Nach dem tödlichen Verkehrsunfall eines 16-jährigen überprüften die Beamten die Rotlicht-Disziplin der Autofahrer

Harburg . Die Polizei verstärkt den Kampf gegen Rotlichtsünder im Harburger Straßenverkehr. Fünf Stunden lang haben Polizisten am Mittwoch Rotlichtkontrollen an Ampelkreuzungen durchgeführt. Unter anderem waren die Beamten an der Kreuzung Nartenstraße/Hannoversche Straße im Einsatz. An eben jener Stelle war vor wenigen Tagen ein 16 Jahre alter Lehrling ums Leben gekommen, der als Fahrradfahrer von einem Lkw erfasst wurde. Laut Polizei stand die gestrige Kontrollaktion in unmittelbarem Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall.

Rotlichtverstöße gehören zu den Verkehrsvergehen, die überproportional oft zu schweren Unfällen, oft mit Verletzten oder gar Toten, führen. Regelmäßig führt die Polizei deswegen gezielt Kontrollen durch. Eine der Stellen, auf der es deswegen schon oft zu Unfällen kam, ist die komplexe Kreuzung an der Walter-Dudek-Brücke/Ecke Hannoversche Straße. „Sie gilt als Unfallbrennpunkt und war deshalb schon Thema“, sagt Olaf Ott, Leiter der Verkehrsstaffel Süd. „Aber irgendwann gibt es keine baulichen Möglichkeiten mehr, um solche Unfallschwerpunkte zu entschärfen.“ Deswegen wird dort regelmäßig auch in größerem Stil kontrolliert.

An der Nartenstraße ist das anders. Erst der schreckliche Unfall vom 21. August hat die Polizei auf den Plan gerufen. An dem Tag war der 16 Jahre alte Phillip G. auf dem Fußweg von dem Betonmischer überrollt worden. Der Jugendliche, der eine Ausbildung zum Elektriker machte, erlitt so schwere Verletzungen, dass im Krankenhaus nur noch sein Tod festgestellt werden konnte. An der Unfallstelle liegen mittlerweile viele Blumen. Plüschtiere undKerzen sind an einem Verkehrsschild aufgestellt. An dem Schild hängt auch ein Brief von der Mutter des 16-Jährigen. Ein Brief, der das Ausmaß der Tragödie erahnen lässt. „Du bist das Allerbeste, was mir das Leben schenken konnte“, schrieb seine Mutter, die von zwei Begleiterinnen gestützt, selbst nach dem Unfall zum Unglücksort gekommen war.

Die Reaktion der Polizei soll offenbar vor allem ein Zeichen sein. Mit einem Rotlichtverstoß hatte der Verkehrsunfall nichts zu tun. Ebenso wenig ist die Tragödie auf den Grünen Pfeil zurückzuführen, der dort Autofahrern das Abbiegen nach rechts ermöglicht – auch wenn die Ampel für sie rot zeigt. Der Fahrer des Betonmischers, ein 70 Jahre alter Mann, der mit dem Job als Fahrer seine Rente aufbesserte, hatte Grün, als er von der Brücke des 17. Juni in die Nartenstraße bog. Auch Philip G. hatte Grün, als er mit dem Fahrrad den Überweg überqueren wollte. Phillip soll parallel zur Fahrbahn auf dem Weg und damit eigentlich für den Lkw-Fahrer sichtbar, gefahren sein. Warum der Lkw-Fahrer ihn dennoch nicht sah, ist Teil der Ermittlungen.

Horst Hagel, ein Unternehmer, der fast täglich die Strecke fährt, kennt die Tücken. „Die Radfahrer fahren über die alte Süderelbbrücke und dann über einen Weg zwischen Büschen auf den Überweg zu“, sagt er. „Oft sind sie schnell und wegen der Büsche und Bäume erst sehr spät zu sehen.“ Er selbst hätte bereits zwei Situationen gehabt, in denen es fast zu einem Unfall gekommen wäre, sagt Hagel. „Dort gehören Bügel hin, die die Radfahrer dazu bringen langsamer zu fahren“, meint er.

Dass Rotlichtkontrollen nötig sind, zeigte sich auch gestern an beiden Kontrollstellen schnell. An der Nartenstraße wurde schon in der ersten Minuten nach Beginn der Kontrolle der erste Autofahrer, ein Mann in einem B-Klasse Mercedes mit Cuxhavener Kennzeichen, gestoppt. „Viele kommen einfach nicht mit dem Grünen Pfeil klar“, sagt eine Polizistin. „Als Autofahrer ist man verpflichtet, wie bei einem Stopp-Schild anzuhalten, bevor man an der roten Ampel nach rechts abbiegt. Wer das nicht tut, begeht einen Rotlichtverstoß.“

An der großen Kreuzung gleich neben dem Busbahnhof ist das anders. Gerade im Feierabendverkehr werden viele Rotlichtsünder erwischt. Dort gibt es keine Grünen Pfeile. Es sind in der Regel Autofahrer, die noch schnell über die Kreuzung wollen, obwohl die Ampel schon auf Rot gesprungen ist. Fast pausenlos wurden am Mittwochnachmittag Fahrzeuge gestoppt. Wie viele Verstöße im Rahmen der Kontrolle von der Polizei geahndet wurden, stand bei Redaktionsschluss nicht fest. Für Autofahrer werden Rotlichtfahrten teuer. Wenn die Ampel eine Sekunde oder länger Rot zeigt, sind 200 Euro, drei Punkte in der Verkehrssünderkartei und ein Monat Fahrverbot fällig.