Studenten der TUHH besetzen leerstehendes Gesundheitsamt und dürfen das Gebäude künftig für Lernzwecke nutzen. TUHH hatte wegen des Raummangels auch bereits Räume am Schellerdamm gemietet.

Harburg. Die auf 6400 Studierende angewachsene Technische Universität Hamburg Harburg, TUHH, leidet nach wie vor an Raummangel - für die Lehre wie für die Forschung. Und direkt an den Campus angrenzend steht seit fast acht Monaten ein städtisches Gebäude leer: Das ehemalige Gesundheitsamt am Irrgarten 3-11. Es sollte längst für die TUHH-Nutzung hergerichtet werden. Aber nichts passierte. Gestern Vormittag, bei Sonnenschein und 30 Grad im Schatten, platzte etwa 40 Studenten gewissermaßen der Kragen. Sie quartierten sich kurz entschlossen in den unteren Räumen des zweigeschossigen roten Backsteingebäudes ein, das aus den 1950er Jahren stammt und unter Denkmalschutz steht.

Wenig später standen wegen der von den Studenten ausgerufenen "Spontanen Schaffung von Lernräumen" nicht nur Polizisten vor der Tür, sondern auch der oberste Hausverwalter, der Vorstand der Hamburger Sprinkenhof AG, Henning Tants, und auch TUHH-Kanzler Klaus-Joachim Scheunert. Verhandlungen zur Klärung der Situation wurden aufgenommen.

Für den Sprinkenhof-Vorstand, den TUHH-Kanzler und letztlich die am Einsatz beteiligten Polizisten stand nach kurzer Zeit fest, dass es sich um keine Hausbesetzung handelt sondern um eine Versammlung von Studenten. "Wir sind an einer friedlichen Lösung interessiert", hatte Henning Tants zu Beginn der Verhandlungen erklärt. Sönke Bünting, Vorsitzender des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (AStA) an er TUHH, zeigte sich überrascht: "Der AStA ist in die ganze Aktion überhaupt nicht eingebunden. Das gesamte Geschehen hier geht von den Studierenden aus, die bislang ständig in überfüllten Räumen arbeiten mussten."

Um 15.30 Uhr konnte dann nach weiteren Verhandlungen mit dem Hauseigentümer, dem Immobilienmanagement der Hamburger Finanzbehörde und Staatsrat Jens Lattmann, grünes Licht gegeben werden: Lattmann hatte ab sofort der künftigen Gebäudenutzung durch Studenten für Lernzwecke zugestimmt, täglich von 7 bis 22 Uhr. Bei den Verhandlungen ging es im Wesentlichen um Haftungsfragen. Für das leer stehende Gesundheitsamt bestanden keine Versicherungsverträge mehr. Aber mit ihrem beharrlichen Drängen auf eine Entscheidung konnten die Studenten das rasche Ergebnis bewirken. TUHH-Sprecher Rüdiger Bendlin: "Jetzt sind alle froh, dass doch so zügig eine Entscheidung herbei geführt werden konnte." Schon am Donnerstag soll ein Zwischennutzungsvertrag unterzeichnet werden. Zuvor sind Gespräche mit TUHH-Präsident Garabed Antranikian, dem TUHH-Kanzler und den Studierenden vereinbart.

"Unsere Kernforderung nach Raum zum Lernen ist erfüllt", hieß es gestern Abend in einer Erklärung der Studenten. Allerdings werde auch das weitere Ziel verfolgt, in dem Gebäude ein selbst verwaltetes studentisches Zentrum einrichten zu wollen. Die Zwischennutzung des Gebäudes für Lernzwecke wird voraussichtlich zum Jahreswechsel enden. Das alte Gesundheitsamt muss renoviert werden. Unter anderem ist der Einbau neuer Fenster notwendig. Danach geht das Gebäude in die offizielle Nutzung der Technischen Universität über.

Seit einer Woche sind Semesterferien. Die sogenannte vorlesungsfreie Zeit dauert noch bis Mitte Oktober. Ohne Vorlesungen können Studenten derzeit aber keine ruhige Kugel schieben sondern müssen sich intensiv auf ihre in den kommenden Wochen bevorstehenden Prüfungen vorbereiten. Dazu sitzen viele in Arbeitsgruppen zusammen, um sich den Stoff für die Klausuren zu erarbeiten. In einer Erklärung der Studierenden heißt es: "Neben der enormen Lernbelastung ist der Stress durch überfüllte Räume und Schlangen vor der Bibliothek kaum mehr zu tolerieren."

Die TUHH hatte wegen des Raummangels auch bereits Räume am Schellerdamm im Harburger Binnenhafengebiet gemietet: 520 Quadratmeter für 80.000 Euro. TUHH-Kanzler Klaus-Joachim Scheunert: "Der Weg vom Campus zum Schellerdamm ist zu weit. Die Räume wurden zu wenig genutzt. Dafür waren sie zu teuer. Deshalb wurden sie aufgegeben." Mit der Raumnutzung im alten Gesundheitsamt steht nun eine positive Entwicklung bevor. In der Erklärung der Studenten heißt es: "Wir haben innerhalb eines Tages den Dialog angestoßen. Wir werden jetzt weiter verhandeln, um die beste Nutzung zu erreichen." Das Gebäude zählt 2300 Quadratmeter Nutzfläche plus 800 Quadratmeter Nutzfläche im Keller. Kanzler Scheunert sieht großen Raumbedarf auch bei Forschern.