Neu Wulmstorfer Bürgerinitiative “Lobby pro Tier“ beteiligt sich mit Demonstration an europaweiter Aktionswoche. Prominente Unterstützung erhielt die Bürgerinitiative von Ingrid van Bergen.

Mienenbüttel. Protest gegen unnötigen und ethisch nicht tragbaren Qualen von Tieren regte sich kürzlich erneut im Neu Wulmstorfer Gewerbegebiet Mienenbüttel. Die Mitglieder von "Lobby pro Tier" luden während der vom Verein "Ärzte gegen Tierversuche" initiierten europaweiten Aktionswoche zu einem Vor-Ort-Termin ein, um auf die grausamen Tierversuche hinter Nato-Stacheldrahtzaun in der Oldendorfer Straße 41 aufmerksam zu machen. Prominente Unterstützung erhielt die Bürgerinitiative von Ingrid van Bergen. Die Schauspielerin und engagierte Tierschützerin setzte mit ihrer Teilnahme ein persönliches Zeichen für den Tierschutz.

Eigentlich sollte es nur eine gesellige und friedliche Zusammenkunft von Gleichgesinnten sein, die sich für die Abschaffung von Botox-Tierversuchen in Mienenbüttel und Neugraben stark machen. An diesen Standorten testet das "Laboratory of Pharmacology and Toxicology" (LPT) nämlich seit Jahren für die Frankfurter Firma Merz die Botulinumtoxin-Produkte Yeomin und Bocouture an Mäusen, Affen und Hunden. "Doch das LPT hat vorsichtshalber die Polizei informiert und jetzt ist das hier heute offiziell eine Demonstration", sagte Sabine Brauer. Die Sprecherin und Gründerin der Bürgerinitiative gegen Tierversuche marschierte dann auch schnurstracks mit zahlreichen Männern und Frauen zur Hofeinfahrt des Labors. Auf den Bannern, die die Teilnehmer trugen, waren Sätze wie "Quäle nie ein Tier zum Scherz - und erst Recht nicht für Kommerz", "Würden Sie Ihren Hund im Versuch opfern?" oder "Es gibt kein Recht mit fühlenden Wesen gefühllos umzugehen". Aussagen, die auch Schauspielerin Ingrid van Bergen unterstützt. Sie spricht sich seit Jahren gegen Tierversuche und für Tierschutz aus. "Ich mache keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren. Alle Lebewesen haben das gleiche, unanfechtbare Recht auf ein Leben ohne Qualen", sagt sie. "Der Satz: Das ist doch nur ein Tier bringt mich regelmäßig in Rage."

Botulinumtoxin - besser bekannt als Botox - ist ein Nervengift, das zum Beispiel gegen Lidzuckungen, zum großen Teil aber für kosmetische Zwecke wie die Glättung von Gesichtsfalten eingesetzt wird. Jede Produktionseinheit wird in Tierversuchen getestet. In Neugraben wird die Substanz Gruppen von Mäusen in verschiedenen Verdünnungen in die Bauchhöhle gespritzt. Wenn die Hälfte der Mäuse durch Atemlähmung erstickt, stimmt die Dosis. Experten schätzen, dass jährlich 34.000 Mäuse diese grausame Prozedur über sich ergehen lassen müssen. Offizielle Zahlen werden geheim gehalten. "Die Botox-Versuche finden in Neugraben statt. In Mienenbüttel ist das Vorgehen ähnlich. Nur, dass dort vermutlich Chemikalien auf ihre Giftigkeit an Hunden und Affen getestet werden", sagt Corina Gericke, Vizevorsitzende des bundesweiten Vereins "Ärzte gegen Tierversuche". Aus Sicht der Vereinigung sind die Tests nicht nur grausam, sondern eine banale Schätzmethode, die mit guter Wissenschaft nichts zu tun habe.

Vor zwei Jahren hat die amerikanische Firma Allergan eine behördliche Zulassung für einen selbst entwickelten Zelltest erhalten. "Allergan hat gezeigt, dass es ohne Tierversuche geht. Aber die Frankfurter Firma Merz und der britische Hersteller Ipsen testen ihre Produkte nach wie vor in dem extrem qualvollen Mäusetest", kritisiert Gericke. "Zwar müsste der tierversuchsfreie Test für die Produkte von Merz und Ipsen erst noch angepasst werden, aber zwei Jahre sind vergangen, ohne dass sich etwas getan hat."

Für Tierärztin Gericke stellt die weitere Durchführung dieser Tests einen klaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar, das Tierversuche nur erlaubt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Doch die Behörden mauern - trotz 60000 Unterschriften gegen die Versuche - und lassen Merz seine Präparate Xeomin und Bocouture weiterhin beim berüchtigten Hamburger Auftragslabor LPT an Tausenden Mäusen testen. Obwohl Botox-Produkte großteils zu kosmetischen Zwecken verwendet werden, greift außerdem das Verbot von Kosmetik-Tierversuchen nicht, weil die Produkte zu medizinischen Zwecken zugelassen sind.

Warum die Hersteller trotz einer zugelassenen Alternative auf Tierversuche setzen, sei unklar. Gespräche mit Kritikern hätten die Laborverantwortlichen bislang abgelehnt. "Man kriegt keinerlei Informationen. Allergan behauptet aber, die Hersteller hätten bislang noch nicht wegen einer Lizenz angefragt", sagt Gericke. Wirtschaftliche Gründe schließt sie aus. "Wenn ein Zelltest erst einmal etabliert ist, ist er langfristig günstiger als die Tierversuche." Geld spiele aber dennoch eine Rolle, vermutet sie. "Ich glaube, da geht es um Konkurrenz. Die wollen einfach nicht zusammenarbeiten."

Ute Weinold, Sprecherin des Merz-Pharmakonzerns, bestätigt, dass das Unternehmen selbst mit Hochdruck an einer tragfähigen Lösung arbeitet. "Die Tierversuche zu ersetzen, ist uns ein ernsthaftes Anliegen. Uns ist ein auf Zelllinien basierendes Grundkonzept geglückt, sodass wir wohl in zwei Jahren eine Alternative nutzen können."