Am 22. September ist Bürgermeisterwahl in Seevetal. Die Kandidaten werben mit hunderten Plakaten. Dennoch sind sie vielen Bürgern unbekannt

Seevetal. Der Bürgermeisterwahlkampf hat die Gemeinde Seevetal schon seit Wochen im Griff – zumindest am Straßenrand. „Eine starke Bürgermeisterin für eine starke Gemeinde“ ist dort auf zahlreichen Plakaten über Martina Oertzen (CDU) zu lesen, während sich Ulrich Sauck (SPD) als „Bürgermeister für Sie und Seevetal“ bezeichnet. Geht man vom Umfang der Plakatierungen aus, entscheidet es sich zwischen den beiden, wer die Nachfolge des scheidenden Bürgermeisters Günter Schwarz antritt. Dass es mit Willi Cramer (unabhängiger Kandidat) und Peter Metelski (Freie Wähler) noch zwei weitere Bewerber gibt, rückt fast in den Hintergrund.

Wie aber kommt der Wahlkampf bei den Bürgern an? Kennen sie die Namen der vier Kandidaten? Und um was müsste sich ein zukünftiger Bürgermeister ihrer Meinung nach am dringlichsten kümmern? Das Abendblatt hat sich in Meckelfeld, Fleestedt und Hittfeld umgehört. Ergebnis: Keiner der Befragten kannte alle vier Bürgermeisterkandidaten mit Namen, Ulrich Sauck und Martina Oertzen sind zumindest einigen Bürgern bekannt, Peter Metelski kennt so recht (noch) niemand. Als wichtigstes lokales Thema gilt der Kampf gegen die Tank- und Rastanlage Elbmarsch, wobei sich die Mehrzahl als „eigentlich ganz zufriedene Bürger“ bezeichnet.

Erste Umfragestation ist der Parkplatz vor Edeka und Aldi in Meckelfeld. „Ach Mensch, wie heißt der noch mal.“ Annemarie Rother blickt auf das Konterfei von Ulrich Sauck, dessen Foto wir ebenso wie das von Martina Oertzen für die Umfrage mitgenommen haben. „Gesehen hab’ ich den schon, aber der Name fällt mir gerade nicht ein.“ Bei Martina Oertzen hingegen muss die Meckelfelderin passen, und die anderen zwei Namen hat sie noch nie gehört. Sie habe noch gar nicht richtig realisiert, dass am 22. September ein neuer Bürgermeister in Seevetal gewählt werde, sagt sie. „Die Bundestagswahl ist ja eher ein Thema.“ Als wichtiges lokales Thema nennt sie den Kampf gegen die Tank- und Rastanlage.

„Der eine läuft immer in einer kurzen Hose rum und ist ganz locker.“ Aber der Name? Regina Eggert muss lange überlegen, bevor ihr der Name von Willi Cramer einfällt. Bei Ulrich Sauck weiß die Meckelfelderin hingegen sofort, wer er ist – kein Wunder, Sauck ist ebenfalls Meckelfelder. Bei Martina Oertzen kommt ihr lediglich das Gesicht bekannt vor. „Die Raststätte ist ein großes Thema bei uns im Ort“, sagt auch sie. Die selbstständige Fußpflegerin findet es aber nicht minder wichtig, dass für die Gewerbetreibenden in Seevetal mehr getan wird.

Obwohl ihr persönlich Peter Metelski kein Begriff ist, glaubt sie, dass auch er und Willi Cramer durchaus eine Chance bei der Wahl haben könnten. „Viele Parteien gehen den gleichen Weg, die Unabhängigen gehen die Dinge vielleicht ganz anders an.“

Dirk Leibner fragt sich in erster Linie, ob die Bürgermeisterkandidaten ohne Erfahrungen auf Verwaltungsebene im Amt bestehen können. „In der Wirtschaft arbeitet man ganz anders, das kann schwierig werden“, sagt er. Bis auf Peter Metelski kennt er alle Kandidaten mit Namen. Inhaltlich gesehen hält er ein Senken der Pro-Kopf-Verschuldung für genauso wichtig wie den Bau einer Umgehungsstraße für Meckelfeld. Als Fußballer liegt ihm ein Sportzentrum sehr am Herzen.

Weiter geht’s zur Glüsinger Straße in Fleestedt. Monika Hoffmann kommt gerade mit dem Rad vom Rewe-Parkplatz gefahren und erkennt Martina Oertzen auf dem Foto sofort wieder, die anderen drei sind ihr hingegen nicht bekannt. „Von den Plakaten her habe ich mitbekommen, dass bald Bürgermeisterwahl ist, sonst hätte ich das gar nicht gewusst“, gibt die Fleestedterin zu. Ihrer Meinung nach müsste dringend etwas mit den Fahrradwegen in der Gemeinde geschehen.

„Ein großes Thema ist die Wahl bei uns bisher nicht“, sagt Dieter Berweger aus Fleestedt. Weder er noch seine Frau Kerstin kennen Willi Cramer und Peter Metelski, Martina Oertzen ist ihnen vom Namen her vertraut, und Ulrich Sauck erkennen sie auf dem Foto. „Dann ist da ja noch so eine andere blonde Frau“, fügt Kerstin Berweger hinzu und meint Svenja Stadler. Die will jedoch nicht ins Hittfelder Rathaus, sondern will für die SPD in den Bundestag. Im Plakatekleben ist sie aber ebenfalls sehr fleißig.

André Heßler stört sich vor allem daran, dass die Einflussmöglichkeiten der Lokalpolitiker so begrenzt sind. „Mich interessieren zum Beispiel Themen wie Fracking, aber da können die Bürgermeister ja gar nichts gegen machen“, sagt der Glüsinger. Die Entscheidungen würden auf viel höherer Ebene getroffen. Für ihn spielen bei einer Wahl Namen generell keine Rolle, er geht allein nach der Partei. Was die Raststätte Elbmarsch angeht, kann er zwar nachvollziehen, dass so viel darüber gesprochen wird. „Aber da wir in Seevetal sowieso schon so sehr von Lärm betroffen sind, wäre so eine Anlage im Grunde auch egal.“

Dritte und letzte Station ist die Kirchstraße in Hittfeld. „Die Bürgermeisterwahl beschäftigt mich eher am Rande“, sagt Gabriele Schwedewsky, die gerade aus Richtung Rathaus-Parkplatz kommt. Sie kann sofort die Namen von Martina Oertzen, Ulrich Sauck und Willi Cramer nennen, nur Peter Metelski hat wieder das Nachsehen. Eigentlich sei es ihr ja fast egal, wer die Wahl gewinne.

„Die ganzen Plakate sind ja fast schon penetrant“, sagt Lars Pelka, der gerade mit Yvonne Heitmann aus dem Auto steigt. Von den Fotos her sind dem Emmelndorfer deshalb auch die Kandidaten von CDU und SPD sofort ein Begriff. Trotzdem sind die übermäßige Anzahl von CDU- und SPD-Plakaten für die beiden ein Grund, fast schon eher zu den zwei weniger präsenten Kandidaten zu tendieren. Auch sie finden es frustrierend, dass Entscheidungen wie zur Raststätte Elbmarsch an höherer Stelle fallen und die Lokalpolitik machtlos ist, obwohl die Bürger vor Ort die Betroffenen sind. „Vieles wird außerdem durch Seilschaften und Klüngelei entschieden, das hält viele jüngere Leute von der Wahl ab“, glaubt er.

In den kommenden Tagen werden wir die Bürgermeisterkandidaten für Seevetal im Porträt vorstellen.