Das Gelände Am Radeland ist ungeeignet für die Unterbringung von Flüchtlingen, wegen der Nähe zu Raffinerien. Insgesamt elf Standorte, das geht aus der Antwort des Senats auf eine FDP-Anfrage hervor, wurden geprüft.

Harburg. Der Bezirk hat ein Problem. Der Hamburger Senat braucht Flächen für Asylunterkünfte, denn ab kommendem Jahr werden aus den ehemaligen russischen Republiken, aus Syrien und Afrika weitere Menschen nach Deutschland kommen und hier Asylanträge stellen. Auch die politische Entwicklung in Nordafrika lässt ahnen, dass mehr Flüchtlinge in Deutschland Schutz vor Krieg und Hunger fliehen. Der Senat versucht sich, darauf vorzubereiten.

Bei einem Treffen aller Fraktionschefs aus den sieben Bezirken mit Vertretern der zuständigen Fachbehörden, der Justizbehörde und der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) im November vergangenen Jahres im Hamburger Rathaus, hatten sich die Harburger Bezirkspolitiker nur für eine mögliche Fläche, die für den Bau von Asylunterkünften in Frage käme, ausgesprochen, die Fläche des Alten Gastwerks Am Radeland, westlich der Moorburger Straße, südlich des Bostelbeker Hauptdeichs. Wie die BASFI jetzt bestätigt, kommt diese Fläche aber nicht in Frage. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zu Raffinerien im Hafen an der Seehafenstraße, sogenannten Gefährdungsbetrieben, und ist somit nicht für Wohnbebauung geeignet. Jetzt fordert die BASFI Alternativvorschläge aus Harburg. Das teilte jetzt Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) den Fraktionschefs in der Bezirksversammlung mit.

Die zu machen, dürfte dem Bezirk schwer fallen. Es müssen städtische Flächen sein, die für eine Wohnbebauung geeignet sind. Das schränkt die Suche ein. "Ich finde es erschütternd, dass der Bezirk Harburg nun wieder aufgefordert ist, weitere Flächen zu nennen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Unterbringung von ehemaligen Sicherungsverwahrten in Moorburg bereits eine besondere Belastung für den Bezirk darstellt. Die Sozialstruktur in Harburg würde weiter darunter leiden", sagt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer. Inzwischen, das ergab eine Kleine Anfrage der beiden FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Kaesbach und Kurt Duwe, hat der Senat schon mal auf eigene Faust einige Flächen in Harburg überprüft, mit geringem Erfolg. Darunter zum Beispiel das alte Postgebäude am Harburger Bahnhof und das ehemalige Polizeirevier in der Nöldekestraße. Beide Gebäude kommen aus Sicht des CDU-Politikers definitiv nicht in Frage. Und auch Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung sieht in diesen beiden Vorschlägen keine Alternative zur Unterbringung von Flüchtlingen. "In der Nöldekestraße war während des Krieges die Gestapo untergebracht, schon allein aus diesem Grund ist das Gebäude aus unserer Sicht völlig ungeeignet, um dort Flüchtlinge unterzubringen", sagt Heimat. Es dürfte, so der SPD-Bezirksabgeordnete, überaus problematisch werden, im Bezirk weitere Flächen zu finden, auch wenn die Harburger SPD durchaus bereit sei, ihren Teil zur Lösung des Unterbringungsproblems der zu erwartenden Flüchtlinge beizutragen. "Städtische Flächen vermehren sich nicht. Aber wir sind im Gespräch, um weitere Flächen zu finden". Welche Flächen konkret der SPD vorschweben, dazu will Heimath sich derzeit nicht äußern. Man müsse abwarten, sagt er. Dass der Senat bereits Alternativflächen überprüft hat, hält Ralf-Dieter Fischer für "das typische Gebaren dieses SPD-Senats. Der prüft, serviert dem dummen Bezirk dann seine Pläne und die SPD nickt ab, wie in Moorburg".

Insgesamt elf Standorte, das geht aus der Antwort des Senats auf die FDP-Anfrage hervor, wurden geprüft. Auch das ehemalige Hauptzollamt in der Buxtehuder Straße 7 stand im Prüfkatalog. Das Ergebnis aus Sicht des Senats: ungeeignet. Nur zwei Standorte sind aus Sicht des Senats für die Unterbringung von Asylsuchenden geeignet, und zwar in der Wetternstraße und Lewenwerder. Das sind die beiden Standorte, an denen bereits Flüchtlinge untergebracht sind. Aus Sicht von Jürgen Heimath scheidet der Bereich Harburg Mitte generell aus dem Suchfenster aus.

Die Fraktion die Linke in der Harburger Bezirksversammlung betrachtet diese Standortsuche äußerst kritisch. "Was dem Senat ganz deutlich fehlt, ist ein vernünftiges Gesamtkonzept für dieses Problem. Grundsätzlich unterstützen wir natürlich den Bezirk in seinem Versuch, seinen Teil dafür zu übernehmen, dass diese Menschen untergebracht werden können. Allerdings ist doch sehr auffällig, dass bei der Suche nach Flächen immer bestimmte Bezirke heraus gesucht werden", sagt Sabine Boeddinghaus, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion die Linke in der Bezirksversammlung.

Ihre Partei fordere, so Boeddinghaus, seit langer Zeit eine "dezentrale, menschenwürdige und angemessene Unterbringung der Menschen". Was derzeit bei dieser Suche nach geeigneten Flächen passiere, so Sabine Boeddinghaus, sei "mal wieder mit heißer Nadel gestrickt. Solche Unterkünfte müssen so geplant werden, dass sie eben nicht gleich nach Ghetto aussehen". Es müssten, fordert die Linken-Politikerin, "vernünftige und langfristige Perspektiven auf den Tisch".