Gegner starten Bürgerbegehren. Aktionsbündnis muss mindestens 3191 Unterschriften bis Februar 2014 sammeln

Buxtehude. Ein neues Hochwasserschutzkonzept für die Stadt an der Este wurde dieser Tage vorgestellt, das zunächst in der Innenstadt auch zügig umgesetzt werden könnte. Offenbar trifft es aber nicht auf ungeteilte Zustimmung. Gegner haben sich zum „Aktionsbündnis für nachhaltigen Hochwasserschutz“ zusammengeschlossen und wollen nun mit einem Bürgerbegehren sowohl den Ratsbeschluss zu den Plänen kippen, als auch „wesentlich bessere Alternativen“ präsentieren.

Um noch einmal alle Varianten genau vorzustellen, bietet die Stadtverwaltung den Bürgern am Montag, 26. August, um 19 Uhr in der Pausenhalle des Schulzentrums Nord, Hansestraße 15, Gelegenheit, sich umfassend zu informieren. „Ich will das Bürgerbegehren nicht verhindern, jedoch über alle Pläne und Folgen für die Stadt umfassen aufklären“, sagt Buxtehudes Bürgermeister Jürgen Badur. Viele Bürger hätten noch die Horrorszenarien im Kopf, die von den brachialen und längst verworfenen Plänen des Deichverbandes herrührten, so Badur. Davon seien die neuen Planungen aber weit entfernt, die auf der Homepage der Stadt ausführlich vorgestellt werden.

Buxtehudes Stadtbaurat Michael Nyveld setzt bei dem überarbeiteten innerstädtischen Schutzkonzept darauf, das Grün entlang der Este weitgehend zu erhalten und zum Beispiel im Stadtpark Veranstaltungsterrassen als Hochwasserschutz anzulegen. „Dort könnten Deichterrassen statt massiver Wälle die Stadt sogar attraktiver machen“, sagt Eckhard Dittmer von der Buxtehuder Stadtentwässerung zu den Plänen, die auch geklinkerte Flutmauern vorsehen, die sich begrünt und bepflanzt ins Stadtbild einfügen.

„An kritischen Stellen, etwa gegenüber des Stadtparks sind Lösungen angedacht, die das Stadtbild kaum verändern würden“, sagt Nyveld. So könnte am Restaurant „Din Hau“ Panzerglas als Geländer und Hochwasserschutz verwendet werden. Die Kähler-Villa ließe sich zum Hochwasserschutzbollwerk aufrüsten, womit sich 1,80 Meter hohe Spundwände in diesem Bereich erübrigen würden.

„Es gibt eine wesentlich bessere Alternative, die uns alle schützt und niemanden dauerhaft ausschließt, beeinträchtigt oder stört“, sagt Dennis Williamson vom Aktionsbündnis. Williamson und seine Mitstreiter aus den Reihen der Grünen, Linken und FDP sehen im Oberlauf der Este „beste Voraussetzungen für einen sehr effektiven Rückhalt von Starkregen“. Etwa drei Millionen Kubikmeter Wasser könnten dort auf Überflutungsflächen aufgehalten werden, beruft sich Williamson auf Expertenschätzungen. Mit einem Querdamm samt Sperrwerk oberhalb der Bundesstraße 73, ungefähr auf Höhe des Heidebades, und Vorflutflächen im Oberlauf der Este beuge man sinnvoll und effektiv vor, so der Sprecher des Aktionsbündnisses.

„Falls zusätzliche Überschwemmungsflächen im Unterlauf des Flusses benötigt werden, könnte man einen Polder zwischen Buxtehude und Altem Land in Betracht ziehen“, so Williamson. Dieser entlaste die Este im weiteren Verlauf, „Mauern und Deiche, die das Bild der Buxtehuder Innenstadt verschandeln, wären umnötig“, sagt er.

Eckard Dittmer wartet derweil mit Zahlen zu den Poldern unterhalb von Buxtehude auf: „Eine Polderfläche von 280 Hektar, die auf einer Höhe von 1,30 Meter eingedeicht werden müsste, wäre nötig, um die für den Extremfall berechneten 3,5 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen zu können“, rechnet Dittmer vor. Das entspräche etwa einer Fläche, von 2240 Schwimmbecken der Größe des Buxtehuder Freibades oder 392 Fußballfeldern nach Fifa-Norm, die zwischen Neu Wulmstorf, Moorende, Estebrügge, Neuland und Dammhausen freigehalten werden müssten.

Das hält Jorks Bürgermeister Gerd Hubert „für keine gute Lösung, von der man schon gar nicht aus der Zeitung erfahren möchte“. Von den Buxtehuder Gegnern der innerstädtischen Hochwasserschutzpläne habe niemand mit ihm über Polder, die größtenteils in der Gemeinde Jork lägen, gesprochen, so Hubert. „Bei solchen Überlegungen möchten wir im Vorfeld in die gesamte Maßnahmenplanung einbezogen werden“, so Hubert. Gespräche habe er nur mit Buxtehudes Bürgermeister Badur geführt. Hubert fordert eine gemeinsame Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen aller Este-Anrainer. „Am Oberlauf sitzen die Verursacher. Es kann nicht sein, dass sie oben trockene Füße behalten und wir unten absaufen“, sagt Hubert.

Der Landkreis Harburg wäre für Hochwasserschutz am Oberlauf der Este zuständig. „Unser Landkreis befürwortet grundsätzlich eine Renaturierung der oberen Este und ist gesprächsbereit“, sagt Harburgs Pressesprecher Johannes Friedewald. Allerdings gebe es keine kurzfristigen Lösungen. Auch Stades Kreisbaurat Hans-Hermann Bode verweist auf laufende Untersuchungen zu Auswirkungen des Klimawandels entlang der Este, nach deren Abschluss vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und der Europäischen Union Pläne zum Hochwasser-Risikomanagement entwickelt werden sollen, die voraussichtlich im Herbst vorgestellt werden.

Eine Einigung mit allen Beteiligten am Ober- und Unterlauf der Este sieht Buxtehudes Bürgermeister noch in ferner Zukunft: „Das dauert mir zu lange, wir müssen vorher was machen, um unsere Bürger und ihr Eigentum zu schützen.“ Eine Ablehnung der innerstädtischen Hochwasserschutzpläne, hätte zur Folge, dass Teile der Innenstadt nicht mehr bebaut werden dürften, weil sie vom Land als Überschwemmungsgebiete deklariert würden. Dieses Verfahren läuft derzeit und soll zum Jahresende abgeschlossen sein. Neu- und Anbauten würden auf solchen Flächen nicht mehr zugelassen und für Grundstückseigentümer in Überschwemmungsgebieten könnte der Versicherungsschutz ihrer Immobilien zum Problem werden, so Badur. Auch einen Querdamm oberhalb der B73 hält er für „ökologisch fragwürdig“.

Aus diesen Gründen hatte sich der Buxtehuder Stadtrat mit großer Mehrheit für den innerstädtischen Hochwasserschutz ausgesprochen. Inzwischen hat nun der Verwaltungsausschuss grünes Licht für das Bürgerbegehren gegeben. Bis zum 21. Februar 2014 haben die Aktivisten vom Aktionsbündnis Zeit, die dafür nötigen 3191 Unterschriften gegen den geplanten Deich- und Spundwandbau in Buxtehude zu sammeln.

Weitere Informationen unter www.buxtehude.de/hochwasserschutz und www.hochwasser-buxtehude.de