Neu Wulmstorfs Eltern-Kinder-Kontaktstelle kümmert sich um Sorgen und Probleme von Eltern mit ihrem Nachwuchs

Neu Wulmstorf. Eltern wird das sicherlich bekannt vorkommen: Es ist morgens, die Uhr tickt und das Kind weigert sich zu essen, Zähne zu putzen oder zu tun, was sonst noch anliegt. Weder Ermahnungen noch betteln helfen. Auch Steffi Mohr kennt solche Situationen.

Ihre fünf Jahre alte Tochter stellte sich meistens stur, wenn es ums Anziehen ging. Eigentlich kein großes Drama, aber das morgendliche Ritual drohte sich in einen Teufelskreislauf zu verwandeln – bis sich Steffi Mohr Hilfe bei der Kinder-Eltern-Kontaktstelle, kurz Keks, an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße 14-16 in Neu Wulmstorf suchte. „Mit drei Kindern gibt es ja immer Tage, an denen es nicht rund läuft, und man wird oft betriebsblind“, sagte die 42-Jährige aus Neu Wulmstorf. „Hier bei Keks kann ich mich immer vergewissern, ob ich auch noch richtig als Mutter funktioniere.“

Es ging aber um viel mehr, als Keks vor zwei Jahren gegründet wurde. Es ging um Schicksale von Kindern namens Jessica und Lea-Sophie, die bundesweit Schlagzeilen machten – um Kinder, die von ihren Eltern vernachlässigt und gequält wurden. Der Landkreis Harburg wollte eine Einrichtung ins Leben rufen, um Eltern zu erreichen, die durch das Raster der zahlreichen Hilfe- und Beratungsangebote fallen.

Dass ein solches Angebot im Mai 2011 in Neu Wulmstorf geschaffen wurde, hatte nichts damit zu tun, dass die Kinder in der Gemeinde besonders schutzbedürftig wären. „Winsen und Buchholz wurde schon mit Pilotprojekten berücksichtigt, da hatte Neu Wulmstorf Glück gehabt“, erklärte Nina Wolf, Fachbereichsleiterin Ordnung und Soziales.

Keks hat sich inzwischen zu einem Erfolgsprojekt entwickelt. Deshalb hat sich der Jugendhilfeausschuss des Landkreises Harburg dafür ausgesprochen, das Projekt aufrecht zu erhalten und die finanzielle Förderung von 67.000Euro pro Jahr für die nächsten fünf Jahre fortzusetzen.

Insbesondere sozial schwache und bildungsferne Familien, die die Angebote der Jugendhilfe nicht oder zu spät in Anspruch nehmen, sollen mit Keks angesprochen werden. „Die Sozialpädagogen hatten beklagt, dass diese Klientel die Kursangebote für Eltern selten nutzt“, sagte Nina Wolf. Stattdessen saß die Sorte von Müttern vor ihnen wie Steffi Mohr, die sich und ihr Verhalten ohnehin ständig reflektiert und in Frage stellt.

Die Crux war also, einen niedrigschwelligen Zugang für „Problemfamilien“ zu schaffen, wie es im Fachjargon heißt, und die vorhandenen Angebote besser zu vernetzen. Das gelingt den Pädagogen Sarah Möbius, 26, Sören Burmeister, 49, und der Bürokraft Hannelore Schade vor allem indem überall dort sind, wo sich Mütter und Väter ohnehin herumtreiben.

Die Keks-Mitarbeiter sind auf Elternabenden und Dienstbesprechungen in Schulen und Kindergärten präsent und bieten „Elterncafés“ in den Grundschulen und Kitas der Gemeinde an. Zudem befindet sich im Courage, gleich nebenan von Keks, ein Schwangeren- und Stillcafé, eine Eltern-Kind-Gruppe, ein Mittagstisch, und die Eltern können hier Kurzseminare in der Keks-Info-Reihe „Klein – aber oho!“ rund ums Thema Kind besuchen. „Dadurch kommen wir leicht mit den Eltern ins Gespräch“, sagte Sarah Möbius.

So sollen Hemmschwellen abgebaut werden, Keks zu kontaktieren, wenn die Eltern Hilfe brauchen. Mit Erfolg, sagen die Pädagogen. In 2012 leisteten sie 685 Beratungen. Darin geht es vorrangig um Erziehung, Pubertät, Scheidung und Verschuldung sowie Unterstützung in Behördenangelegenheiten. „Wir leisten die Einstiegsberatung und versuchen, die Menschen aufzufangen. Wenn das nicht geht, wissen wir, wo sie hingehören“, sagt der Diplom-Pädagoge Sören Burmeister. Das kann beispielsweise die Schuldnerberatung sein oder das Jugendamt. „Manchmal geht es auch einfach nur darum, etwas los zu werden.“

Wie bei Steffi Mohr. Sie ist nicht nur das losgeworden, was sie bedrückte, sondern hat für ihr Problem auch gleich einen Tipp an die Hand bekommen: Für jedes selbstständige Anziehen bekommt ihre fünfjährige Tochter einen Stern. Hat sie eine bestimmte Anzahl an Sternen zusammen, unternimmt ihre Mama ganz alleine etwas mit ihr, geht zum Beispiel mit ihr Eis essen. Jetzt klappt es mit dem Anziehen viel besser.