In Buchholz können die Einwohner mitreden, wo die 1,3 Millionen für die Grünpflege eingesetzt werden sollen

Buchholz. Die Stadt Buchholz hatte gerufen, aber nur wenige kamen. Ganze acht Bürger sind am Mittwochabend im Rathaus erschienen, um über den Bürgerhaushalt für das Jahr 2014 zu sprechen. „Vielleicht ist es für die Buchholzer einfach noch ungewohnt, dass sie selbst Vorschläge machen können“, suchte einer der Anwesenden nach Erklärungen. Denn tatsächlich ist das, was dort vorgestellt wurde, ein Novum für die Stadt und den gesamten Landkreis Harburg.

Knapp 1,3 Millionen Euro umfasst das Budget des Fachbereichs Stadtgrün, der für das Experiment ausgewählt wurde und über das die Bürger jetzt mitentscheiden können. In dem Posten werden die Ausgaben für die Pflege von Grünanlagen oder Spielplätzen ebenso geregelt wie die Aufwendungen für das Reparieren von Parkbänken. Zu all diesen Punkten können die Buchholzer nun – ähnlich wie beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept – Vorschläge abgeben, damit die Politik am Ende eine Entscheidung treffen kann, die alle mit einbezogen hat.

„Eigentlich wollten wir bereits im vergangenen Jahr mit dem Bürgerhaushalt starten, aber dann haben wir es doch verschoben“, erklärte Bürgermeister Wilfried Geiger. Im Rathaus fehlten die personellen Ressourcen. Jetzt will die Stadt das Projekt, das auf einen Antrag der Buchholzer Liste zurückgeht, in Angriff nehmen und hat dazu einen festen Link auf ihrer Internetseite eingefügt.

Was aber verbirgt sich hinter dem Bürgerhaushalt? Peter Eckhoff hatte seinen Antrag damals so erklärt: Die Bürger sollen Vorschläge machen, Ideen der Politik mitdiskutieren oder auch über die Verteilung der Mittel entscheiden. Allerdings waren am Mittwoch weder Eckhoff noch seine Mitstreiter anwesend, um mehr zu informieren. Vertreter von SPD, CDU, Grüne und Piraten waren hingegen gekommen.

„Wir wollten mit dem Stadtgrün starten, weil das Budget übersichtlich und die Resultate dort recht schnell sichtbar sind“, sagte der zuständige Fachdienstleiter Thomas Söller. Damit meint er: Wenn die Bürger beispielsweise kritisieren, dass die Spielplätze besonders unsauber sind und vorschlagen, dafür mehr Geld auszugeben, könnten zu den derzeitigen 75.000 Euro 25.000 Euro hinzukommen.

An dieser Stelle gaben einige Bürger bereits erste Vorschläge ab. Ja, bei den Spielplätzen und den kleineren Wegen müsste wirklich etwas geschehen, sagte etwa Annelie Jurina. „Es nervt mich schon lange, dass Buchholz so schmutzig ist.“ An manchen Stellen komme es ihr vor wie in der New Yorker Bronx. Dass die ganze Stadt aber auch nicht wie ein Englischer Garten aussehen könne, machte Thomas Söller im Gegenzug deutlich. „Wir können nicht das Füllhorn ausschütten und überall mehr investieren“, zeigte auch Bürgermeister Geiger die Grenzen auf. Wenn man an der einen Stelle mehr tue, komme etwas anderes kürzer.

Bis zum 30. September kann nun jeder Buchholzer seine Vorschläge online oder in Papierform im Rathaus abgeben. In den Herbstferien wird die Verwaltung alle Eingänge sammeln, um sie Anfang November im Ausschuss vorzustellen. Die Politiker wägen dann ab und treffen in der Ratssitzung im Dezember eine Entscheidung. „Wir wollen abwarten, ob der Bürgerhaushalt angenommen wird“, bewertete Kämmerer Dirk Schlüter den Auftakt. Cornelia Cornels-Selke (Grüne) lobte, dass gerade die Pflege von Grünanlagen ein guter Bereich zum Start sei. „Die Buchholzer wollen ihre Stadt erhalten.“ Alles weitere werde sich in der Zukunft zeigen.

Hilfreich für Politiker und Verwaltung könnten vielleicht die Erfahrungen anderer Städte mit dem Bürgerhaushalt sein, der seinen Ursprung 1989 in der brasilianischen Stadt Porto Alegre hatte und von dort in die Welt ausstrahlte. In Norderstedt beispielsweise haben die Bürger in diesem Jahr zum zweiten Mal die Gelegenheit, fast den gesamten Haushalt mitzubestimmen. „2011 war das erste Jahr, da haben wir ihn relativ kurzfristig umgesetzt“, sagt Stadtsprecher Hauke Borchardt auf Abendblatt-Nachfrage. In diesem Jahr habe es einen genauen Fahrplan gegeben, zu dem vor allem eine breite Information der Öffentlichkeit gehörte. Kernstück waren Flyer, in denen der Haushalt in einfachen Worten erklärt und die an alle Bürger verteilt wurden.

309 Vorschläge gingen am Ende ein, aus denen sich 51 Top-Vorschläge herauskristallisierten. „Uns war klar, dass zwei bis drei Anläufe nötig sind, bis es bei den Leuten ankommt“, sagt er. Ein Bürgerhaushalt sei sehr aufwendig und müsse ernsthaft betrieben werden, wenn er ein Erfolg werden soll. Auch in Hildesheim wird in diesem Jahr der zweite Bürgerhaushalt diskutiert. „Bei der ersten Versammlung hatten wir zwölf Zuhörer, aber am Ende gab es 100 Vorschläge“, berichtet Kämmerin Antje Kuhne. Davon hätten viele aber gar nicht den Haushalt betroffen. „Generell ist der Bürgerhaushalt kein Thema, das die breite Bevölkerung anspricht“, glaubt sie. In Hildesheim soll in zwei Jahren ein Resümee gezogen werden, wie repräsentativ und verwertbar das Projekt tatsächlich ist.

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