Eine Glosse von Michael Schick

Wer sich weiterbildet, gewinnt gelegentlich nicht nur Erkenntnisse, die beruflich nützen. Die Schulung in Hamburg hat weltanschauliche Überzeugungen in mir erdbebenartig erschüttert. So war ich passionierter Autofahrer, kein Raser, kein Liebhaber von Oldtimern oder anderen ausgefallenen Exponaten. Nein, ein ganz normaler Mensch, der einfach gern und bequem hinter dem Lenkrad Platz nahm. Staus, Ärger über Schleicher und orientierungslose Zauderer trübten den individuellen Fahrspaß nur kurz und gehörten dazu.

Doch zur Weiterbildung in der Hamburger City musste und wollte ich auf das Auto verzichten – zu viel Stress, zu viel Zeitverlust zu wenige Parkplätze. Also stieg ich in die S-Bahn, zunächst mit leichtem Widerwillen. Doch der wich schnell, konnte ich doch morgens im Sitzen und in aller Ruhe Zeitung lesen. Abends waren die Plätze belegt. Das war die Zeit fürs Leute gucken. Waren die alle fein säuberlich in Schubladen sortiert, machte ich mir Gedanken, über den Job, die Zeitung und das Essen von morgen, den HSV, den überraschenden Vorruhestand eines Freundes und den bevorstehenden Urlaub.

Doch dann passierte ein Unglück, an dem die Bahn ausnahmsweise nicht Schuld war. Ich war so in Gedanken und entspannt, dass ich über mein Ziel hinausfuhr. Und das gleich zweimal. Erst fünf Stationen später bemerkte ich mein Versagen, ärgerte mich kurz, klopfte mir dann aber gedanklich selbst auf die Schulter und dachte: Das wäre dir im Auto nie passiert.