In seiner Glanzzeit feierte der Chor Erfolge mit Operetten. Konzert am 8. September

Stelle. Dass da ein ausgebildeter Tenor vor den Sängerinnen und Sängern des Steller Chors steht, wird schnell klar. Wer einen Chor dazu auffordert, an einen Stein zu denken, der über die Wasseroberfläche springt, damit sie einen schwingenden Ton erzeugen, weiß, was er tut.

Auch sonst klingt alles sehr professionell bei der Probe in der Grundschule am Büllerberg in Stelle. Als sich die Gruppe für die Probe einsingt, hält Martin Wille sie dazu an, sich „in die Brust reinzulegen“, und umso mehr die Kiefer fallen zu lassen, je höher der Ton wird.

Der Hamburger hat nach seinem Schulmusikstudium mit dem Schwerpunkt Klavier ein Gesangsstudium hinterhergeschoben und tritt regelmäßig als Gasttenor, unter anderem im französischen Dom in Berlin und auch im Ausland, etwa in Italien und Polen auf. Zudem ist er auf Kreuzfahrtschiffen zu hören. Neben dem Steller Chor leitet er auch den Männergesangverein Dibbersen, den Frauen-Singkreis in Winsen und den Frauenchor Dibbersen. Er ist also alles andere als ein Hobby-Chorleiter.

Der Steller Chor freut sich, ihn an der Spitze zu haben. „Man sagt, wir sind seitdem besser geworden“, sagte Gilda Blädel, 67, aus Winsen, Beisitzerin im Vorstand. Was das genau heißt, davon können sich die Besucher des Jubiläumskonzerts unter dem Motto „Eine musikalische Reise um die Welt“ am Sonntag, 8. September, 16 Uhr, in der Aula der Steller Schule am Buchwedel überzeugen.

Ein Mann der ersten Stunde ist zwar nicht mehr im Chor dabei, aber die längsten Mitglieder Heinz Böhring, 83, und Wilhelm Rulfs, 80, aus Stelle, die dem Chor beitraten, als er noch ein Männerchor war, erinnern sich noch gerne an die Glanzzeit in den in den 80er und 90er Jahren zurück. „Das war etwas Besonderes“, sagte Heinz Böhring.

Damit meinte er vor allem die Zeit unter dem freiberuflichen Dirigenten Fritz Giesler, etwa mit Auftritten im CCH Hamburg gemeinsam mit dem Opern-, Operetten- und Musicalsänger Peter Minich und der Sopranistin Birgit Pitsch-Sarata aus Österreich. „Wir sind immer noch ein ordentlicher Chor“, sagte Böhring. „Und unter Martin Wille macht es auch wieder Spaß.“

Das ist für den Chorleiter das Wichtigste. Zugleich legt er großen Wert auf Qualität. So hat er bereits ein dreiviertel Jahr am Programm für das Jubiläumskonzert gearbeitet. „Wir huschen eben nicht einfach so rüber“, sagte er. Um die Chormitglieder, die zum großen Teil 60 Jahre und älter sind, aber nicht zu sehr zu strapazieren, begleitet er öfter am Klavier und vereinfacht das Repertoire.

Das reicht von der Klassik bis zu Popularmusik und Schlagern. Der Steller Chor beherrscht das Ave Verum von Edward Elgar genauso wie den Schlager Tulpen aus Amsterdam. Im Schnitt hat der Chor vier Auftritte im Jahr, singt vierstimmig und probt einmal pro Woche. Martin Wille ist zufrieden mit der Leistung an diesem Probenabend.

„Bravo!“, „Weiter so!“ und „Ihr habt super aufgepasst“, sagte er. Hier und da unterstützt er im Takt, indem er in die Hände klatscht. Auch die Sänger haben sichtlich Spaß. Viele von ihnen schließen die Augen, geben sich ganz dem Gesang hin.

Für die Chorvorsitzende Birgit Obernosterer, 68, aus Winsen ist der Probentag der schönste Tag der Woche. „Ich gehe dann zufrieden nach Hause und wache morgens mit den Liedern im Kopf auf, die wir am Abend zuvor gesungen haben.“

Anders als bei vielen anderen Chören, ist der Abend mit dem Ende der Probe allerdings nicht zu Ende. Meistens sitzen die Sängerinnen und Sänger noch zusammen und klönen. „Dass wir Wert auf Gemeinschaft legen, ist auch unseren neuen Chormitgliedern positiv aufgefallen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Bärbel Waschkowitz, 72, aus Stelle.