Ofen, Anker, Autoreifen werden einfach ins Wasser geworfen: Harburgs Binnenhafen ist ein riesiger Unterwasserschrottplatz

Harburg . Ein alter Ofen, große Holzteile, ein kompletter Anker, jede Menge Reifen, selbst das gut zwei Meter hohe Ruderblatt eines Binnenschiffes. Das ist die Ausbeute der ungewöhnlichen Reinigungsaktion, die gerade in Harburg durchgeführt wird. Genauer gesagt im Binnenhafen. Taucher der Firma Heros sind dabei, die Hafenbecken zwischen Wasserschutzrevier drei und dem Kanalplatz zu entrümpeln.

Es sind die vielen Schwebeteilchen, die dem Wasser im Binnenhafen eine gnädige Trübe geben, die den Blick auf den durchschnittlich vier bis fünf Meter unter der Wasseroberfläche liegenden Grund verwehren. Der Anblick wäre nicht schön. Harburgs Binnenhafen ist ein riesiger Unterwasserschrottplatz.

Jetzt hat der Bezirk den Auftrag gegeben, den Binnenhafen zu entrümpeln. „Wir müssen die Sicherheit im Fahrwasser gewährleisten“, sagt Bettina Maak, Sprecherin des Bezirksamtes. „Das ist ein Vorgang, der regelmäßig passiert.“ Zur Vorbereitung hat ein Schiff mit Sonar die Hafenbecken abgefahren. 87 Unterwasserhindernisse, die aus der dicken Schlickschicht ragen, sind so lokalisiert worden. Momentan laufen die Bergungsmaßnahmen.

Die Männer, die Harburgs Binnenhafen entrümpeln sind Michael Gerlach (41), Florian Trübel (33) und Sven Glawe (28). Alle drei sind ausgebildete Taucher. „Drei Taucher, das ist das Minimum, mit dem man aus Sicherheitsgründen arbeiten muss“, sagt Gerlach, der erfahrenste Mann auf dem Arbeitsponton, mit dem das Team die 87 Punkte abfährt. An der Zufahrt zur Staatswerft längsseits der Blohmstraße ist es Sven, der sich in die Tauchmontur zwängt, um zum Müll auf den Grund zu gehen. Berufstauchen hat nichts mit Sporttauchen in karibischen Gewässern zu tun. Der Helm ist groß und schwer. Mit einer Leine ist man mit dem Ponton verbunden. Über zwei Leitungen bekommt der Taucher Luft und Strom für seine Unterwasserlampe. Die dritte Leitung ist für die Sprechanlage, mit der er Verbindung aus der Unterwasserwelt hält. Schwere Gewichte an den Füßen halten ihn am Grund. „Man arbeitet meistens liegend oder kniend“, sagt Gerlach. Mit den Händen wird getastet. Die Sichtweite ist, trotz starker Lampe am Helm, begrenzt.

Es dauert nur kurze Zeit, bis der Taucher das erste Hindernis gefunden hat. Es ist ein großer Reifen. „Davon liegen Unmengen hier im Binnenhafen“, weiß Gerlach. Dann ist es ein abgebrochene Stück Kaimauer, in der noch ein Metallpfahl steckt. Schließlich holt er noch ein Gewirr aus Stahltrosse und undefinierbarem Allerlei aus dem Wasser. Für die schweren Teile wird der kleine Kran eingesetzt, den der Arbeitsponton an Bord hat.

„Wir setzen an jedem der vorgegebenen Punkte noch einmal unser eigenes Sonar ein“, sagt Gerlach. Es hängt an einem dreibeinigem Stativ und wird damit auf den Grund gelassen. Die aufnahmen sind genauer. So werden noch zahlreiche weitere Teile entdeckt, die nur wenige Zentimeter aus dem Schlick ragen. Es sind mittlerweile mehrere Tonnen Unterwasserschrott, die von dem Team geborgen wurden. Am Kanalplatz, in dem Teil, der noch nicht freigegeben wurde, werden sie angelandet. Es riecht nach fauligem Wasser. Doch das täuscht. Massen von Muscheln, die sich auf jedem aus dem Wasser gezogenen Teil geheftet haben, zeugen von dem millionenfachen Leben im Binnenhafen.

Für die Taucher gehört der Job im Binnenhafen zu den angenehmeren Einsätzen. „Im Winter muss uns schon mal mit einer Baggerschaufel ein Loch ins Eis geschlagen werden“, sagt Trübel. Was fehlt, wäre ein Schatz, den sie vom Grund holen. Das wird wohl ein Tauchertraum bleiben. Aber ein Schmuckstück haben sie schon vom Grund des Binnenhafens geholt. Es ist ein großer Anker, den ein Schiff verloren hat. Am Lotsekai laig er vor der Kaimauer auf dem Grund. Jetzt steht er vor dem letzten Gebäude des Harburger Schlosses. Mit Glück kommen noch ein paar Exponate dazu kommen. Die Taucher sind noch die ganze Woche im Einsatz.