oben“ was tun, bringt nichts. Es ist wie in der Natur: Alles wächst von unten nach oben.

Eine jüdische Weisheit klingt so:

„Sagt nie, ihr seid zu wenige. Zwei genügen, um eine Sache zu verändern.“ Es können aber auch gern mehr sein. Dann gehen Veränderungen schneller. Ich hoffe, auch in Harburg.