Es war kurz vor zwei Uhr nachts als der Zug von Jörg Springer den Lüneburger Bahnhof erreichte – Verspätung.

Lüneburg. Müde genug, um direkt sein Hotel anzusteuern, war der Berliner aber nicht: Sein erster Gang führte direkt an die Willy-Brandt-Straße. Zu den Wänden aus Steinen, die er entworfen und jetzt zum ersten Mal ohne Gerüst davor gesehen hat: dem Neuen Museum.

Eröffnung ist zwar erst in gut einem Jahr, debattiert wird aber natürlich jetzt schon – wie bei nahezu jedem Neubauvorhaben in der Stadt, das kein „Townhouse“ und keine „Stadtvilla“ ist. Sichtachsen seien versperrt, das Haus wirke wie ein Hochbunker, raunt es durch die Gassen.

Den wunderbarsten Blick indes wird das Haus tatsächlich nicht von außen bieten, sondern von innen: den über die Ilmenau hinüber zu St. Johannis, eine Sichtachse, die es vor dem Neubau nicht gegeben hat. Wer vom ersten Stock nach draußen guckt, kann sogar bis zu St. Nicolai im Wasserviertel sehen, und die liegt am anderen Ende der – zugegebenermaßen kleinen – Innenstadt.

So neu die Ansicht auf Lüneburg vom Neuen Museum aus auch ist, so hat sie auch ihre Wirkung auf die Stadt. Architekt Jörg Springer will mit der Wahl des dunklen Klinkers Verwandtschaft zu den Nachbarn zeigen: Es gehe nicht darum, „auf Teufel komm raus zu sagen: ich bin neu, ich bin anders“. Das Haus solle vielmehr mit der Gotik und Neogotik der Stadt zu tun haben – und gleichzeitig als neu zu erkennen sein. Mit dem Stein, um den es zwischendurch Debatten im Kulturausschuss gegeben hat, zeigt sich der Architekt heute „sehr glücklich“. Und mit der Sichtachse im Inneren ebenfalls.