Helmut Schulze aus Buchholz ist seit rund 40 Jahren als Zauberclown für Feiern aller Art im Einsatz

Sophia steht unter Strom. „Der Zauberer ist da!“, ruft die Sechsjährige aufgeregt und lässt Helmut Schulze nicht mehr aus den Augen. Vor wenigen Minuten ist der Buchholzer, der sich Sophia nur als „Elmutio“ vorgestellt hat, mit seinem Auto auf den Hof ihres Elternhauses in Estebrügge gerollt. Eine Wagenladung voller Überraschungen, Firlefanz und bunter Dinge hat er im Gepäck, allesamt Utensilien für seinen großen Auftritt. Zwei Stunden wird er jetzt noch brauchen, um die Zauberei beginnen zu lassen.

Ein Hausbesuch wie der in Estebrügge gehört für Helmut Schulze zum ganz normalen Alltag. Seit rund 40 Jahren ist der gebürtige Ostpreuße als zaubernder Clown Elmutio von Schneverdingen bis Winsen im Einsatz. Er versüßt Kindern ihre Geburtstagsfeier, bringt Leben in Altenheime und sorgt dafür, dass die Stimmung auf Schützenfesten ihren Siedepunkt erreicht. „Ich will die Leute einfach nur zum Lachen bringen“, sagt der 76-Jährige. Seine Sache sind nicht die ausgeklügelten Tricks, Kniffe und Manipulationen der Magier. Schulze hat sich der Comedy-Zauberei verschrieben, deren oberstes Ziel es ist, das Publikum mit Späßen zu unterhalten. Und auch er selbst mache das Ganze nur aus Spaß an der Freude, sagt er.

Für Sophia kann die Unterhaltung an diesem Nachmittag gar nicht schnell genug losgehen. „Zauberer, wann zauberst du denn endlich?“, fragt sie ungeduldig, während Schulze seine Kisten, Hüte, Stofftiere und Luftballontüten – also alles, was er für seine Show braucht – in Position bringt. Mit zehn Kindern aus Sophias Kindergartengruppe soll heute Nachmittag ihr Geburtstag gefeiert werden, aber dass ein zaubernder Clown als Überraschungsgast dabei ist, das weiß keiner der Eingeladenen.

Oder etwa doch? „Na ja, einer hab’ ich das erzählt“, gibt Sophia flüsternd zu und blickt vorsichtig zu ihrem Papa, der wenige Meter von ihr entfernt steht. „Aber der Rest weiß es wirklich nicht“, schiebt sie gleich hinterher.

Sophias Mutter Daniela Herwig hatte Elmutio vor zwei Jahren beim Karnevalsfest des ASC Cranz-Estebrügge in Aktion erlebt und war so begeistert gewesen, dass sie den Zauberclown selbst buchen wollte. Der sechste Geburtstag ihrer Tochter schien ihr der ideale Anlass, schließlich ist Sophia seit langem von den bunten, witzigen Wesen fasziniert. „Clowns sind einfach ihre Welt“, sagt Papa Sven. Die Mimik, die Scherze, die Kleidung – wo gibt’s denn sowas sonst schon? Angst vor dem grellen Aussehen der ungewöhnlichen Figuren ist ihr fremd – und damit unterscheidet sie sich durchaus von einigen anderen Kindern, wie Schulze weiß. „Es gibt viele, für die wird ein Clown zum regelrechten Trauma, das sie jahrelang verfolgt“, sagt er. Um den Kindern das zu ersparen, schminkt er sich immer erst vor ihren Augen, damit sie wissen, dass auch ein Clown nur ein ganz normaler Mensch ist. Früher habe er das bei Kinderterminen nicht immer gemacht, aber mittlerweile gehört es zum Standard.

Allgemein gesehen habe sich im Laufe der Jahre bei seiner Arbeit aber recht wenig verändert, erzählt Schulze, der vor seinem Ruhestand als Maschinenbauer arbeitete und sich bereits im Alter von sechs Jahren mit dem Clown- und Zaubervirus infizierte. „Mein Vater war im Krieg, und da habe ich meine Mutter zu Hause immer unterhalten“, erinnert er sich.

Zu allen Zeiten habe es Kinder gegeben, die seine Tricks kritisch hinterfragten und so ganze Auftritte sprengten, berichtet er. Ansonsten sei der Großteil der Jugend aber noch genauso froh und unbefangen bei der Sache wie vor 20 Jahren.

Dass Schulze auch im Rentenalter nicht von seiner Leidenschaft lassen kann, wirft zumindest bei seiner Verwandtschaft einige Fragen auf. Sie sagen immer, er müsse doch irgendwann einmal erwachsen werden. Aber das ist für ihn keine Option, zumal ihm die Unterstützung seiner Ehefrau sicher ist. Sie war es sogar, die ihn Ende der 1960er-Jahre auf einem Campingplatz in Husum dazu brachte, die Zauberei überhaupt im Nebenberuf anzugehen. „Da waren so viele Kinder und da sagte sie, ich solle für sie doch mal was zaubern.“ Zuvor hatte er einige Jahre pausiert, um nach der Ausbildung im Arbeitsleben Fuß zu fassen.

Bis zu drei Auftritte pro Monat hat Schulze als Elmutio. In diesem Monat sind es sogar sieben, für die er jeweils zwischen 150 und 400 Euro einnimmt. Die Vorbereitung dauert mehrere Stunden und die Show selbst ebenfalls. Er muss genau überlegen, welcher Trick zu wem passt und wann mal wieder ein neuer Programmpunkt hinzukommen könnte. „Es gibt immer wieder Dinge, die nicht laufen, die nehme ich dann komplett aus der Show“, sagt er. Bei Sophias Geburtstagsfeier sind mittlerweile die ersten Gäste eingetroffen. Für Schulze heißt das: Die Verwandlung kann starten. Er holt Schminke und Pinsel hervor, und aus Helmut Schulze, dem ganz normalen Buchholzer Bürger, wird Elmutio, der freche Zauberclown. Gebannt verfolgen die Kinder jeden Handgriff und lassen sich selbst ein buntes Clownsgesicht schminken. Dann, wenn das Publikum Platz genommen hat, stellt Elmutio die Musik an und greift in eine seiner Trickkisten. Die Zauberei kann beginnen.