Im nächsten Jahr soll Daniela Scherbrings Barkasse auf große Fahrt gehen

Harburg. Auch nach einem Zwölf-Stunden-Tag, sagt Daniela Scherbring, habe sie immer noch das Gefühl, an einem „ganz besonderen Ort gearbeitet“ zu haben. Scherbrings Büro im Harburger Binnenhafen ist in der Tat ein ganz besonderer Ort, auf dem Wasser. Als die studierte Betriebswirtschaftlerin ihre kleine Agentur für Kommunikation gründete, kam sie auf den Namen „agenturimboot“. Das war im Jahr 2010. Scherbring und ihr Ehemann Björn Broertjes lebten in der Isestraße in Hamburg. Broertjes arbeitete damals bereits im Harburger Binnenhafen. „Da hatte ich also den Namen für meine Agentur und dachte, dann muss dazu auch ein Boot her“, sagt Daniela Scherbring. Sie suchte bei eBay nach einem Boot, das ihr Büro werden sollte, und fand „Mathilde“ in Wittenberge, rund 200 Kilometer elbaufwärts.

„Die Barkasse ist der gleiche Jahrgang wie meine Oma. 1921 lief sie als ‚Karl‘ in Hamburg als richtig Hamburger Barkasse vom Stapel. In den wirren des zweiten Weltkrieges hat es die Barkasse nach Wittenberge verschlagen. Da lag sie, blau und gelb angemalt, rund 100.000 Spinnen an Bord und in einem fürchterlichen Zustand. So haben Björn und ich sie zum ersten Mal gesehen. Und Björn, der was von Booten versteht, hat gesagt, dass wir das hinkriegen“, erinnert sich Daniela Scherbring. Einzig der Motor, Baujahr 1956, lief noch. Die Barkasse diente Fahrradtouristen als Fähre von einem Elbufer zum anderen. Die Hamburger kauften „Mathilde“. Scherbring und Broertjes wagten das Abenteuer und fuhren mit Freunden die Barkasse in zwei Tagen von Wittenberge nach Harburg, wo sie eine Liegeplatz gepachtet hatten für das schwimmende Büro.

„Als wir die Namensschilder abbauten, war darunter der Name „Tiger“ zu sehen. Aber für uns ist es ‚Mathilde‘. Als wir die Barkasse dann endlich hier hatten, fing die Arbeit an. Wir haben praktisch alles rausgerissen, außer dem Motor, der läuft nach wie vor. Wir haben die Barkasse so wieder aufgebaut, wie sie im Originalzustand gebaut worden war“, so Daniela Scherbring. Ganz fertig sei die „Mathilde“ immer noch nicht, aber als Büro „einfach klasse, wenn sich das Wasser im Dach deines Büros spiegelt“, sagt die Unternehmerin. Im Winter heizt Daniela Scherbring die „Mathilde“ mit einem Ofen, der in der Ecke steht. Kalt sei es nicht, sagt sie, aber wer es schick und piekfein will, für den sei so ein Büro auf dem Wasser wohl weniger geeignet. ein Schlepperfahrer, erzählt Daniela Scherbring, der vorbei gekommen sei, habe die Barkasse sofort erkannt und ihr erzählt, dass der Taufname des Bootes „Karl“ war.

Im Jahr 2011 wagten sie und ihr Mann das nächste Abenteuer: Sie übernahmen im Januar die Pacht für „Mathildes“ neuen Heimathafen an der Schleuse im Binnenhafen. „Klaus und Elli wollten aufhören. wir haben lange hin und her überlegt, ob wir das machen und dann auch hier her ziehen wollen. Ich muss zugeben, dass ich arge Bedenken hatte, aus einer schönen Altbauwohnung in der Isestraße nun ausgerechnet nach Harburg und dann auch noch in ein Haus im Binnenhafen zu ziehen. Aber wir haben es doch gemacht“, so Scherbring. Björn Broertjes kümmert sich um den kleinen Yachthafen und bietet den Seglern Arbeiten am Boot an.

„Naja, und wir hatten das Problem, dass das Kind natürlich einen Namen brauchte“, sagt Daniela Scherbring. Die Vorgänger wollten den Hafen „Blaue Lagune“ nennen. Aber, sagt Daniela Scherbring, „hier ist nun wirklich nichts blau, erst recht nicht das Wasser, und an eine Lagune erinnert hier auch überhaupt nichts. Und mit unserem Hund kam auch die Erleuchtung“. Der Hund von Daniela Scherbring und Björn Broertjes heißt „Seemann“. Und so nannten die beiden Neu-Harburger auch ihren kleinen Hafen „Seemanns Pier“, inzwischen ist der längst kein Geheimtipp mehr unter Harburgs Seglern. Bis zu 70 Boote überwintern hier schon mal. Dann werde es an Land allerdings schon sehr eng, sagt Daniela Scherbring, die sich inzwischen eine Rückkehr in die Isestraße kaum noch vorstellen mag.

Inzwischen ist die „agenturimboot“ gewachsen. Zwei Mitarbeiterinnen hat die Unternehmerin auf dem Wasser fest eingestellt. In Hochzeiten säßen auch mehr Mitarbeiter im selben Boot. Als nächstes sei die alte Kombüse mit der Renovierung dran, erzählt Daniela Scherbring, damit der Grafiker ein eigenes Büro auf der „Mathilde“ beziehen könne.

Und dann müsse Björn noch einige Stunden Arbeit in die alte Elektrik der Barkasse investieren. „Unser Traum ist es, mit der „Mathilde“ in Urlaub zu fahren. Geplant ist das schon lange. Die Kisten und Arbeitsplätze, an denen wir sitzen, sind ganz schnell ausgeräumt, dann hätten wir unser Hausboot“, sagt Scherbring.