Das Bokelmann-Gemälde war seit 1998 spurlos verschwunden und tauchte nun bei einer Auktion wieder auf. Jetzt hat es das Helms-Museum gekauft.

Hamburg. Die Gemälde von Christian Ludwig Bokelmann sind vom Helms-Museum gesuchte Exponate. Denn der 1894 verstorbene Maler lebte lange Zeit in Harburg und fand dort auch seine letzte Ruhestätte. Jetzt ist das Museum auf kuriose Weise in den Besitz eines weiteren Bokelmann-Werkes gekommen. Es ist sozusagen „Beutekunst“. 1998 war das Bild „Zwei Jungen mit springendem Spitz“ der Honorargeneralkonsulin Boliviens Hortensia Rocabado de Viets in Nienstedten gestohlen worden. In München tauchte es wieder auf und konnte, auch dank des Hamburger Abendblatts, sichergestellt werden. Über den Versicherer des Kunstwerkes konnte Museumsdirektor Rainer-Maria Weiss das Bild nun für das Helms-Museum erwerben.

Im August vor 15 Jahren waren Einbrecher in die Villa der Honorargeneralkonsulin eingestiegen. Der Bokelmann war das erste Stück, von dem sie merkte, dass es weg war. Die Wand an der Garderobe, an der das etwa 50 mal 70 Zentimeter große Bild hing, war leer. Doch die Diebe hatten noch mehr gestohlen. Tafelsilber und ein großes Werk eines bolivianischen Barockkünstlers, das einen Erzengel zeigt, waren gestohlen worden. Andere Kunstwerke hatten die Täter dafür nicht angetastet.

Das Hamburger Abendblatt berichtete damals ausführlich über die Tat. Unter anderem wurde ein Foto des gestohlenen Gemäldes „Zwei Jungen mit springendem Spitz“ gezeigt. „Der Bericht interessierte Rüdiger Articus ganz besonders“, sagt Museumsdirektor Weiss. „Er war damals Museumspädagoge und hatte ein Faible für Stadtgeschichte.“ Deshalb interessierte Articus vor allem das Bild von Bokelmann. Denn der Maler, der im Alter von nur 50 Jahren an den Folgen eines Sturzes von einer Leiter in seinem Atelier starb, hatte in Harburg seine Künstlerlaufbahn begonnen. Ein Buchhalter der „Harburger Gummi-Kamm-Companie“ hatte sein Talent entdeckt, als er Bilder sah, die Bokelmann, der als Aufpasser arbeitete, aus Langeweile gezeichnet hatte. Karriere machte Bokelmann in Düsseldorf. Nach Harburg kam er zurück, um alte Freundschaften zu pflegen. In der damals noch eigenständigen Stadt fand er seine Frau.

Das Helms-Museum besitzt zahlreiche Werke des Künstlers. „Wir haben mehrere Gemälde und einige Zeichnungen“, sagt Weiss. Dazu gehört auch Bokelmanns wohl berühmtestes Werk „Die Auswanderer“. Das gestohlene Gemälde des Malers hat der Museumspädagoge Articus nie aus den Augen verloren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Articus hatte den Zeitungsartikel ausgeschnitten und sorgfältig aufbewahrt.

Und das war gut so. So fiel ihm natürlich sofort der gestohlene Bokelmann auf, als er den Katalog einer Auktion in die Hände bekam, die vergangenes Jahr in München stattfinden sollte. Dort sollte das Werk mit den beiden Jungen und dem Spitz einen neuen Besitzer finden. Der Museumsmitarbeiter informierte die Polizei. Der Fall landete auf dem Schreibtisch von Hauptkommissar Joachim Schulz, einem der beiden auf Kunstdiebstähle spezialisierten Hamburger Ermittler, die beispielsweise dafür gesorgt haben, dass der Anfang 2010 aus dem Museum für Hamburgische Geschichte gestohlene Störtebeker-Schädel 14 Monate nach der Tat wieder an seinen Platz kam. Auch diesmal griffen die Ermittler sofort ein. Sie ließen das Bild sicherstellen. Die Ermittlungen ergaben, dass weder der Anbieter noch das Auktionshaus gewusst hatten, dass es sich um Beute aus einem Einbruch handelte. „Trotzdem ist es so, dass man nicht das Eigentum an gestohlenen Sachen erwerben kann“, sagt Hauptkommissarin Karina Sadowsky.

Die Versicherung hatte zu dem Zeitpunkt bereits die bestohlene Eigentümerin für ihren Verlust entschädigt. Es soll eine angemessene und gleichzeitig stattliche Summe gewesen sein, die die Konsulin damals bekam. Vielleicht auch deshalb, und weil es nicht ihr Lieblingsbild war, verzichtete Rocabado de Viets auf die Rücknahme.

„Nach dem Diebstahl wurde das Bild mit einem Firnis, einem klaren Schutzanstrich versehen“, sagt Weiss. Allein ihn zu entfernen, würde teuer werden. Bei der Versicherung fand der wiedergefundene Bokelmann keinen Liebhaber. So waren es die Kunstexperten der Polizei, die den Tipp gaben, dass das Helms-Museum sich für das Werk interessieren könnte. „So wurde der Kontakt hergestellt“, sagt Weiss. „Wir haben dann miteinander gesprochen und unsere finanzielle Situation dargestellt.“ Am Ende wurde man sich einig. Für 500 Euro ging der Bokelmann in den Besitz des Museums über. „Das war ein besonders fairer Preis“, freut sich der Direktor. Zu sehen ist die „Beutekunst“ noch nicht. Erst wenn die Abteilung Stadtgeschichte neu eröffnet wird, werden die beiden Knaben und der Hund einen für das Publikum zugänglichen Platz bekommen.