Die Dozentin Ira Kaiser leitet beim DRK Computerkurse für Senioren. Ihre Schüler wollen sich sicher im Internet bewegen – auch im hohen Alter

Heimfeld. Freitagmittag im Aufenthaltsraum der Seniorenwohnanlage am Milchgrund in Heimfeld. In der Luft liegt noch der Geruch des Mittagessens. An der Wand hängen gerahmte Stilleben, Fotos der Kochgruppe, der Malgruppe und der Mitglieder des Lesekreises. In der Ecke des Raumes steht eine Musikanlage. Das Bücherregal schmücken Plastikblumen in Vasen. Gleich beginnt der Computer-Kursus für Senioren vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Harburg.

Dozentin Ira Kaiser erscheint und verlegt die Kabel, die ihre Gruppe gleich brauchen wird, um die Laptops anzuschließen. Kaiser ist Fachfrau für Computer. Sie habe auch schon selbst computer programmiert, erzählt die ehemalige Geschäftsleitungsassistentin aus Siegen. Die Arbeit mit Computern habe ihr schon immer gelegen. „Egal wo ich gearbeitet habe, ich war, wenn Kollegen Probleme mit dem System hatten, immer der Erklär-Bär. Und mitunter habe ich auch die Kollegen an neuen Systemen geschult“, sagt die Dozentin.

Zum DRK, so Ira Kaiser, sei sie gekommen, als sie nach dem Ende ihrer Berufszeit überlegt habe, was sie machen könnte, um nicht die ganze Zeit zu Hause bleiben zu müssen. Computerkurse geben, das lag da irgendwie nahe. Seit zwei Jahren ist sie nun schon dabei, hat dutzende Senioren am Rechner geschult. „Für mich sind Senioren eine dankbare Klientel. Sie kommen hier her, weil sie wirklich etwas lernen wollen. Und sie saugen alles, was ich ihnen über Computer erzähle, auf wie ein Schwamm. Darum macht es mir wirklich großen Spaß, ihnen ihre Rechner zu erklären. Und was ich nicht weiß, bringe ich eben in Erfahrung, um es beim nächsten Treffen erklären zu können“, so Ira Kaiser.

Einige Minuten vor Kursbeginn taucht auch schon der erste Senior mit seinem Laptop unterm Arm auf. Die Begrüßung fällt mit einer Umarmung herzlich aus. Man hat sich länger nicht gesehen. Edgar Mohrenstein aus Harburg ist ein Kursteilnehmer der ersten Stunde. Seit 2005 besucht er die DRK-Computer-Kurse. „Ich habe vor Jahren mal einen kurzen Artikel im Abendblatt über diesen Kursus gelesen“, sagt der 75 Jahre alte Rentner. Für ihn sei wichtig, mit Word, Excel und Power Point umgehen, E-Mails schreiben und mit dem Internet umgehen zu können. „Das lerne ich bei Ira, und Spaß macht es auch noch“, sagt Mohrenstein, setzt sich an den Tisch und fährt seinen Laptop hoch.

Anke Kraus, 72, und ihr Ehemann Klaus Wallner, 76, wollten gerne mit ihrem Sohn in der Schweiz „skypen“, deswegen sind sie in den Kursus gekommen. Jetzt sitzen beide an ihrem Laptop am Tisch und suchen einen günstigen Flug nach Miami. Dort haben sie viele Jahre geleb. Sie wollen Freunde besuchen. Kaiser erklärt den beiden Harburgern, wie die Suchmaschine funktioniert. „Es ist hier im Kurs oft wie im Internetcafé. für mich und meine Senioren macht es wenig Sinn, wenn ich vorne stehe und irgendwas erkläre, weil es in einen Lehrplan steht, die Teilnehmer des Kurses aber nicht interessiert“, sagt Ira Kaiser. Die Senioren wissen genau, was sie lernen wollen, wofür sie ihren Computer brauchen, und Kaiser erklärt, wenn es sein muss auch „300 mal dasselbe", ohne ungeduldig zu werden. „Die Leute vergessen auch mal Dinge, die ich erklärt habe. Aber das stört mich absolut nicht. Erklären macht mir Spaß und ist hier ja auch mein Job“. Allerdings, lacht Kaiser, kommen mitunter auch wirklich Fragen, über die dann der ganze Kursus herzlich lachen könne. Eine ältere Dame aus einem anderen Kursus habe das Mal-Programm Paint für sich entdeckt, erzählt Ira Kaiser. „Plötzlich fragte sie mich doch tatsächlich, ob zu befürchten sei, dass irgendwann die Farbe ausgehen würde."

Das seien Fragen, bei denen ihr immer wider deutlich werde, dass für ihre Schüler der Umgang mit Computern eben nicht alltäglich sei. „Senioren fragen erst und probieren dann aus. Jugendliche und Kinder probieren aus, und fragen, wenn sie Probleme haben“, erklärt die Dozentin den Unterschied zwischen alten und jungen Schülern.

„Sicher könnte ich meine Kinder fragen, ob sie mir beibringen, besser mit dem Ding umzugehen“, sagt Karla Meyer, 69, und klappt ihren Laptop auf. Aber die seien oft zu ungeduldig, weil sie mit einem Computer groß geworden seien und nicht verstehen könnten, dass es einem älteren Menschen eben nicht so leicht falle. Deswegen komme sie lieber in diesen Kursus. „Ich habe schon teure Kurse bei der Volkshochschule mitgemacht,aber am Ende blieb kaum was übrig. Hier sage ich, was ich wissen möchte, was ich können möchte, und man zeigt es mir. Davon habe ich weit mehr“, sagt die Rentnerin aus Harburg.

Er sei nicht der Computer-Freak, aber er wolle doch wenigstens mit dem Rechner umgehen können, sagt Jörg Pallasch, 76. Alle Rechner laufen inzwischen. Und die Kursteilnehmer tauchen ein in die virtuelle Welt des Internets. Ira Kaiser wird gerufen, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Am Ende finden Anke Kraus und Klaus Wallner den passenden Flug nach Miami. Und Jörg Pallasch strahlt: Mit Ira Kaisers Hilfe läuft sogar sein Schreibprogramm wieder.