Hittfelder Chor wird in diesem Jahr mit dem Kulturpreis des Landkreises Harburg ausgezeichnet

Die Mitglieder des Chores „Hittfelder Dutzend“ werden am heutigen Sonnabend wohl ganz genau die Zeitung lesen. „Ehrlich gesagt wissen wir gar nicht, warum wir den Kulturpreis bekommen haben“, gibt Chorleiter Axel Schaffran offen zu und lacht. Umso größer wird die Freude sein, wenn die Mitglieder erfahren, warum die Jury des Blauen Löwen, wie der Kulturpreis des Landkreises Harburg heißt, sie als diesjährige Preisträger auserwählt hat: Die 17 Sänger aus dem gesamten Kreisgebiet singen mit ihrem Chor auf „hohem künstlerischen Niveau bei gleichzeitiger hoher Bandbreite des Repertoires“, so die Begründung.

Der Chor habe den Mut, sich als A-cappella-Kammerchor der Chor-Konkurrenz im Landkreis zu stellen und erfolgreich zu behaupten, heißt es weiter. Die kleine Besetzung mit 17 Stimmen verlange von jedem Chormitglied ein hohes Maß an Intonationssicherheit und Ausdruck, kein Sänger könne sich hinter dem anderen verstecken. Es gebe „außerordentliche Qualitäten im Ensembleklang“.

Für die Chormitglieder werden diese lobenden Worte sicherlich runtergehen wie Öl – zumal sie erst zögerten, sich überhaupt um den Blauen Löwen zu bewerben, der seit 2005 vergeben wird und sich in diesem Jahr der Sparte „Chorgesang“ widmete. „Wir dachten, der Preis richtet sich eher an Profis“, sagt Schaffran. Als sie sich dann doch dazu entschlossen, erstellten sie in Gemeinschaftsarbeit bis Mitte Juli ihre Bewerbung aus Text- und Tonmaterial und freuen sich nun, bei der Verleihung Ende November in der Buchholzer Empore den Preis entgegen zu nehmen.

„Wir sind im Grunde ein Familienbetrieb“, sagt Petra Dreher, die seit 1990 dabei ist und sowohl ihren Mann Norbert als auch die 16-jährige Tochter Annika in den Chor lotste. Sie selbst habe vorher nie gesungen, sondern nur ein Instrument gespielt. Es sei unglaublich, wie viel sie in der Zeit gelernt habe. Auch Tobias Markert, seit 2007 im Boot, ist beeindruckt vom „Zug, der in den Proben steckt“. Gesungen wird viel vom Blatt, das sei eine Herausforderung, aber mache zugleich Spaß. Katrin Kepura, seit 2008 dabei und eher klassikaffin, haderte zu Beginn vor allem mit den „populären Sachen und den ganzen unterschiedlichen Rhythmen“, trotzdem ist auch sie gerade wegen dieser speziellen Herausforderung bei der Stange geblieben.

Mit all diesen Worten bringen die Mitglieder das Wesen des Dutzends auf den Punkt. Obwohl der Spaß bei den Proben aus ihrer Sicht enorm ist und sie alle musikalische Laien sind, ist der Ernst beim Singen äußerst hoch. Die Stücke sind anspruchsvoll, vor wichtigen Auftritten gibt es abgesehen von der üblichen Probe am Sonntagabend im Hittfelder Gemeindehaus Extra-Ganztagsproben am Wochenende.

Zweimal im Jahr legt der Chor ein neues Programm auf, zum Frühjahr ein geistliches und zum Herbst ein weltliches. So kommt es, dass die Bandbreite der Stücke recht weit ist. „Wir schrecken vor nichts zurück“, drückt es Tobias Markert aus. Von Werken aus der Renaissance bis Gospel, Pop und anspruchsvoller Moderne ist alles dabei, auch sprachlich gibt es fast keine Grenzen. Gesungen wird neben Deutsch auf Latein, Englisch, Französisch oder Schwedisch.

Passend zum hohen Niveau schaut Chorleiter Schaffran bei Neuzugängen ganz genau hin. Wer eintreten möchte, muss zunächst ein Vorsingen bei ihm, dem Musiktheoretiker, der noch fünf weitere Chöre leitet und selbst Arrangements schreibt, bestehen. „Ich entscheide dann, ob es reicht, aber ob die Person auch ins Chorgefüge passt, entscheiden die Mitglieder.“ Der Chor versteht sich eben tatsächlich als Freundes- und Familienbetrieb und weniger als offizieller Verein mit Mitgliederversammlung oder Vorstandswahlen. „Von solchen Strukturen halten wir uns fern“, sagt Schaffran.

Aber wie kommt denn jetzt der Name „Hittfelder Dutzend“ zustande? Ein Blick auf die Mitgliederzahl von 17 – offiziell sind es sogar 19, zwei Mitglieder sind nur passiv dabei – zeigt ja, dass die Bezeichnung offensichtlich nicht auf die Anzahl der Sänger zurückzuführen ist. „Ein Dutzend Mitglieder war mal ganz zu Anfang ein Ziel des Chors“, sagt Schaffran. Der Anfang, das war im Jahr 1984. Mehrere ehemalige Chorsänger des Gymnasiums Hittfeld wollten auch nach ihrer Schulzeit nicht vom Musizieren lassen und trafen sich weiterhin, zunächst unter der Leitung von Gunnar Schlimme.

Diese Konstellation hatte allerdings nur zwei Jahre Bestand, 1986 löste sich der Chor beinahe auf. Nach weiteren Wechseln in der Leitungsebene brachte erst Axel Schaffran im Mai 1991 echte Konstanz in die Truppe. Die Zahl der Mitglieder wuchs immer mehr, aber da der Name „Hittfelder Dutzend“ so griffig ist, hielt man einfach an ihm fest. Von den Ur-Mitgliedern ist übrigens nur noch Utah Henniges übrig geblieben, „sie war es auch, die den Chor über die Jahre immer zusammengehalten hat“, sagt Petra Dreher.

Obwohl die Hittfelder Abijahrgänge 1984 bis 1990 noch heute die Mehrheit der Mitglieder bilden, ist die Hochschulreife keine Voraussetzung fürs Mitsingen. Auch aus Hittfeld muss man nicht zwingend stammen, die Sänger wohnen in Tostedt, Bardowick oder Eppendorf. „Sogar Meckelfelder dürfen mitmachen“, scherzt Axel Schaffran. Trotzdem sei es so, dass die Mitglieder irgendeinen Bezug zu Seevetal und Hittfeld hätten, entweder weil sie dort einmal wohnten oder Verwandtschaft haben.